Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
nicht mehr gesehen. Du brauchst nur ein wenig zu lächeln und schon kannst du ihn um den kleinen Finger wickeln. Ich würde auch darauf reinfallen.«
Ihr Gesicht entspannte sich und sie lächelte ein wenig. »Das sagst du nur so, um mir Mut zu machen.«
»Nein, du bist hübsch und ganz das, was einem Mann gefällt«, sagte er, weil es die Wahrheit war.
»Tobias!«, zischte Sadik hinter ihm.
»Geh jetzt!«, sagte Tobias. »Du wirst sehen, es ist ein Kinderspiel. Und denk an die Goldstücke!«
Sie seufzte schwer, holte tief Atem und ging zur Treppe. Doch kurz davor blieb sie stehen. Sie blickte zu Boden. Dann hob sie den Kopf und ihr Körper straffte sich. Tobias sah, wie sie die Schürze losband, ihr Kleid glattstrich und an ihrem Ausschnitt zupfte. Den Kopf ein wenig keck in den Nacken gelegt schritt sie die Stufen in den Schankraum hinunter.
Tobias huschte wieder zu Sadik zurück.
»Fass mit an! Der Bottich muss weg. Wir stellen ihn nebenan ins Waschkabinett!«
Eilig, doch jedes Geräusch vermeidend, räumten sie alles weg, was auf den ersten Blick verräterisch wirken konnte. Sie richteten das Bett, dass auch Magdalena nichts daran hätte aussetzen können. Decken, Satteltasche und Proviantsack trugen sie in die kleine Kammer nebenan.
»Ich nehme Zeppenfeld hier in Empfang!«, bestimmte Sadik. »Du greifst nur im Notfall ein, falls etwas schief gehen sollte. Dann schneidest du ihm den Fluchtweg zurück zur Treppe ab.«
»Und was ist mit Stenz und Tillmann?«
Sadik grinste kalt. »Sie werden dem Ruf ihres Herrn folgen, wenn es soweit ist. Und jetzt geh auf Posten.« Er zog sein Elfenbeinmesser.
Tobias blieb in der Tür stehen und sah ihn eindringlich, ja fast drohend an. »Du weißt, was wir Magdalena versprochen haben, Sadik! Kein Blutvergießen.«
»Ich werde darum beten, dass Allah mir zur gegebenen Zeit den nötigen Großmut schenkt, mit dieser Hyäne nicht kurzen Prozess zu machen!«, knurrte er. »Und nun geh!«
Tobias nahm sein Florett und schlich auf den Gang hinaus. Sadik schloss lautlos die Tür hinter ihm. Die Tür zur Kammer nebenan stand offen. Schnell legte er das Florett aufs Bett, und zwar mit dem Griff zur Tür, so dass er sofort danach greifen konnte. Dann lief er auf Zehenspitzen zur Treppe und legte sich flach auf den Boden. Ganz langsam schob er sich vorwärts.
Aus dem Schankraum drangen die Stimmen von Stenz und Tillmann ganz deutlich zu ihm hoch. Er hörte ihr Lachen und das Geräusch von Würfeln. Er schob seinen Kopf noch ein Stück vor und konnte nun einen Teil des Schankraumes einsehen. Er zuckte gleich wieder zurück, denn Zeppenfeld saß zum Greifen nahe an einem Tisch gleich vor dem Treppenaufgang. Den Rücken zur Wand gedreht, war sein Blick auf die andere Seite des Raumes gerichtet, dort wo die Theke stand und Magdalena offenbar gerade hantierte. Denn das bewundernde Lächeln, das auf Zeppenfelds Gesicht lag, war eindeutig.
Stenz und Tillmann saßen weiter vorn bei der Tür und den Fenstern. Von dort aus konnten sie gut die Straße überblicken. Sie hatten einen Krug Branntwein auf dem Tisch stehen und würfelten. Sie lachten, waren fröhlich – und ahnungslos, wer bereits unter dem Dach der Goldenen Ähre logierte. Doch sie waren weit davon entfernt, betrunken zu sein. Und auf dem Stuhl neben Stenz ragten unter seinem verschlissenen Soldatenmantel zwei Musketen hervor.
Tobias konnte von ihrem Gespräch nur Satzfetzen verstehen, da sie ein paar Schritte zu weit von ihm entfernt saßen und das Knallen des Würfelbechers so manches Wort übertönte.
»… verdammt nichts dagegen einzuwenden, hier einen Tag Rast … auf Valdek warten … im Nachbarort nachfragen … morgen bestimmt zurück«, hörte er Stenz sagen.
»… auch ohne ihn gut zurecht«, gab Tillmann abfällig zur Antwort, »… so gesellig wie ’n ausgedienter Stiefel …«
»… Valdek unrecht … zwar die Lippen zusammengenäht, aber sonst … doch ganz in Ordnung«, meinte Stenz.
Tobias runzelte die Stirn. Valdek? War das vielleicht der Name des dritten Schurken, der für Zeppenfeld arbeitete? Sadik hatte ihm erzählt, dass er den Mann, der bei Stenz und Tillmann gestanden und seinen Onkel in Mainz angeschossen hatte, nie zuvor gesehen hatte. Und als Zeppenfeld in jener Nacht vor Falkenhof erschienen war, hatte er sich in Begleitung von drei Männern befunden – die uniformierten Gendarmen nicht gezählt. Es sprach also alles dafür, dass sie es nun mit vier Verfolgern zu tun hatten. Ein Glück,
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