Fallen Angel 07 Tanz der Rose
beschützen. Rosalind war dankbar für diesen Körperkontakt, der beredter als tausend Worte war. Morgen, so nahm sie sich vor, würde sie wieder stark sein, aber jetzt fühlte sie sich schwach und hilfsbedürftig. Nur Stephen vermochte ihr das Gefühl von Geborgenheit zu geben...
Als sie seinen Kuß leidenschaftlich erwiderte, begriff er, was sie brauchte, und war glücklich, ihr Lust bescheren zu können, um sie wenigstens vorübergehend von den düsteren Schatten der Vergangenheit abzulenken. Mit ihrem Körper mittlerweile so vertraut wie ein Musiker mit seinem kostbaren Instrument, stellte er seine eigenen Bedürfnisse völlig in den Hintergrund und setzte Hände und Lippen ein, bis sie sich ihm stöhnend entge-genwölbte. Stephen, ihr Mann... ihr Geliebter... der Vater ihres Kindes... Er sollte sie in Besitz nehmen, ihr Verlangen stillen...
Ein intensiver Orgasmus löschte ihr Denken minutenlang aus, doch sobald sie wieder ruhig atmete, mußte sie gegen Tränen ankämpfen. O Gott, wie oft würde sie ihn nach einer beseligenden Vereinigung noch so innig in den Armen halten können? Bald würde er sie allein zurücklassen, und wie könnte sie ohne ihn weiterleben?
Immerhin - heute, da sie ihn mehr denn je brauchte, war er noch bei ihr, und dafür mußte sie dankbar sein, anstatt mit dem Schicksal zu hadern.
»Schlaf gut, kleine Marguerite«, murmelte Stephen.
Seine liebevollen Worte lösten einen neuen Schwall von Erinnerungen aus, ungewollt und gänzlich unerwar tet. Standy, ihr altes englisches Kindermädchen, hatte ihr dieselben Worte ins Ohr geflüstert, als sie in einer Scheu ne Zuflucht suchten. Wie glühende Lava aus einem Vulkan, so schossen Schreckensbilder aus der Tiefe ihres Unterbewußtseins hervor. »Allmächtiger! « keuchte sie entsetzt. »Ich... ich sehe jetzt, wie meine Eltern gestorben sind! «
»Warst du dabei? « fragte Stephen bestürzt.
Rosalind nickte. Nur seine warmen Arme bewahrten sie davor, zu einem Eisklumpen zu gefrieren. »Die Soldaten... sie kamen plötzlich in den Salon gestürzt, wo Mama und Papa nach dem Essen Kaffee tranken. Ich hätte eigentlich im Kinderzimmer sein sollen, aber ich hatte mich mit meiner Puppe Minette auf der Galerie versteckt. Das tat ich oft. «
»Was wollten die Soldaten? « Stephen zwang seine Stimme zur Ruhe, obwohl er vor ohnmächtiger Wut am liebsten laut gebrüllt hätte.
»Sie schwenkten Weinflaschen und grölten, >Madame Guillotine< warte auf alle Aristokraten. Papa protestierte, er sei immer ein Freund der Revolution gewesen, aber einer der Soldaten schlug ihn zu Boden. Mama schrie und wollte zu ihm laufen, doch die Soldaten fingen sie ein und begrapschten sie lachend. Einer rief: »Prächtiges Weibsbild, was? < Und ein anderer grinste: >Zu schade für die Guillotine - mit der können wir hier viel Spaß haben! <« Von ihren Erinnerungen überwältigt, hörte Rosalind nur noch ihr eigenes rasendes Herzklopfen, das schmerzhaft in ihrem Schädel widerhallte und ihn zu sprengen drohte. »Sie... sie warfen Mama zu Boden und begannen an ihren Kleidern zu zerren. «
Stephen zog scharf die Luft ein. »Wie grauenhaft, daß du das alles mit ansehen mußtest! «
»Die Soldaten hatten Papa ganz vergessen. Er kam wieder auf die Beine und schlich zu einem Tisch. In der Schublade hatte er einen Revolver versteckt, weil er wegen der Unruhen auf den Straßen beunruhigt war. Er nahm ihn zur Hand und sagte... « Rosalind zitterte wie Espenlaub. »Er sagte: >Möge Gott mir verzeihen, Sophie! < Und dann... dann... «
Ihre Stimme brach, und sie konnte nicht weitersprechen, bis Stephen flüsterte: »Hab keine Angst, mein Liebling. Was damals auch geschehen sein mag - jetzt bist du in Sicherheit. «
Sie schloß die Lider, hatte die Szene aber dennoch deutlich vor Augen. »Er... er schoß Mama mitten ins Herz«, murmelte sie kaum hörbar. »Der Schuß war laut, so laut, und der Rauch brannte in meinen Augen. Ich verstand nicht richtig, was passiert war, auch nicht, als Mama plötzlich still dalag und sich nicht mehr gegen die Soldaten wehrte. Ihr Gesicht sah... friedlich aus, aber die Soldaten waren wütend, und einer brüllte: >Dieses Schwein hat die Hure umgebracht, bevor wir sie haben konnten! <« Rosalind holte schaudernd Luft. »Er zog sein Schwert und... und schnitt Papa die Kehle durch. «
Leise fluchend preßte Stephen ihren Kopf an seine Brust, und sein warmer Körper spendete ihr ein wenig Trost. Ohne dieses Gefühl von Geborgenheit hätte sie sich
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