Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
hinterlassen.
»Zeppenfeld!«, stieß Tobias hervor, und im letzten Moment fiel ihm noch ein, dass er die Tür nicht zuschlagen durfte, wenn angeblich kein Gast im Haus war.
»La!«
»Nicht nein, sondern ja! Zeppenfeld, Stenz und Tillmann! Sie sind gerade angekommen!«
Sadik war mit einem Satz aus dem Bottich, dass das Seifenwasser in alle Richtungen davonspritzte. Splitternackt stürzte er zum Fenster. Fassungslos starrte er auf die drei Pferde hinunter. Er sah noch, wie Stenz die Zügel seines Pferdes festband und dann aus seinem Blickfeld verschwand. Er war wohl Zeppenfeld und Tillmann in den Schankraum gefolgt.
»Knochenfäulnis und Beulenpest über diese Schlangenbrut!«, fluchte er. »Wie haben sie so schnell unsere Spur aufnehmen können?«
»Das ist doch im Augenblick völlig nebensächlich! Wir sitzen hier in der Falle!«, flüsterte Tobias heiser. »Wir müssen uns etwas einfallen lassen und zwar rasch!«
Sadiks Gesicht wurde hart. »Dann werden wir eben hier mit ihnen abrechnen«, raunte er, fuhr hastig in seine Hosen und griff zu seinen Messern. »Bringen wir die Angelegenheit ein für allemal hinter uns.«
Tobias schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Ich habe gesehen, dass sie Musketen haben. Du kannst sie nicht alle mit deinen Messern erwischen. Himmel, das gäbe ein schreckliches Blutbad!«
Sadik zuckte kühl mit den Schultern. »Lassen sie uns denn eine andere Wahl? Wer mit dem Schmied umgeht, auf den fliegen Funken. Und schon Scheich Abdul Kalim sagte: ›Wer sich in den Ring der Dolchtänzer wagt, bezahlt Fehler mit seinem eigenen Blut.‹«
»Mir egal, was dein Scheich dazu sagt und was bei euch in der Wüste als richtig gilt. Ich will kein Blutbad. Und wer weiß, wo dieser dritte Mann steckt, den Zeppenfeld noch angeheuert hat?«
»Vielleicht ist der Kerl gar nicht mit ihm geritten, sondern in Mainz geblieben.«
»Weißt du mit Sicherheit, dass sie nur zu dritt sind?«
»La, nein, es ist nur eine Vermutung«, räumte er ein.
»Die falsch sein kann. Nein, zu einem offenen Kampf darf es nicht kommen«, sagte Tobias bestimmt. »Wir müssen uns vielmehr etwas einfallen lassen, wie wir sie überrumpeln können. Noch haben sie keine Ahnung, dass wir hier sind. Denn wenn sie von unserer Anwesenheit gewusst hätten, wären sie bestimmt nicht so sorglos herangeritten. Es muss sich um einen idiotischen Zufall handeln.«
»Zufälle und Vermutungen, daraus besteht das Leben«, knurrte Sadik. »Nimm dennoch besser das Florett zur Hand. Sie werden nach uns fragen. Wenn ihnen das Mädchen erzählt, dass noch zwei Fremde im Haus sind, werden sie unter irgendeinem Vorwand nachsehen, wer das ist. Und dann werden wir kämpfen müssen, ob du es willst oder nicht, mein Junge. Allah möge alle Gastwirte auf ewig in der Hölle schmoren lassen, die Flure ohne Fenster bauen!«
»Magdalena wird uns nicht verraten«, versicherte Tobias und hoffte, dass er sich nicht in ihr täuschte. Aber er hatte die Hoffnung in ihren Augen gelesen, als er ihr die beiden Goldstücke in die Hand gedrückt hatte. »Sie wird uns helfen, weil sie mit Ludwig nach Amerika will!«
»Du redest so wirr, als hätte dich ein Kamel …«
Es klopfte. Sadik hatte augenblicklich sein Messer in der Hand und Tobias zog das Florett blank.
»Ich bin’s, Magdalena«, erklang es leise von jenseits der Tür.
Tobias’ Gesicht entspannte sich, er ging rasch zur Tür und schob den Riegel zurück. Magdalena huschte zu ihnen ins Zimmer. Verdutzt starrte sie Sadik an. Es war wohl das erste Mal, dass sie einen dunkelhäutigen Menschen sah.
»Er ist es! Ein Mohr!«
»Er ist kein Mohr! Ein Mohr ist ganz schwarz. Sadik ist ein Beduine, ein Araber«, flüsterte Tobias. »Sie haben also nach uns gefragt, ja?«
Magdalena nickte ohne den Blick von Sadik zu nehmen.
»Und? Was hast du gesagt?«, fragte Tobias drängend und packte sie am Arm.
Sie wandte sich ihm zu. »Stimmt das wirklich, was du mir gesagt hast?«
»Was hat er dir denn gesagt?«, mischte sich Sadik ein und schob sich vorsorglich zwischen sie und die Tür. Sollte sich herausstellen, dass sie nicht auf ihrer Seite stand, würden sie gezwungen sein, sie festzuhalten und dafür zu sorgen, dass sie ihnen nicht schaden konnte.
»Dass die Männer da unten schlecht sind und lügen und viel Leid über seine Familie gebracht haben …«
Sadik lächelte grimmig. »Dann hat er dir nur von ihren guten Charakterzügen erzählt! Die Männer da unten sind zu jedem Verbrechen und zu jeder Schandtat
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