Fallen Angels 01 - Die Ankunft
Antwort simpel gewesen: Er hätte Vin einfach eine Knarre an den Kopf gehalten und den Penner vor den Altar geschleift. Aber hier und jetzt? Musste er sich ein bisschen zivilisierter benehmen.
Er setzte sich auf dem kühlen Garagenboden auf und funkelte das Schrottmotorrad böse an, das er mit sich rumschleppte, seit er wieder in den Staaten aufgeschlagen war. Die Möhre war damals nicht gelaufen, und sie lief auch jetzt noch nicht, und wenn Jim weiter so dilettantisch daran rumschraubte wie heute Morgen, bräuchte er auch in Zukunft keine verspiegelte Sonnenbrille. Warum er sich das Teil überhaupt gekauft hatte, war ihm schleierhaft. Träume von Freiheit vielleicht. Entweder das, oder wie jeder Kerl mit Eiern in der Hose stand er einfach auf Harleys.
Hund, der auf einem sonnigen Fleckchen gedöst hatte, hob den Blick und stellte die struppigen Ohren auf.
Zerknirscht lutschte Jim an dem Fingerknöchel, von dem er sich die Haut abgeschabt hatte. »Sorry, dass ich geflucht habe.«
Hund schien das gleichgültig zu sein; er bettete den Kopf auf die Pfoten, die buschigen Augenbrauen hochgezogen, als hörte er gern zu, egal ob es Flüche waren oder Jugendfreies.
»Scheideweg, Hund. Weißt du, was das bedeutet? Man steht an einer Weggabelung. Man muss sich entscheiden.« Jim schnappte sich wieder den Schlüssel und startete einen neuen Versuch an einer Schraube, die so dick von altem Öl überzogen war, dass man nicht mal mehr erkennen konnte, ob sie sechseckig war oder nicht. »Man muss sich entscheiden.«
Er dachte an Devina, wie sie ihn vom Fahrersitz dieses angeberischen BMWs aus angesehen hatte. Ich warte und warte darauf, dass er auftaut und mir vertraut und mich liebt, aber bisher ist das nicht passiert, und allmählich geht mir die Kraft aus, noch länger durchzuhalten, Jim, ganz ehrlich.
Und dann rief er sich ins Gedächtnis, wie diPietro diese dunkelhaarige Prostituierte angesehen hatte.
Ja, das konnte man wirklich und wahrhaftig einen Scheideweg nennen. Das Problem war, dass diPietro, dieser dämliche Vollidiot, an einem Wegweiser angekommen war, und anstatt dem Pfeil nach Glücksdorf an der Wonne zu folgen, stapfte er weiter unbeirrt nach Schaufle-dir-ein-frühes-Grab-und-werdevon-niemandem-außer-deinem-Buchhalter-beweint-Stadt.
Jim hoffte, Devina von dem Ring erzählt zu haben würde sie bei der Stange halten, aber für wie lange?
Mann, in vielerlei Hinsicht war sein letzter Job leichter gewesen, weil er mehr Kontrolle darüber gehabt hatte: Zielperson ins Visier nehmen, Licht ausknipsen, abhauen.
Vin hingegen begreiflich zu machen, was so offensichtlich war … ein echter Kraftakt. Außerdem war Jim damals gut ausgebildet und betreut gewesen. Und jetzt? Nix. Gar nüscht.
Beim Knattern zweier Harleys drehte er den Kopf. Hund ebenfalls.
Die beiden Maschinen rollten über den Kies zur Garage, und er beneidete die Penner, die sich an diesen Lenkern festhalten durften. Adrians und Eddies Kisten blitzten und blinkten, die Chromschutzbleche und -auspuffrohre fingen das Sonnenlicht auf und zwinkerten, als wüssten die Harleys, dass sie die Geilsten waren, und sähen es überhaupt nicht ein, ihren Stolz zu verbergen.
»Brauchst du Hilfe mit deinem Bock?«, fragte Adrian, während er den Ständer seiner Harley ausklappte und abstieg.
»Wo ist dein Helm?« Jim legte die Arme auf die Knie. »Das ist in New York Vorschrift.«
»In New York gibt es massenweise Vorschriften.« Adrians schwere Motorradstiefel knirschten über die Auffahrt und trampelten dann auf den Beton, als er Jims Heimwerkerprojekt näher in Augenschein nahm. »Mannomann, wo hast du das Gerät denn her? Von einer Müllhalde?«
»Nein. Von einem Schrottplatz.«
»Ach so. Das ist natürlich viel besser. Bitte um Verzeihung.«
Die Männer waren nett zu Hund, sie tätschelten ihn, während er von einem zum anderen scharwenzelte. Und die gute Nachricht war, dass sein Humpeln heute bereits schwächer war. Wobei Jim trotzdem vorhatte, mit ihm am Montag zum Tierarzt zu gehen. Er hatte schon in drei Praxen angerufen und auf den AB gesprochen, und wer ihn zuerst drannahm, hatte gewonnen.
Eddie blickte vom Streicheln auf und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, für den Bock brauchst du mehr als zwei Hände.«
Verdrossen rieb Jim sich das Kinn. »Nee, ich komm schon klar.«
Diese Bemerkung quittierten alle drei - Adrian, Eddie und Hund - mit identisch zweifelnden Mienen.
Jim ließ langsam die Hand sinken, sein Nacken wurde steif, als hätte
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