Fallen Angels 01 - Die Ankunft
ich etwas sagen, was ich eigentlich nicht sagen sollte?«
Marie-Terese erstarrte, als er ihr seinen Blick zuwandte. »Okay.«
»Vergangene Nacht habe ich mir vorgestellt, mit Ihnen zusammen zu sein.«
Langsam ließ Marie-Terese ihren Becher sinken. O ja, und manche Dinge, die Männer sagten, heizten einem mehr ein als die Hölle. Und manche Blicke waren greifbarer als Berührungen. Und beides zusammen, von dem Mann ihr gegenüber kommend …
Ihr Körper reagierte mit einem heftigen Aufwallen … ihre Brüste kitzelten in den Spitzen, ihre Oberschenkel spannten sich an, ihr Blut raste … und diese Reaktion erschreckte sie. Es war schon so lange - geradezu ewig - her, dass sie etwas auch nur ansatzweise Sexuelles einem Mann gegenüber empfunden hatte. Und doch saß sie hier an diesem Tisch einem absoluten Tabu in einem Kaschmirpulli gegenüber und erlebte tatsächlich etwas, was sie jede Nacht bei Fremden vortäuschte.
Rasch blinzelte sie.
»Shit, ich hätte nichts sagen sollen«, murmelte er.
»Ach, es liegt nicht an Ihnen. Ehrlich.« Es lag an ihrem Leben. »Und das macht mir nichts aus.«
»Ehrlich nicht?«
»Nein.« Ihre Stimme klang etwas zu tief.
»In jedem Fall war es nicht in Ordnung.«
Ihr blieb das Herz stehen. Diese knappe Bemerkung kühlte ihre Gefühlswallungen wirkungsvoller ab als ein Kübel mit Eiswürfeln.
»Wenn Sie ein schlechtes Gewissen haben«, entgegnete sie schroff, »dann beichten Sie der falschen Frau.«
Vielleicht hatte er deshalb Stress mit seiner Freundin gehabt.
Doch Vin schüttelte nur den Kopf. »Es war deshalb nicht in Ordnung, weil ich mir vorgestellt habe, für Sie zu bezahlen. Und das fühlte sich überhaupt nicht gut an.«
Marie-Terese stellte den Becher auf den Tisch. »Und warum das?«
Dabei kannte sie die Antwort doch längst: Weil jemand wie er niemals mit jemandem wie ihr zusammen sein konnte.
Als Vin den Mund aufmachte, hielt sie die Handfläche hoch. »Eigentlich kenne ich die Antwort schon. Und ich glaube, ich gehe jetzt besser …«
»Denn wenn ich mit Ihnen zusammen wäre, dann würde ich von Ihnen ausgesucht werden wollen.« Er hob den Blick und sah ihr genau in die Augen. »Ich würde mir wünschen, dass Sie sich für mich entscheiden. Nicht, weil ich dafür bezahlt habe. Sondern weil … Sie mich mögen und bei mir sein wollen.«
Halb im Aufstehen erstarrte Marie-Terese zu Stein.
Sanft fuhr er fort. »Und ich wollte, dass Sie es ebenso genießen, wie ich es bestimmt tun würde.«
Nach einer kleinen Ewigkeit ließ Marie-Terese sich wieder auf der Bank nieder. Sie umschloss den Kaffeebecher, schluckte heftig und hörte sich selbst reden - obwohl sie erst hinterher begriff, was sie gesagt hatte: »Mögen Sie rote Haare?«
Er zog die Stirn in Falten und hob die Schultern. »Ja. Klar. Warum?«
»Ach, nur so«, murmelte sie hinter ihrem Kaffee.
Achtzehn
Ein Scheideweg bedeutete, dass man nach rechts oder nach links gehen musste, dachte Jim, während er rücklings auf dem Garagenboden lag, einen Schraubenschlüssel in der Hand.
Wenn man an einem Scheideweg stand, dann musste man sich per Definition für eine Richtung entscheiden, denn geradeaus weiterzugehen stand nicht zur Debatte. Man fuhr auf den Highway auf oder blieb auf der Nebenstrecke. Man überholte diesen Wagen vor sich oder blieb zur Sicherheit hinter ihm. Man gab bei Gelb noch mal Gas oder bremste ab.
Manche dieser Entscheidungen hatten keine großen Konsequenzen. Andere hatten zur Folge, dass man einem betrunkenen Geisterfahrer in die Quere kam oder eben genau nicht.
Auf Vins Fall übertragen, war der Verlobungsring, den er partout nicht rausrücken wollte, quasi das rechts Abbiegen, das ihn vor einem auf Glatteis ins Rutschen geratenen Sattelschlepper bewahrte: Was er jetzt tat, würde sein gesamtes Leben verändern, und er musste schleunigst den Blinker setzen. Dem Trottel lief bei seiner Freundin die Zeit davon, er musste ihr endlich die alles entscheidende Frage stellen, bevor sie noch …
»Scheißdreck!«
Jim ließ den Schraubenschlüssel fallen, der ihm abgerutscht war, und schüttelte seine Hand aus. Er sollte sich wahrscheinlich ein bisschen besser auf das konzentrieren, was er gerade tat. Vorausgesetzt, er brauchte seine Fingerknöchel noch länger. Das Blöde war, dass ihn die ganze Sache mit Vin einfach nicht losließ.
Was zum Henker sollte er mit dem Kerl jetzt anstellen? Wie konnte er ihn dazu motivieren, der Frau einen Antrag zu machen?
In Jims altem Leben wäre die
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