Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
Hämatome, Schnitte und Stiche, Brandwunden, die den Körpern mit glimmenden Zigaretten und erhitzten Metallgegenständen beigebracht worden waren. Entzündungen, eiternde Geschwüre als Folgen langer Fesselung, ja sogar Buchstaben als Brandmale fehlten in der Sammlung nicht.
»Hören Sie auf, bitte«, bat Walcher, »geben Sie mir Kopien mit, und räumen Sie mir das Recht ein, die Bilder zu veröffentlichen.«
Dr. Hein nickte und setzte sich wieder. »Wissen Sie, der Wandel im Denken muss viel, viel früher einsetzen. Schon bei der Erziehung der Jungen. Viele Mütter behandeln ihre Söhne wie Kopien ihrer Väter oder Ehemänner im Kleinformat. Und die Väter halten sich tunlichst aus der Erziehung heraus, wohl weil sie befürchten, dass ihnen eine Einmischung als Rivalität gegenüber dem eigenen Sohn ausgelegt würde. So wachsen die Jungs in dem Bewusstsein auf, die Nummer eins, Prinzen, die Krone der Schöpfung zu sein. Später dann scheren sie alles über einen Kamm und prahlen mit allem gleich, ob sie sich nun eine Frau nehmen oder ein großes Auto zulegen, ihre Trinkfestigkeit unter Beweis stellen oder Krieg spielen. Natürlich ist daran nicht nur die Erziehung der Mütter schuld, aber ich glaube wirklich, dass sie einen großen Anteil an dieser Entwicklung haben, solange sie den Mann als das besondere Vaterwesen sehen. Und darauf zu hoffen, dass die Männer selbst etwas dagegen tun, also darauf warten wir ja nun wirklich erfolglos seit einigen Jahrhunderten … Da wäre mir dann doch eine drastische Lösung des Problems lieber, nämlich gut die Hälfte der Männer zu kastrieren. Das hätte dann auch gleich noch den Nebeneffekt, wirkungsvoll der Übervölkerung unserer Erde entgegenzuwirken … Aber lassen Sie uns über Ihr Vorhaben sprechen«, schloss Dr. Hein und lächelte Walcher auffordernd an.
Walcher brauchte erst einmal einige Sekunden, um von Dr. Heins Anklage auf den Grund seines Besuches umzuschalten. »Es gibt auch Männer«, gab er mit einem dünnen Lächeln Dr. Hein zurück, »die sexuellen Missbrauch in jeder Form ablehnen, und zwar nicht nur aus Angst vor drohender Kastration …«
»Sie sind Journalist«, unterbrach ihn Dr. Hein, und es klang nicht nur wie eine Feststellung.
»Mir geht es nur um eine reißerische Story, wollten Sie das damit sagen?« Walcher ging nicht auf ihr Achselzucken ein. »Natürlich geht es mir um die Story, natürlich verdiene ich Geld damit, aber gleichzeitig will ich etwas bewegen. Ich habe diesen Beruf gewählt, weil ich ein politischer Mensch bin. Aber hören Sie mich erst mal an.«
Weil Dr. Hein schwieg und nur nickte, erzählte Walcher, was er vorhatte.
Dr. Hein hörte Walcher zwar zu, ohne ihn zu unterbrechen, schüttelte aber einige Male den Kopf und sah ihn äußerst skeptisch an.
»Sie können das Risiko einschätzen, denke ich, also spare ich mir meinen Kommentar. Ich … wir werden Sie aus zwei Gründen unterstützen. Zum einen, weil ich hoffe, dass Sie es schaffen, bis in die inneren Strukturen einer dieser Banden vorzudringen, und zum anderen, weil unsere Organisation es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Opfern zu helfen. Wenn Sie uns also Nachricht geben, dass Sie ein Kind oder eine Jugendliche oder eine erwachsene Frau gekauft haben – wie furchtbar das klingt –, dann tun wir alles, was wir in solchen Fällen sonst auch tun.« Dr. Hein streckte wie eine Predigerin beide Arme in die Höhe. »Wir übernehmen die betreffende Person und bringen sie kurzzeitig in einem unserer Häuser unter, wo sie psychologisch und medizinisch betreut wird. Handelt es sich um ein Kind, so finden wir heraus, ob es zu seiner Familie zurückkehren kann. Wenn nicht, suchen wir auf der verdammten weiten Welt irgendwo eine Pflegefamilie oder eine Institution, die das Kind aufnimmt. Wir sorgen für seine Ausbildung und kümmern uns später auch um einen Arbeitsplatz; der einzige Weg, um diese bedauernswerten Geschöpfe aus dem Teufelskreis herauszunehmen. Natürlich geschieht das alles in Zusammenarbeit mit allen zuständigen Behörden. Ausländerbehörde, Sozialamt, Jugendamt, Fürsorge, Arbeitsamt, Gesundheitsamt. Sie glauben ja nicht, mit wie vielen Behördenmenschen wir oft zusammenarbeiten müssen. Aber ich will mich nicht beklagen, denn seit immer mehr bekannte Persönlichkeiten SOWID -Mitglieder werden, ziehen auch immer mehr Beamte mit«, erläuterte Dr. Hein mit einem entwaffnenden Lächeln. »Bei den Frauen der mächtigen Männer dieser Erde gehört es
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