Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
Frau mit einem Schmunzeln hin, zuckte mit den Achseln und sagte mit übertriebener Resignation in der Stimme: »Sie hören, wer in diesem Haus die goldene Gans ist und wer das Kommando führt. Na, dann werde ich mal den Schnaps holen.«
»Vom Zerschneiden einer Melone allein bekommt man keinen kühlen Mund, heißt es in meiner Heimat – also langen wir zu!«, forderte Sadik Jana und Tobias auf und ging selbst mit gutem Beispiel voran.
So hungrig Tobias auch war, so sehr brannte er doch darauf, nun endlich zu erfahren, was Jakob aus Mainz zu berichten hatte. »Erst will ich wissen, wie es Onkel Heinrich geht und was es Neues vom Falkenhof gibt«, sagte er.
Jakob machte eine kummervolle Miene. »Nun ja«, begann er zögerlich, »es gibt gute und weniger gute Nachrichten.«
»Solange es keine ausnehmend schlechten gibt, wollen wir uns nicht beklagen«, meinte Sadik nüchtern und säbelte sich ein dickes Stück Käse ab. »Ich schlage vor, du fängst mit den weniger guten an.«
Jacques trat mit einem Steinkrug und zwei kleinen Zinnbechern an den Tisch. »Nehmen Sie erst einen kräftigen Schluck, Jakob Weinroth. Sie sehen noch immer so weiß aus wie das beste Leinen in unserem Hochzeitszimmer. Ist erstklassiger Wacholderschnaps und selbst gebrannt. Da ist nichts drin, was Ihnen die Gedärme zerfrisst, mein Wort drauf!«, sagte er mit ansteckender Munterkeit, denn zum ersten Mal zeigte sich wieder ein Lächeln auf dem Gesicht des Knechtes. »Ein Jacques-Brannt lockert die Zunge und bringt frische Farbe ins Gesicht. Zum Wohl!« Er nahm seinen Zinnbecher in die Lücke zwischen Zeige- und Ringfinger und kippte sich den Schnaps mit einer sichtlich routinierten Drehung des Handgelenkes in den Rachen.
Auch Jakob leerte seinen Becher auf einen Zug, und während Jacques ihn sogleich wieder füllte, kam er nun Sadiks Aufforderung nach.
»Die Nacht, als der junge Herr und Sie mit dem Ballon davonflogen … also das war die schlimmste meines Lebens. Eine ganze Abteilung Soldaten ritt vor Falkenhof auf. Die ganzen Fenster auf der Westseite haben sie zerschossen! Aus purer Zerstörungswut, denn der Herr Professor stand schon am Tor um sie hereinzulassen. Vorhänge, Bilder und einige von den Kostbarkeiten, die der Professor aus aller Welt zusammengetragen hatte, sind dabei beschädigt worden. Eine volle Salve haben sie auf die Fenster im Westtrakt abgegeben!« Seine Stimme zitterte vor Empörung und er griff wieder zum Schnaps, nahm diesmal jedoch nur einen kleinen Schluck. »Und dann sind sie hereingeströmt: die Soldaten, dieser Lump von Zeppenfeld mit seinen Halsabschneidern und der Bluthund Pizalla! Der Herr Professor hat ihnen gleich gesagt, dass sie weder den Falkenstock noch republikanische Schriften finden würden, auf die Pizalla so versessen war. Doch das hat sie nicht davon abgehalten, Falkenhof geschlagene zwei Tage lang auf den Kopf zu stellen! Pizalla Männer haben sich aufgeführt wie die …« Er suchte nach einem passenden Wort.
»Vandalen?«, half Tobias ihm aus.
»Richtig, wie die Vandalen! Ich will gar nicht aufzählen, was sie alles kurz und klein geschlagen haben. Auf jeden Fall sah es in den Studierräumen und Experimentierstätten hinterher so aus, als wäre eine Horde – Vandalen säbelschwingend hindurchgeritten.«
»Hat Onkel Heinrich das alles miterlebt?«, fragte Tobias betroffen.
»Nein, und dem Herrgott sei Dank dafür! Es hätte ihm wohl das Herz gebrochen, wenn er das mitangesehen hätte«, sagte Jakob bedrückt. »Den Herrn Professor haben sie noch in der Nacht nach Mainz gebracht.«
»Ist seine Schulter gut verheilt?«, wollte Sadik wissen.
Der Knecht nickte. »Ja, das ist eine der guten Nachrichten. Er ist von einem schweren Wundfieber verschont geblieben, wohl dank Ihrer medizinischen Künste. Die Schussverletzung hat der Herr Professor gut überstanden.«
»Wird er um einen Prozess herumkommen und bald wieder freigelassen?«, fragte Tobias.
Jakob machte eine vage Handbewegung. »Ja und nein. Seine Freunde, zu denen wohl auch einige sehr hochgestellte Persönlichkeiten zählen, haben sich für ihn verwendet, wie mir Pagenstecher berichtete. Er und seine Freunde vom Geheimbund werden wohl nicht der Volksaufhetzung und des versuchten Umsturzes angeklagt werden, wie Pizalla es sich gewünscht hat. Doch die Strafe, die sie erwartet, wird sie dennoch für gut zwei Jahre hinter Kerkermauern bringen.«
Tobias ließ das Messer sinken. »Zwei Jahre Kerker!«, stöhnte er auf. Er versuchte
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