Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
kostbare Toledoklinge mit einer langen, ruhmreichen Vergangenheit.
»Zum Teufel, ich glaube, ich fühle mich auch eingeladen!«, stieß er leise hervor.
»Dann hat ja alles seine Richtigkeit! Aber vergiss nicht: Du hältst nur die Augen offen und greifst erst ein, wenn es wirklich notwendig ist!«
Tobias machte nur eine ungeduldige Kopfbewegung.
Sadik richtete sich auf und trat hinter dem dichten Gestrüpp hervor. Bis zur Feuerstelle der drei Männer waren es keine zehn Schritte. Sie hatten den Ort für ihre Mahlzeit, die wohl zu Lasten eines Bauern in der Umgebung ging, sehr umsichtig gewählt. Man konnte den Platz von keiner Seite einsehen. Dichtes Buschwerk und mannshohe Bäume umschlossen die kleine Grasfläche von drei Seiten. Zwanzig, dreißig Meter hinter den Männern ging die Wiese in den Hang eines Hügels über, der von halber Höhe an von einem verfilzten, undurchdringbaren Dickicht bedeckt war.
»Einen schönen Tag, Kameraden!«, grüßte Sadik die Männer, die erschrocken zusammenfuhren. Der Mann mit der Hasenscharte fasste blitzschnell in den Sack, der vor ihm lag. Dann aber erstarrte er mitten in der Bewegung.
Sadiks Messer sirrte durch die Luft und bohrte sich bis zum Heft in die Brust eines Huhns.
»Hände weg von der Muskete!«, rief Sadik scharf. »Oder willst auch du heute den Weg allen Fleisches gehen? Die Hühner hat es ja schon erwischt. Aber in dir steckt noch eine Menge Leben. Setz es besser nicht aufs Spiel! Die Klinge, die in dem armen Huhn steckt, hat nämlich noch einen Zwilling und der ist genauso schnell!« Wie hingezaubert hielt er das zweite Messer zum Wurf bereit in der erhobenen Hand.
»Was wollt ihr?«, schnarrte Hasenscharte feindselig, doch blass vor Schreck.
»Nicht so schroff, Kamerad«, sagte Sadik. »Für diese Tonart ist der Tag viel zu sonnig. Rück ein wenig weg vom Feuer. Dir scheint die Hitze nicht zu bekommen. Das gilt auch für euch beide. Drei Schritte zurück! Drei Schritte! Habt ihr es mit den Ohren?«
Hasenscharte und die beiden anderen zögerten. Sie warfen einen Blick zu Tobias hinüber, der inzwischen blankgezogen hatte. Er glaubte nicht, dass er auch nur halb so furchteinflößend wirkte wie Sadik, an dessen Treffsicherheit nach seiner Kostprobe kein Zweifel bestand. Doch wenn sie es darauf anlegten, würde er sie schon eines Besseren belehren.
Zum Glück kam es nicht dazu. Denn schließlich folgten sie Sadiks Aufforderung und räumten ihren Platz am Feuer.
»Ja, so gefallt ihr mir schon besser«, lobte Sadik. »Und nun macht es euch wieder im Gras bequem. Im Sitzen plaudert es sich viel angenehmer. Nur immer schön die Hände weg von euren Obstmessern. Damit könnt ihr euch bestenfalls den Dreck unter den Fingernägeln wegkratzen, und auf so feine Tischmanieren legen wir nicht viel Wert. Also ganz ruhig bleiben. Es könnte sonst passieren, dass mein Freund nervös wird. Und dann verpasst er euch ein paar schnittige Gesichtszüge, dass ihr Hasenscharte hinterher zum Schönsten im Lande kürt! Keine Sorge, ich kümmere mich schon um die Hühner.
Es wäre doch eine Schande, wenn sie anbrennen würden.«
»Das sind unsere Hühner!« Es war nur noch ein schwacher Protest, den Hasenscharte da von sich gab. Er wollte vor seinen Kameraden wohl nur sein Gesicht wahren.
»Wir teilen schon gerecht mit euch«, erwiderte Sadik großzügig und drehte den Spieß mit der Linken ohne sie aus den Augen zu lassen. »Ihr habt sie dem Bauern gestohlen, der eine halbe Stunde Fußmarsch weiter oberhalb seinen Hof hat, nicht wahr? Braucht es gar nicht erst abzustreiten. Die Federn sprechen für sich. Na, der Hitzkopf von einem Bauern hat es nicht besser verdient.«
»Nichts haben wir geklaut!«, begehrte Hasenscharte ohne großen Nachdruck auf.
Sadik blickte zu Tobias. »Sie haben sie geklaut, aber wir wollen nicht so sein, einverstanden? Wir kaufen ihnen ein Huhn ab.« Er verzog sein Gesicht.
»Wenn es um kleinere Gaunereien geht, sind wir nie mit von der Partie. Im Kleinen seriös und ein Ehrenmann! Das ist unser Prinzip. Denn nur wenn es um eine Börse mit Gewicht geht, lohnt sich der Schnitt!« Und er fuhr mit dem Messer einem imaginären Opfer über die Kehle.
Tobias kramte ein paar Münzen aus seinem ledernen Geldbeutel und warf sie den nun völlig verstörten Männern vor die Füße. »Ist so, wie mein Kamerad sagt. Für Kleinigkeiten bezahlen wir«, gab auch er sich abgebrüht. »Was sich lohnt, lassen wir uns dagegen gerne schenken – wenn es manchmal
Weitere Kostenlose Bücher