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Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Titel: Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Rangnick
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verzichtete Ilija auf eine politische Kariere, obwohl er ohne Zweifel das Format dafür besaß, und der Präsident verzichtete im Gegenzug stillschweigend darauf, die Geschäfte seines Freundes zur Kenntnis zu nehmen.
    Auf der Krim, an der Küste zwischen Sevastopol und Jalta, hatte Ilija in aller Heimlichkeit ein Anwesen gekauft, erbaut von einem der ersten Stahlmilliardäre Russlands um die vorletzte Jahrhundertwende. Das riesige, etwa hundert Hektar große Grundstück war zwar total verwildert, aber es lag direkt am Ufer des Schwarzen Meers, der Riviera des ehemaligen Zarenreiches, und erfreute sich neuerdings, als Anlagezone der unermesslich reich gewordenen russischen Fettschicht, einer wachsender Beliebtheit.
    Versteckt hinter der Baumwildnis, in der die unterschiedlichsten Arten des Mittelmeerraumes zu finden waren, die sich dank ausgebliebener Eingriffe menschlichen Gestaltungswahns zu prächtigen Baumriesen entwickelt hatten, stand die opulente Zwanzigzimmervilla, der Alterssitz von Ilija Dargilew. Ein unbekannter Architekt hatte sie jenem Palais nachempfunden, das Fürst Czartoryski um 1784 in Natolin, einem Stadtteil im Süden von Warschau, bauen ließ. Die zur Seeseite ausgerichtete Terrasse des prächtigen klassizistischen Schlösschens grenzte an die Mauer, die den anschließenden Hafen befestigte. Darin konnten problemlos Yachten von zwanzig Metern Länge ein-und ausfahren, damals und heute ein unverzichtbares Zeichen für die unbegrenzte Mobilität des Besitzers, auch zu Wasser.
    Dass sich Ilija nicht die Sommerresidenz des Zaren Nikolaus II., den Liwadija-Palast, zulegte, zu jenem Zeitpunkt ebenfalls im Angebot des Maklers, lag nicht etwa an Ilijas Bescheidenheit, sondern an der Tatsache, dass in Jalta noch immer zu viel Militär, und zwar nicht nur ukrainisches, stationiert war. Ilija Dargilew wäre mit seinem Leben zufrieden gewesen, hätte sich nicht die stürmische Jugend an ihm versucht. In allen Bereichen seines Imperiums störten vehement nachdrängende, von jungen Leuten geführte Syndikate seine Geschäfte, und zwar mit äußerster Brutalität. So etwas wie Respekt vor ihm, vor Ilija Dargilew, schien diese Generation nicht zu besitzen.

Die Kinder von Tschernobyl
    Haftanstalten, psychiatrische Kliniken, Kinderheime oder Erziehungslager und dergleichen werden in Russland nicht wahrgenommen, so als wären sie in einer anderen Welt angesiedelt, eine Art Gulag. Vermutlich war es in der Vergangenheit und ist es heute immer noch einfach zu gefährlich, sich für derartige staatliche Institutionen zu interessieren. Zwar hat sich der KGB einen neuen Namen gegeben und als Föderaler Dienst für Sicherheit – FSB – sogar »Bürgertelefone« eingerichtet, aber die Angst vor dem Staat im Staate sitzt tief.
    Anders wäre nicht erklärbar, warum sich kein Mensch dafür interessierte, dass 15 Mädchen einfach verschwunden waren. Niemand in dem Heim, in dem sie gelebt hatten, wollte wissen, wie es ihnen auf Wangerooge ergangen war oder ob sie sich in dem neuen Heim eingelebt hatten. Nicht einmal die Frage, warum die frei gewordenen Betten noch nicht neu besetzt worden waren, schien die Heimleitung zu interessieren.
    Dutzende Briefe, an die Ferienkinder adressiert, die von den Mitgliedern des Wangerooger Hilfsvereins eintrafen, wurden lediglich gebündelt und an die neue Heimadresse weitergeschickt. Dort freute sich Konstantin Porlugin, der Hausmeister, über die Post, öffnete sie, steckte die Geldscheine ein und warf Briefe, Fotos und Umschläge in den Ofen seiner Hausmeisterwohnung. Seit der Schließung des Heims vor gut zehn Jahren hütete er das Areal, und mit den Scheinchen in den Briefen besserte er seine Rente auf, die sowieso nur auf dem Papier stand. Dass in letzter Zeit sogar aus dem Westen Post kam, betrachtete Konstantin als einen gerechten Ausgleich für die Ungerechtigkeit dieser Welt.
    Hätte nicht Heinrich Wotschereit, einer der Initiatoren des Wangerooger Hilfsvereins, während einer Geschäftsreise in New York im Hotelzimmer vor dem Fernseher gesessen, wäre die Geschichte vielleicht untergegangen in den täglichen Horrormeldungen, und die Mädchen hätten in Amerika eine neue Heimat gefunden.
    So aber starrte Wotschereit gebannt auf die Mattscheibe, und dabei wäre ihm beinahe sein Glas mit dem dreifachen Whiskey Sour aus der Hand gerutscht, den er sich als Schlummertrunk aufs Zimmer hatte bringen lassen. Lächelten ihm doch tatsächlich die Tschernobyler Ferienkinder aus dem Fernseher

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