Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
kein Deutsch zu sprechen. Auch Walcher erwiderte, dass er sich freue, wieder hier zu sein. Lässig winkte er Reimann, Dephillip, Duvalle und den anderen zu, gut, dass auch er sich vor der Fahrt nochmals seine Aufzeichnungen eingeprägt hatte. Der Comte stellte Walcher zwei Neue vor. Die Messieurs Ernst Rübsamen und Patrik Moet machten einen ähnlich seriösen Eindruck wie Schauspieler, die in Werbespots von Versicherungen oder Banken auftraten.
Walcher setzte sein bestes Sonntagslächeln auf und gab ihnen die Hand. Unterdessen bot Delwar Wasser, Rotwein und Weißwein zur Auswahl an. Walcher nahm sich ein Glas Weißwein und nippte daran. Alles schien wirklich nur noch auf ihn gewartet zu haben, denn nun wurde die Musik im Hintergrund lauter.
Ravels Bolero erklang, und durch die mächtige Flügeltür kamen im Takt dazu sieben Kinder, sechs Mädchen und ein Junge, hereingeschwebt. Sie hielten sich Masken von Abbildern griechischer Götter vors Gesicht und waren nach den Darstellungen auf antiken Tonvasen gekleidet, sofern man die Stofffetzen, die sie am Leib hatten, überhaupt Kleider nennen konnte. Walcher schämte sich, dass er sich einen Moment lang vom Zauber ihres Auftritts fesseln ließ. Kurz nur, dann sah er wieder die grausame Realität vor sich.
Verängstigte Kinder. Herausgerissen aus ihren Familien, aus ihrer Kindheit, aus ihrer Unschuld. Auf so unglaublich brutale Weise der Chance beraubt, in ein selbstbestimmtes Leben hineinzuwachsen, und alles nur, um krankhafte Sexphantasien perverser Männer zu befriedigen. Wie bei der ersten Versteigerung musste Walcher alle Kraft aufbringen, seine gefährlich aufkeimende Wut zu unterdrücken. Sein Magen verkrampfte, und er wünschte sich, an einem anderen Ort zu sein.
Das Prozedere glich dem vom letzten Mal. Die Kinder bewegten sich um die Männer herum, stiegen auf den Tisch, posierten, wurden prüfend angefasst, wie auf einem Viehmarkt – Walcher wunderte es beinahe schon, dass keiner der Männer die Zähne der Kinder kontrollierte –, und dann begann die Versteigerung.
Diesmal trieb hauptsächlich Monsieur Rübsamen die Preise in schwindelnde Höhen. Bei einem der Mädchen, die durch besonders feine Gesichtszüge auffiel, überboten sich einige, als befänden sie sich in einem Rausch. Mit rot angelaufenen Gesichtern, soweit das bei dem Kerzenlicht erkennbar war, taten sich Dephillip und Duvalle bei dieser Bietrunde besonders hervor. Bei 25 000 Euro stiegen sie jedoch aus und überließen dem Neuling Rübsamen den Triumph, dem die Runde dafür stürmischen Applaus spendete.
Vielleicht war dieser Rübsamen ja nur eingeladen, um die Preise in die Höhe zu treiben, dachte Walcher. Er selbst steigerte verhalten und bekam nur den Zuschlag für ein Mädchen, obwohl er ausreichend Geld für weitere Kinder dabeihatte. Aber diesmal genügte es, den Schein zu wahren. Auch wenn die Polizei laut Plan erst zuschlagen würde, nachdem die Männer mit den Kindern in ihren Wagen saßen, wartete Walcher insgeheim auf das Dröhnen schwerer Stiefelschritte, auf laute Kommandos und hoffte, dass die Türen aufgestemmt würden und Polizisten den Saal stürmten. Aber es passierte nichts dergleichen. Die Kinder wurden hinausgeführt, die Vorhänge aufgezogen, und im Licht des späten Nachmittags wurde Geld für Menschen bezahlt, so als hätte man wirklich erlesene Gewächse ersteigert.
Auch Walcher bezahlte und erhielt dafür den Ausweis des Mädchens. Dann führte Delwar die Kinder, nun in normaler Bekleidung, ihren neuen Besitzern zu.
Es folgte eine herzliche Verabschiedung, wobei der Comte und Delwar jedem Gast einen Weinkarton in die Hand drückten. Auch Walcher bekam einen Karton überreicht, von Maurice Delwar.
»Ich hätte Ihnen die mandeläugige Schönheit gegönnt, das nächste Mal sollten wir uns vorher unterhalten«, damit deutete er an, dass es bei diesen Versteigerungen vermutlich nicht mit rechten Dingen zuging. »Genießen Sie Ihr jus primae noctis«, grinste Delwar anzüglich.
Allein dafür hätte Walcher ihm am liebsten den Schädel eingeschlagen, tatsächlich aber bedankte er sich mit einer freundlichen Grimasse. Ursprünglich hatte er sich vorgenommen, an dieser Stelle Delwar oder den Comte nach einer Einkaufsquelle in Deutschland zu fragen, aber er konnte diese grinsenden Fratzen einfach nicht mehr ertragen.
Johannes stand schon am Wagen und öffnete die hintere Tür, um das Mädchen einsteigen zu lassen. Auch den Weinkarton, den er Walcher abnahm, legte er
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