Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
Architektur zu studieren. Damit hatte sie nicht nur für das Studium, sondern vermutlich für alle Zeiten das Elternhaus verlassen. Der gemeinsamen Aufgabe beraubt, waren zwischen ihm und seiner Frau prompt alte Wunden aufgebrochen, mit dem Ergebnis, dass sich Kruger und seine Frau Eveline im Ausnahmezustand befanden. Hilflos drehten sie sich im Kreis ihrer Beziehung, deren Verfallsdatum seit Jahren überschritten war. Geradezu froh war er daher, als ihn der Navigator aus seinen trüben Gedanken riss. Auf dem Radarschirm war ein Objekt aufgetaucht. Mit dem Fernglas suchte Kruger den Horizont ab und entdeckte das Boot. Er kannte den Typ Motoryacht, die sich mit hohem Tempo der Dreimeilenzone näherte.
Eine »Mulder Flybridge 88«, eine imposante Yacht, die zwar hochseetüchtig war, deren Tankvolumen aber nicht ausreichte, um den Atlantik zu überqueren. Also nahm er an, die Yacht käme die Küste entlang von Süden herauf oder von Kanada herunter.
Seine Erfahrung sagte ihm, dass da in jedem Fall nichts Gutes auf ihn zukam. Deshalb befahl er seiner 25 Mann starken Crew die Alarmstufe eins und versetzte sie damit in höchste Kampfbereitschaft. Auch die Kollegen von der Hubschrauberstaffel der Küstenwache wurden alarmiert und teilten kurz darauf über Funk mit, eine ihrer Maschinen gestartet zu haben. Die Jagd konnte beginnen.
Noch hatte die Yacht das Küstengebiet der USA nicht erreicht, als sie bereits über Funk zum sofortigen Stoppen aufgefordert wurde. Als Antwort erhöhte die Yacht ihr Tempo und wendete in einem riskanten Manöver zurück aufs offene Meer hinaus. Die Küstenwächter drehten ebenfalls die Maschinen auf und wiederholten ihre Aufforderung an die Yacht, die Maschinen zu stoppen. Als keine Reaktion erfolgte, ließ der Commander einen Schuss vor den Bug des flüchtenden Schiffs abfeuern.
Die Commander der Küstenwache hatten Order, in derartigen Situationen Konsequenz zu demonstrieren. Die Erfahrung lehrte nämlich, dass flüchtende Boote meist schon in der Nacht darauf erneut versuchten, illegal in amerikanische Hoheitsgewässer einzudringen. Darum wurde bei einer Verfolgung die Dreimeilenzone auch äußerst großzügig ausgelegt.
Nach einem weiteren Schuss der Küstenwächter versuchte der flüchtende Bootsführer erneut die Richtung zu ändern. Als dann aber der Schatten des Hubschraubers über die Yacht glitt, begleitet von dem ohrenbetäubenden Gemisch aus Turbinen und Rotor, gab er auf und stoppte die Maschinen. Dem Schiff der Küstenwache hätte er vielleicht noch entkommen können, immerhin verfügte die Flybridge über zwei Caterpillar zwölf Zylinder Dieselaggregate mit über 3000 PS Leistung, aber einem Seahawk-Hubschrauber und vor allem dessen Batterie bissiger Hellfire-Raketen am Rumpf war er machtlos ausgeliefert.
Commander Kruger und seine Mannschaft staunten nicht schlecht, als sie nach der Festnahme von drei Männern fünfzehn junge Mädchen an Bord zählten. Bleich und übernächtigt ließen sich die Mädchen völlig apathisch von den Matrosen auf das Patrouillenboot holen.
Sie mussten ein furchtbares Martyrium hinter sich haben. Zusammengepfercht auf engstem Raum im Salon der Yacht, hatten sie vermutlich Todesängste ausgestanden, und die meisten waren wohl seekrank geworden, denn es stank überall bestialisch nach Erbrochenem. Hinzu kam ein penetranter Dieselgestank. Die luxuriös ausgestattete Yacht glich nämlich einem schwimmenden Tanklager. Auf dem Sonnendeck, in den unteren Kabinen, Stauräumen, Gängen, überall waren Kanister gelagert und festgezurrt.
Gesteuert von einem Leutnant und mit zwei Matrosen besetzt folgte die Yacht kurze Zeit später in gemächlichem Tempo dem Patrouillenboot. Die Marines hatten von Kruger Order erhalten, sich Zeit zu lassen und die Yacht gründlich zu durchsuchen. Als sie drei Stunden später ebenfalls auf dem Stützpunkt anlegten, hatten sie eine Menge interessanter Waren gefunden. Zwei Kisten mit Kaviar gehörten dabei noch zum eher gewöhnlichen Frachtgut.
Dass in den acht abschraubbaren Griffen des Ruderrads Diamanten versteckt waren, war schon etwas ungewöhnlicher. Eine Entdeckung, auf die der Leutnant besonders stolz war, auch wenn er nur aus Langeweile an den Griffen gedreht hatte.
Der Schnüfflernase eines der Matrosen war zu verdanken, dass sie in der Kombüse, versteckt in einem offenen Zentnersack mit Mehl, auf kiloweise abgepacktes reines Kokain gestoßen waren. Er hatte die Gelegenheit genutzt und sich eine ordentliche Linie
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