Fallen Angels 01 - Die Ankunft
hin reichte er der Kellnerin beide Speisekarten. »Ich hätte gern die Pancakes. Ohne Butter.«
»Hash Browns dazu?«
»Nein, danke. Die Pancakes reichen vollauf.«
Damit trollte sich die Kellnerin Richtung Küche. Marie-Terese lächelte zaghaft.
»Was denn?« Er bot ihr den Zucker an.
»Nein, danke, ich trinke ihn schwarz und ohne Zucker. Und ich lächle nur, weil mein Sohn … er mag auch gern Pancakes. Ich backe ihm immer welche.«
»Wie alt ist er?« Vins Löffel klirrte beim Umrühren.
Obwohl die Frage fast beiläufig gestellt wurde, strafte ihn sein angespanntes Warten auf ihre Antwort Lügen. »Sieben.« Sie warf einen flüchtigen Blick auf seinen nackten Ringfinger. »Haben Sie Kinder?«
»Nein.« Er nahm einen Probeschluck und seufzte, als wäre der Kaffee perfekt. »Noch nie verheiratet gewesen, keine Kinder.«
Eine Pause entstand, als erwartete er eine Gegenleistung für seine Info.
Sie nahm ihren Becher in die Hand. »Der Grund für meinen Anruf war, dass mein Chef … er lässt Ihnen ausrichten, dass er sich um alles kümmern wird …« Sie hielt zögernd inne. »Sie wissen schon, in Bezug auf das, was die Überwachungskameras vergangene Nacht aufgezeichnet haben könnten oder … derlei.«
Obwohl sie aufrichtig befürchtet hatte, dass er nicht begeistert wäre, wenn jemand ihm zuliebe die Justiz behinderte, nickte Vin nur knapp, was darauf hindeutete, dass er der Typ Mann war, der sich auf dieselbe Art und Weise um Dinge kümmerte, wie Trez es tat. »Sagen Sie ihm doch bitte, dass ich das zu schätzen weiß.«
»Mache ich.«
In der darauffolgenden Stille strich Vin mit dem Daumen über den klobigen Henkel des Kaffeebechers. »Hören Sie, ich habe diesen beiden Jungs gestern nichts getan. Abgesehen von dem, was Sie selbst gesehen haben. Ich habe sie nicht umgebracht.«
»Das hat Trez auch gesagt.« Sie trank einen Schluck und musste Vin zustimmen - der Kaffee war hervorragend. »Ich habe Sie und Ihren Freund gegenüber der Polizei nicht erwähnt. Von der Schlägerei habe ich überhaupt nichts erzählt.«
Vin runzelte die Stirn. »Was haben Sie denn dann gesagt?«
»Nur, dass diese beiden Typen mich belästigt hätten. Dass Trez mit ihnen geredet, und als das nichts brachte, sie durch den Vordereingang rausbegleitet hätte. Genau das haben übrigens die beiden anderen Zeugen, die sich gemeldet hatten, auch ausgesagt. Es passte alles zusammen.«
»Warum haben Sie für mich gelogen?«, fragte er sanft.
Um seinem Blick auszuweichen, sah sie aus dem Fenster. Der Fluss, der zum Greifen nahe schien, war trübe und schwerfällig, angeschwollen vom Regen, der Anfang der Woche gefallen war.
»Warum, Marie-Terese?«
Sie nahm noch einen langen Schluck aus dem Becher und spürte die Wärme des Kaffees bis in den Bauch hinunter. »Aus demselben Grund wie Trez. Weil Sie mich beschützt haben.«
»Das ist gefährlich. In Anbetracht Ihrer Arbeit.«
Sie zuckte die Schultern. »Darüber mache ich mir keine Sorgen.«
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Vin sich das Gesicht rieb und unwillkürlich zusammenzuckte, als schmerzten ihn die Prellungen. »Ich möchte nur nicht, dass Sie meinetwegen noch mehr Ärger riskieren.«
Marie-Terese verkniff sich ein Lächeln. Komisch, bei manchen Dingen, die Männer so sagten, wurde einem von Kopf bis Fuß warm - und nicht, weil die Worte eine sexuelle Konnotation besaßen, sondern weil sie über den kleinsten gemeinsamen Nenner hinausgingen und in wichtigere, bedeutungsvollere Bereiche führten.
Um sich gegen den Sog seiner Stimme, seiner Augen, seiner Beschützerhaltung zur Wehr zu setzen, sagte sie: »Tut mir leid, dass ich gestern so schnell verschwunden bin. Sie wissen schon, aus dem Umkleideraum. Ich war einfach … völlig durch den Wind.«
»Ja.« Er stieß hörbar die Luft aus. »Und ich möchte mich entschuldigen, dass ich so ausgeklinkt bin …«
»Ach was, das ist schon okay. Es … sah nicht so aus, als hätten Sie viel Kontrolle darüber.«
»Überhaupt keine, um genau zu sein.« Noch eine lange Pause. »Ich bringe das wirklich ungern aufs Tapet, aber was habe ich denn gesagt?«
»Äh … das wissen Sie nicht?«
Er schüttelte den Kopf.
»War das eine Art Anfall?«
Seine Stimme wurde schroff. »So könnte man es wahrscheinlich nennen. Also … was habe ich gesagt?«
Er kommt dich holen …
»Was habe ich gesagt, Marie-Terese?« Er legte seine Hand sachte auf ihren Arm. »Bitte erzählen Sie es mir.«
Sie starrte auf seine Finger und dachte …
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