Fallen Angels 01 - Die Ankunft
wenig gegen ihre Argumente einwenden. Auch wenn er inständig wünschte, er hätte dieses Gespräch niemals führen müssen.
»Gentlemen, lasst ihr uns mal eine Minute allein?«, fragte er, ohne den Blick von ihr abzuwenden.
»Hast du hier irgendwo ein Bier?«, war Adrians Gegenfrage.
»Im Kühlschrank im Wohnzimmer. Jim kennt sich aus.«
»Sehr gut. Denn er ist derjenige, der es brauchen kann. Ihr beiden kommt einfach runter, wenn ihr so weit seid. Und macht euch keine Sorgen. Ich kümmere mich darum, dass Devina hier nicht noch mal reinkommt. Ich nehme an, dass du Salz in der Küche hast?«
»Äh, ja.« Er wandte ihm ratlos den Blick zu. »Aber wozu braucht ihr denn …«
»Wo steht es?«
Schulterzuckend erklärte er dem Mann, wo er das Gewünschte finden würde, dann verschwanden die Männer wieder die Treppe hinunter, und Vin schob Marie-Terese sanft zum Bett. Allerdings konnte er nicht stillsitzen und tigerte im Zimmer herum.
Am Fenster stehend, überlegte er, warum das Leben ihn wohl an diesen Punkt geführt hatte. Überlegte, wie das alles begonnen hatte. Überlegte … wie alles für ihn enden würde.
Er beneidete die Leute dort unten in den Autos, wie sie am Fluss entlangfuhren und brav ihre Spur hielten. Ganz bestimmt war der Großteil von ihnen ganz stinknormal auf dem Weg nach Hause oder ins Kino oder wälzte schwerwiegende Probleme im Kopf wie: Was soll ich später kochen?
»Vin? Sprich mit mir, ich verspreche dir, dass ich mir kein Urteil anmaßen werde.«
Er räusperte sich und hoffte, dass das wirklich stimmte. »Hältst du es für möglich … Glaubst du unter Umständen an …«
Tja, wie sollte er den Satz beenden, an was sollte Marie-Terese glauben? An Blödsinn wie Ouija-Boards und Tarotkarten und schwarze Magie und Voodoo und … Dämonen … vor allem an Dämonen?
Na toll. Fantastisch.
Sie durchbrach die Stille, die zu füllen er nicht ertragen konnte. »Du meinst wegen dieser Anfälle, die du hast?«
Er rieb sich die Augen. »Was ich dir jetzt gleich erzählen werde, wird nicht besonders realistisch klingen, wahrscheinlich noch nicht einmal plausibel. Aber könntest du bitte erst gehen, wenn ich fertig bin? Egal, wie seltsam es wird?«
Immer noch blickte er aus dem Fenster, weil sie die Schwäche, die sich hundertprozentig auf seiner Miene abzeichnete, nicht sehen sollte und seine Stimme wenigstens halbwegs normal klang.
Aus dem Knarren des Kopfteils schloss er, dass sie sich auf der Matratze weiter zurückgesetzt hatte. »Ich gehe nicht weg. Versprochen.«
Noch ein Grund, sie zu lieben. Als bräuchte er noch mehr.
Vin atmete tief durch und stürzte sich von der sprichwörtlichen Klippe. »Wenn man jung ist, denkt man, dass alles, was mit einem, um einen … in einem passiert, normal ist. Denn man kennt es ja nicht anders. Erst als ich fünf war und in den Kindergarten kam, lernte ich auf die harte Tour, dass andere Kinder keine Gabeln bewegten, ohne sie anzufassen, oder den Regen über ihrem Garten abstellen konnten oder wussten, was es zum Abendessen gab, ohne mit ihrer Mutter gesprochen zu haben. Weißt du, meine Eltern konnten diese Dinge auch alle nicht tun, aber ihnen fühlte ich mich sowieso überhaupt nicht ähnlich, das bedeutete für mich noch nicht, dass ich komisch war. Ich dachte einfach nur, sie wären anders als ich, weil sie Eltern waren und keine Kinder.«
Auf die unterschiedlichen Vorfälle, durch die er merkte, dass er sich von den anderen Kindern abhob, und wie diese kleinen Ungeheuer ihn dafür bestraften, dass er nicht der Norm entsprach, weigerte er sich, näher einzugehen. Dass er regelmäßig von einer Clique von Jungen verprügelt oder von Mädchen ausgelacht und verspottet worden war, würde nichts dazu beitragen, ob sie ihm glaubte, ob sie ihn verstand oder nicht. Außerdem hatte er von Mitleid schon immer Ausschlag gekriegt.
»Ich hab ziemlich schnell gelernt, dass ich besser die Klappe halte. Und zu verbergen, was ich konnte, war nicht so schwer. Im Prinzip beherrschte ich zu dem Zeitpunkt nur billige Zaubertricks, nichts, was den Ablauf des Lebens störte. Aber das änderte sich, als ich elf war und der Scheiß mit diesen Aussetzern anfing, während derer ich irgendwelches Zeug erzählte. Das war ein Riesenproblem. Es passierte, wann und wo es wollte, ich hatte es nicht unter Kontrolle. Und statt herauszuwachsen, wie aus dem Telekinese- und Hellseherquatsch, wurde es immer schlimmer.«
»Du hattest eine Gabe«, sagte sie mit hörbarer
Weitere Kostenlose Bücher