Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
dass sich der vierte Mann augenblicklich woanders herumtrieb. Es würde schon so schwierig genug sein, mit diesem Trio fertig zu werden und es abzuschütteln.
Magdalena geriet in sein Blickfeld. Kein Zweifel, Zeppenfelds Blick galt ihr. Sie hatte einen Krug Bier in der linken Hand und einen Lappen in der rechten. Das Bier stellte sie auf den Nachbartisch ab, nahm das leere Glas auf, das vor Zeppenfeld stand, und wischte über die Platte.
»Wäre doch eine Schande, wenn Sie sich Ihren schönen Rock beschmutzen würden, mein Herr«, sagte sie dabei und beugte sich weit hinunter. »Und wo es Ihnen doch gefallen soll bei uns.«
Zeppenfeld starrte unverschämt lange in ihren Ausschnitt. »Alles prächtig. Gefällt mir alles sehr, was ich sehe … äh, alles sehr blitzeblank und frisch in diesem Haus. Bedienung eingeschlossen.«
»Oh, danke, der Herr«, sagte Magdalena verlegen, lächelte ihn jedoch an und strich eine blonde Strähne aus dem Gesicht.
»Wir haben ja selten so feinen Besuch in unserem Haus und da möchte ich, dass auch alles zu Ihrer Zufriedenheit ist, wo der Herr doch sicherlich was viel Besseres gewohnt ist.«
»Weiß das Besondere wohl zu schätzen, auch wenn es mir auf dem Land unter die Augen tritt.«
Magdalena deutete mit einem errötenden Lächeln an, dass sie die Zweideutigkeit seiner Antwort sehr wohl verstanden hatte. Dabei entglitt ihr das Putztuch. »Oh!«, sagte sie und bückte sich danach.
Tobias hätte am liebsten laut gelacht, als er sah, wie Zeppenfeld sich ebenfalls vorbeugte und so tat, als wollte auch er das Tuch aufheben. Doch fasste er nach ihrer Hand.
»Entschuldigung. Wie ungeschickt von mir.« Magdalena richtete sich auf, lächelte verwirrt und fragte dann: »Möchten – möchten Sie vielleicht jetzt Ihr Zimmer sehen, mein Herr? Ich habe alles für Sie gerichtet.«
»Brenne darauf, Werteste. Wäre mir großes Vergnügen.«
Tobias sah noch, wie sie ihre Röcke weiter anhob, als es von der Treppe her erforderlich gewesen wäre, und so nahe an Zeppenfeld vorbeiging, dass sie ihn mit der Hüfte streifte.
Dann zog er den Kopf ein, sprang lautlos federnd auf und verschwand in der Kammer. Er gab Sadik im Nebenzimmer ein leises Klopfzeichen, griff zum Florett und presste das Ohr an die Tür. Bis jetzt klappte alles wie geplant. Magdalena hatte ihre Sache ausgezeichnet gemacht. Es durfte gleich nur keinen Lärm geben, der Stenz und Tillmann alarmierte. Dann stand er, Tobias, in vorderster Linie. Und gegen zwei Musketen war mit einem Florett nicht viel auszurichten, auch wenn man noch so gut damit umzugehen wusste. Eine Kugel war tausendmal schneller als die meisterlichste Parade.
Tobias schloss die Augen und schickte ein stummes Stoßgebet gen Himmel, dass nichts Unvorhergesehenes passierte und Zeppenfeld die Falle nicht zu früh erkannte.
Jetzt gingen sie den Flur entlang.
»… natürlich nur das beste Zimmer ausgesucht, das wir Gästen anzubieten haben«, hörte er Magdalenas Stimme. »Es hat ein wunderschön weiches Bett.«
»Werde mich erkenntlich zeigen, schöne Frau. Stets meine Devise. Entgegenkommen stets großzügig entlohnen. Kein Mann von kleinlichem Wesen.«
Das war ein eindeutiges Angebot!
»Da sind wir«, sagte Magdalena mit belegter Stimme. »Wenn Sie erlauben, gehe ich vor. Das Bett ist frisch bezogen und das Beste, was die Goldene Ähre ihren Gästen zu bieten hat.«
»Nur das Zweitbeste. Das Beste …«
Jetzt muss es passieren! schoss es Tobias durch den Kopf, er zog die Tür auf und trat auf den Gang.
Im selben Augenblick glitt Sadik im Nebenzimmer hinter der Tür hervor und setzte Zeppenfeld, der in ungläubigem Entsetzen die Augen aufriss, das Messer an die Kehle.
»Ganz richtig, das Beste ist die Stunde der Rache, nicht wahr? ›Die Übeltäter aber sollen auf ewig der Höllenstrafe verfallen sein!‹ 43. Sure, Vers 75.«
Zeppenfeld öffnete den Mund.
»Ein Laut und ich schneid’ Ihnen die Kehle von Ohr zu Ohr auf!«, warnte Sadik.
Tobias tauchte hinter Zeppenfeld auf und tippte ihm mit der Florettklinge auf die Schulter.
»Tut uns wirklich leid, dass aus dem geplanten Schäferstündchen nun nichts wird, Zeppenfeld.« Er schloss rasch die Tür hinter sich. »Glaube auch nicht, dass ein Schleimer wie Sie ihren Geschmack trifft.«
Die Demütigung jagte ein wildes Funkeln in Zeppenfelds Augen. »Bauerndirne! Ahnte es doch! Passt zu euch!«, stieß er in ohnmächtiger Wut hervor.
Magdalena war zitternd auf das Bett gesunken. Nun aber sprang sie
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