Falkenmagie
zu picken.
»Hören Sie«, stellte ich endgültig fest, »ich verstehe wirklich nichts von dem, was Sie sagen. Kein einziges Wort. Das wird mir alles langsam zu dumm. Suchen Sie sich einen anderen Traum, in dem Sie herumspuken können.«
Er konnte mich ja doch nicht verstehen – vielleicht aber den Tonfall meiner Stimme.
Im Moment schien er jedoch nur die Taube zu bemerken, denn er blickte scharf zu ihr hinüber. Mit einem erschreckten Laut stob der Vogel auf und suchte rasch das Weite.
Bitte …?
»Den Trick müssen Sie mir auch mal beibringen«, murmelte ich und gab es auf, auch nur noch irgendetwas von dem verstehen zu wollen, was hier in diesem Park passierte. Meine Schultern sanken nach unten, ich fühlte mich müde und erschöpft, als hätte die angespannte Gewitterluft nun auch noch das letzte bisschen Kraft aus meinen Knochen gesaugt. Mein Rücken schmerzte noch immer von seiner unfreiwilligen Begegnung mit dem Boden und ich war das alles so leid, so leid. Ich wollte meine Normalität zurück, ich wollte nach Hause und dort endlich in meinem Bett aufwachen, während draußen ein gutes altmodisches Gewitter mit Blitz und Donner niederging. Wenn jetzt eine Fee des Wegs gekommen wäre, sie wäre begeistert über meinen leicht zu erfüllenden Wunsch gewesen.
Nur, dass es natürlich keine Feen gab. Aus dem Nichts auftauchende Männer mit undefinierbarer Sprache zwar im Grunde genommen auch nicht, aber das schob ich jetzt mal beiseite.
Der Fremde stand jetzt genau vor mir und ich war immer noch entschlossen, mich nicht von ihm beeindrucken oder gar einschüchtern zu lassen. Er war hier der Eindringling in meine schöne gewohnte Realität. Er sollte verschwinden, nicht ich. Ich würde nicht weichen, keinen einzigen Schritt.
Trotzig schaute ich ihn über meine noch immer verschränkten Arme hinweg an und hielt seinen Blick, als er endlich aufhörte zu reden. Seinen Gesichtsausdruck konnte ich nicht deuten – hochkonzentriert noch am ehesten - und ich bemerkte, dass in seinen braunen Augen kleine hellere Sprenkel erschienen. Oder waren sie vorher schon da gewesen?
Und dann ging plötzlich alles ganz schnell.
Von einer Sekunde zur anderen riss er mich an sich, so dass meine Tasche zu Boden fiel und ich nur noch einen flüchtigen Blick auf gelbdunkle Raubvogelaugen erhaschte, die also doch keine Einbildung gewesen waren. Gleichzeitig begann ein Tosen rings um uns her, als die Welt, die ich kannte, in einem rasenden Wirbelsturm verschwand. Park, Himmel und Sonne lösten sich auf und ich weiß nur noch, dass ich schrie, obwohl nicht einmal ich selbst mich hörte, und sich meine Sinne irgendwo in diesem Chaos verkrochen hatten wie ein kleines Kind unter der Bettdecke. Ich konnte nichts mehr sehen, fühlen, riechen oder schmecken, nur noch Kälte spüren, Kälte und Bewegung und einen einzigen warmen Punkt, der mich hielt, damit ich mich nicht im Nichts verlor, in das ich nicht zu schauen wagte. Ich klammerte mich an diesen Punkt, weil es nichts anderes mehr gab, an dem ich mich festhalten konnte.
Und dann, mit einem Schlag, war es wieder vorbei. Der Sturm, das Chaos, sie waren fort, es gab festen Boden unter meinen Füßen und die Erkenntnis, dass ich die Augen geschlossen hielt. Meine Kehle schmerzte – hatte ich tatsächlich geschrien? - und das Zentrum der Wärme war immer noch dort, dicht an meiner Wange.
War ich ins Leben zurückgeholt worden, war das hier das Krankenhaus …?
Vorsichtig wollte ich mich bewegen, aber etwas hinderte mich, hielt mich noch immer in seinem Griff. Und eine Stimme dicht an meinem Ohr sagte erschöpft, aber deutlich: »Du kannst deine Augen jetzt öffnen. Wir sind da.«
Diese Stimme …Mit einem Ruck kehrte ich in die Wirklichkeit zurück, oder in das, was ich dafür halten musste, während meine Sinne noch immer aus dem Chaos zu mir zurückzufinden versuchten. Ich riss die Augen auf und schaute auf eine Männerbrust unter einem weißen Hemd, auf der ein Ornament an einem Lederband schwach rot pulsierte. Schweißtropfen sammelten sich auf der Haut darunter.
Mein Blick wanderte höher und fand das Gesicht des braunhaarigen Mannes, in dem sich Erschöpfung und Anstrengung spiegelten. Sein Atem ging schwer und als er merkte, dass ich ihn betrachtete, lockerte er sofort seinen Griff. Ich taumelte einen Schritt nach hinten.
Meine Augen blickten an ihm vorbei und suchten zum letzten Mal ein Krankenzimmer oder mein Bett oder wenigstens diesen verrückten Park, in den ich ganz
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