Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
aber im Durchgang zwischen den Sträuchern noch einmal stehen und wandte sich zu ihnen um.
»Ach, das hätte ich fast zu erwähnen vergessen, Kameraden. Wir marschieren nach Steinbach und ihr nehmt die andere Richtung, kapiert?« Das Messer wippte auf seinen Fingerspitzen auf und ab. »Wir sind da nämlich ein bisschen eigen, wenn jemand in unserem Revier wildert. War diesmal eine freundliche Begegnung. Solltet ihr uns aber auf dem Weg nach Steinbach über den Weg laufen, müsste ich meinem treuen Freund hier«, er schleuderte das Messer hoch in die Luft und fing es hinter seinem Rücken geschickt auf, »etwas anderes als Brathuhnfleisch zu schmecken geben. Haben wir uns verstanden?«
Die drei Landstreicher nickten mit bleichen Gesichtern, als wären sie Marionetten.
»Ausgezeichnet. Dann fröhliche Wanderschaft!«
Sie liefen rasch zur Straße zurück, holten die Truhe aus dem Versteck und machten sich auf den Weg. Steinbach konnte nur in der
Richtung liegen, in der sie schon unterwegs gewesen waren.
Tobias lachte. »Das hast du toll gemacht, Sadik! Wie du ihnen all die Informationen aus der Nase geholt hast! Ich wusste erst gar nicht, was das sollte! Und ihre bedepperten Gesichter! Ich hätte mich kranklachen können. Erst tust du so, als wolltest du ihnen die Kehlen durchschneiden, und dann verschenkst du bei so einem scheinbar schwachsinnigen Spiel Geld! Fünfzehn Kreuzer für drei dumme Antworten. Ich glaube, das werden sie nie begreifen.«
Sadik stimmte in sein Lachen ein. »Ich gebe zu, dass ich selber meinen Spaß daran hatte.«
»Aber wieso hast du ausgerechnet dem Dürren das Geld gegeben?«, wollte Tobias wissen. »So genau weiß von denen doch keiner, wie weit es bis nach Steinbach ist – und du natürlich auch nicht.«
»Er lag mit seiner Angabe genau in der Mitte. Ich wollte bescheiden sein und bete zu Allah, dass nicht der andere Recht hat, der von sechzehn Kilometern gesprochen hat«, erklärte Sadik. »Mit dieser Truhe sind auch schon vierzehn Kilometer ein reichlich langer Weg!«
Auch Tobias wurde wieder ernst. »Königreich Bayern! So weit ab von unserer geplanten Route!«, grollte er. »Hätte es nicht Mannheim oder Heidelberg sein können?«
»Aiwa, aber es hätte auch Marienborn sein können.« Das war eine Ortschaft, die in der Nähe vom Falkenhof lag. »Also hadern wir nicht mit dem Schicksal. Sehen wir zu, dass wir nach Steinbach kommen. Es scheint mir heute ein heißer Tag zu werden.«
Tobias seufzte. »Nach dem Regen gestern soll das wohl der Ausgleich sein!«, spottete er, denn die Straße lag im vollen heißen Sonnenschein.
Vierzehn Kilometer! Das hieß noch viel Staub schlucken und noch mehr Schweiß vergießen. Hätte der Falke denn nicht in irgendeinem Wäldchen vor den Toren von Worms landen können?
»Allah küsst nur die Fleißigen, mein Junge. Und Ausdauer ist der Schlüssel zur Freude«, sagte Sadik, als hätte er seine Gedanken erraten.
»Dieses eine Schloss kann mir getrost verschlossen bleiben«, murrte Tobias, tröstete sich aber mit dem Gedanken, dass sie von Steinbach aus ihre Reise auf dem Rücken von Pferden fortsetzen würden.
Das nahm er als gegeben hin. Und es war gut, dass er nicht ahnte,
dass es mit diesem Fußmarsch bis nach Steinbach allein nicht getan sein würde.
Leben auf des Löffels Spitze
Die Trompete von Jericho trafen sie vier Tage später. Sie waren noch immer zu Fuß unterwegs. Mittlerweile hatten sie sich an das stundenlange Marschieren und die Blasen an den Füßen gewöhnt, doch mit diesem Zustand angefreundet hatten sie sich dagegen keinesfalls. Auch Sadik nicht. Für einen Beduinen kam es einer Demütigung gleich, tagelang den Sand der Straße zu treten.
Steinbach, aber nicht nur dieses Dorf, erwies sich als bittere Enttäuschung. Als man ihnen Prügel androhte, wenn sie das Dorf nicht auf der Stelle verließen, erinnerte sich Tobias an Janas Worte. Sie hatte ihm vor ihrem Aufbruch von Falkenhof erzählt, mit welchem Misstrauen und welch aggressiver Abneigung Landfahrer vielerorts behandelt wurden. Sie spürten es nun am eigenen Leib.
In Steinbach war ein paar Nächte zuvor eingebrochen worden. Die Einbrecher hatten unter anderem auch eine Muskete gestohlen. Jetzt waren Fremde, die zu Fuß gingen und sogar noch den ganzen Kopf bandagiert hatten, alles andere als willkommen. Es war Abend und die jungen Burschen vor dem Wirtshaus, die sie mit Streitlust in den Augen musterten, ließen es geraten erscheinen, erst gar nicht
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