Fallen Angels 01 - Die Ankunft
den dicken Zopf über die Schulter. Er war verwirrt, weil Eddie so enttäuscht wirkte. »Ich kapier’s noch nicht. Wo liegt das Problem?«
Eddie wandte sich dem kaputten Fenster zu und schüttelte den Kopf. »Das war zu einfach.«
Ach du große Kacke. Wenn das ein Spaziergang gewesen war, dann fragte Jim sich schaudernd, wie zum Teufel ein echter Kampf aussah.
Neununddreißig
Saul fuhr wie in Trance vor seinem Haus vor und stellte den Motor ab. Im Schein des Garagenlichts sah er in den Rückspiegel und legte den Kopf schief. An einer Stelle neben seinem Ohr fehlte ein Büschel Haare, er tastete die Stelle mit seinem verletzten Finger ab und erinnerte sich an die Momente mit der Frau auf dem Rücksitz seines Taxis.
Sie hatten Sex gehabt.
Für ihn war es das erste Mal seit seinem Gefängnisaufenthalt vor zehn Jahren gewesen.
Es hatte ihm gefallen … zumindest bis es vorbei war. Hinterher, als er unter ihr erschlafft war, hatte ihn eine merkwürdige, ekelhafte Lethargie erfasst, und er hatte sich weniger entspannt, als vielmehr gefangen gefühlt.
Da hatte sie die Schere hervorgeholt. Sie war so schnell gewesen, dass er selbst in hellwachem Zustand wehrlos gewesen wäre. Schnapp, ein paar Haare abgeschnitten, in die Haut geritzt. Dann hatte sie sein Blut mit der Strähne verrieben, war von ihm abgestiegen und hatte die Hände unter ihrem Rock verschwinden lassen.
Danach hatte sie ihn dort zurückgelassen, wo sie ihn genommen hatte: Auf dem Rücksitz seines Taxis.
Sie hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, die Tür hinter sich zuzuschlagen, und obwohl er in der kalten Luft, die von draußen hereinkam, gefröstelt hatte, hatte es etwas gedauert, bis er in der Lage gewesen war, hinter sich zu greifen und sie zuzuziehen. Nachdem er mühsam seinen Reißverschluss hochgezogen hatte, gab er sich endlich der Erschöpfung hin, ohne sich um den quäkenden Kollegen in der Taxizentrale oder den Umstand zu kümmern, dass es selbst am helllichten Tag nicht sonderlich schlau war, so schutzlos in der Innenstadt herumzuliegen und zu schlafen.
Der Traum, den er dann gehabt hatte, war grauenhaft gewesen, und auch jetzt im trüben Licht der Garagenbeleuchtung riss er unwillkürlich den Kopf herum und vergewisserte sich, dass niemand auf seinem Rücksitz saß. Aber natürlich war da keiner … Sobald er wieder am Steuer gesessen hatte, hatte er alle Türen verriegelt.
Mein Gott, dieser Alptraum. Er war von einem verwesenden Ungeheuer gefickt worden, das irgendwie die Frau aus seinem Taxi gewesen war und gleichzeitig auch nicht … In dem Traum hatte er eine Art Vereinbarung mit ihr getroffen. Aber er konnte sich nicht mehr erinnern, was er im Austausch für das, was er gab, bekommen hatte.
Seine Geliebte … es hatte irgendetwas mit seiner Geliebten zu tun.
Es war bereits dunkel geworden, als zwei kleine Rowdys ihn weckten, indem sie die beiden vorderen Autotüren aufgerissen und seinen Rucksack und die Jacke durchwühlt hatten.
Wie von selbst war seine Hand nach vorn geschnellt und hatten den Pferdeschwanz des Kerls auf der Fahrerseite gepackt. Als er kräftig daran gezogen hatte, war ihm aufgefallen, dass er jetzt hundert Mal stärker war als noch vor seinem Nickerchen. Stärker und konzentrierter. Er kam sich vor wie … eine Tötungsmaschine.
Der kleine Trottel auf der anderen Seite hatte einen einzigen Blick auf Sauls Gesicht geworfen, die Brieftasche in seiner Hand fallen gelassen und die Beine in die Hand genommen.
Dem anderen hatte Saul das Genick gebrochen, indem er ihn am Pferdeschwanz halb auf den Rücksitz gezogen und dann den Kopf herumgedreht hatte, bis es laut knackte.
Die auskühlende Leiche hatte er einfach auf dem Boden neben dem Wagen abgelegt. Und beim Aufrichten genau in eine Überwachungskamera geschaut.
Aber was für ein Glück: Das rote Lämpchen, das anzeigte, ob sie angeschaltet war, blinkte nicht. Es gab keine Aufzeichnung von ihm oder der Frau oder den beiden Jungs.
Kein Glück , hörte er eine Stimme in seinem Kopf. Teil der Abmachung .
Und in dem Moment war ihm plötzlich alles wieder eingefallen: Er hatte sich gewünscht, frei von neugierigen Blicken zu sein, tun und lassen zu können, was er wollte, ohne erwischt zu werden. Kein Waffenverstecken, kein Spurenverwischen mehr, keine Verkleidungen, kein Umherschleichen.
Und so war es geschehen.
Als er sich im Anschluss wieder ans Steuer setzte, empfand er gleichzeitig eine drückende Last und ein Hochgefühl, und erst in dem Moment
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