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Fallen Angels 01 - Die Ankunft

Titel: Fallen Angels 01 - Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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Ehrfurcht.
    Er sah sich über die Schulter. Inzwischen war die Farbe weitgehend in ihr Gesicht zurückgekehrt, worauf er gar nicht zu hoffen gewagt hatte, aber ihre Einschätzung des Sachverhalts teilte er nicht.
    »Ich hab es damals eher als Fluch empfunden.« Er richtete den Blick wieder auf die winzigen Autos weit unter sich. »Im Laufe der Zeit wurde ich größer und stärker, deshalb waren die Schikanen der anderen Kinder nicht mehr so das Problem, aber die Anfälle hörten nicht auf, und es frustrierte mich zunehmend, dass ich so ein Freak war. Schließlich kam ich zu dem Schluss, dass ich mit jemandem darüber reden musste, also ging ich zu so einem Medium in der Stadt. Natürlich kam ich mir total blöd dabei vor, aber ich war einfach verzweifelt. Sie half mir, erklärte mir, was ich zu tun hatte, und obwohl ich nicht daran glaubte, ging ich nach Hause und befolgte ihre Anweisungen … und alles veränderte sich.«
    »Haben die Anfälle aufgehört?«
    »Ja.«
    »Und warum sind sie jetzt wieder da?«
    »Das weiß ich nicht.« Genauso wenig, wie er wusste, warum sie damals überhaupt angefangen hatten.
    »Vin?« Als er sich zu ihr umsah, klopfte sie aufs Bett. »Komm her und setz dich. Bitte.«
    Da er in ihrer Miene nichts als Wärme und Anteilnahme erkennen konnte, folgte er ihrer Aufforderung und ließ sich neben ihr auf der Matratze nieder. Er stützte die Fäuste auf der Decke ab und verlagerte sein Gewicht nach vorn in die Schultern. Marie-Terese legte ihm sachte die Hand auf den Rücken und beschrieb langsame Kreisbewegungen.
    Aus dieser Berührung zog er unheimliche Kraftreserven.
    »Nachdem also die Anfälle aufgehört hatten, war alles anders. Und eigenartigerweise, aber ohne jeden Zusammenhang damit, starben meine Eltern kurz darauf bei einem Unfall - was nicht so überraschend war, denn da sie immer brutal miteinander umgegangen waren, hatte das irgendwann so kommen müssen. Sobald sie tot waren, brach ich die Schule ab und fing beim Chef meines Vaters als Klempnergehilfe an. Inzwischen war ich achtzehn geworden, so dass ich legal als Handwerker arbeiten durfte, und ich nahm mir vor, alles zu lernen. So bin ich im Baugewerbe gelandet. Ich habe nie Urlaub genommen. Ich habe nie zurückgeblickt, und seitdem war mein Leben …«
    Komisch, vor einigen Tagen hätte er noch gesagt »super«. »Mein Leben war seitdem von außen betrachtet wirklich gut.«
    Doch allmählich glaubte er, dass er einfach nur eine glänzende, hübsche Farbschicht auf einen vergammelten Schuppen gepinselt hatte. Glücklich war er nie gewesen, hatte nie Freude an dem Geld empfunden, das er verdiente … hatte ehrliche Leute betrogen und unzählige Hektar Land geschändet, und wofür? Er hatte nur den Bandwurm in seinen Eingeweiden gefüttert, der ihn antrieb. Nichts hatte ihn wirklich genährt.
    Marie-Terese nahm seine Hand. »Also … wer ist diese Frau? Was ist sie?«
    »Sie ist … Diese beiden Fragen kann ich nicht beantworten. Vielleicht können es die zwei Kerle, die Jim mitgebracht hat.« Er blickte zur Tür und dann wieder zu Marie-Terese. »Ich möchte nicht, dass du mich für einen Freak hältst. Aber übelnehmen würde ich es dir nicht.«
    Er ließ den Kopf hängen und wünschte sich zum ersten Mal seit langer, langer Zeit verzweifelt, ein anderer zu sein.
    Worte waren besser als nichts, um Dinge zu erklären, aber in manchen Situationen reichten sie trotzdem nicht einmal annähernd aus.
    Das hier war eine solche Situation, dachte Marie-Terese.
    Normalerweise passierten Dinge wie die, von denen Vin da sprach, nur in Filmen oder Büchern … oder man flüsterte sich so etwas zu, wenn man dreizehn war und bei einer Freundin übernachtete … oder es waren Lügen, die im Anzeigenteil billiger Zeitschriften verbreitet wurden. In jedem Fall gehörte so etwas nicht zur realen Welt, und Marie-Tereses Verstand wehrte sich dagegen, das Gehörte anzunehmen.
    Das Blöde war nur, dass sie gesehen hatte, was sie gesehen hatte: eine Frau mit schwarzen Löchern statt Augen und einer Aura, die buchstäblich die Luft um sie herum vergiftete; Vin, der zusammenbrach und Worte sprach, die er selbst offenbar nicht hören konnte; und jetzt … ein stolzer Mann, der den Kopf hängen ließ und sich für etwas schämte, was weder seine Schuld noch sein Wunsch gewesen war.
    Marie-Terese streichelte weiter seine Schultern. Wenn sie doch nur mehr tun könnte, um ihn zu trösten. »Ich habe keine …« Sie ließ den Satz kurz in der Luft

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