Fallende Schatten
Stunden nach London, wie ich es für den nächsten Tag geplant hatte, sondern für immer. Ich beschloß, meine Angelegenheiten so schnell wie möglich zu regeln und dann genau das zu tun.
In Monkstown hielt ich an, um mir eine Pizza zu besorgen, und es war schon fast halb acht, als ich bei der Swift Terrace ankam. Mittlerweile hatte die Wirkung des Gin nachgelassen, und ich war völlig erschöpft. Und gründlich verärgert. Ich nahm mein fettiges Paket und stieß das Tor auf; erst jetzt nahm ich die große, dunkel gekleidete Gestalt wahr, die an der Tür lehnte, das Gesicht verschämt hinter einem riesigen Rosenstrauß versteckt. Verdammt noch mal, dieser Film war doch schon mal abgespult worden. Außer daß die Rosen diesmal rot waren.
»Hallo, Schatz.« Davis Marcham, mein Herzallerliebster, der stolz seine wunderbare Sonnenbräune zur Schau trug, küßte mich zärtlich auf den Mund und streckte mir die Blumen hin. Ich schubste den Strauß zurück und drückte ihm die Pizzaschachtel an die Armani-Brust. Er wich zurück und protestierte lautstark. Ich ignorierte ihn schlicht.
»Halt das«, fuhr ich ihn an, »bis ich meinen Schlüssel gefunden habe.«
Er folgte mir in die Küche, knallte die Pizzaschachtel auf den Tisch und ging auf die Veranda zurück, um seine Reisetasche zu holen. Gucci, was denn sonst. Ich stand da und sah ihn an, als er in Lilys makellose Küche marschierte und sah ihn zum ersten Mal wirklich. Sah den Mund eines bockigen Kindes, den hinreißenden, wohlproportionierten, sexy Körper, das intelligente Gesicht, das voller Vorfreude lächelte. Armer Trottel. Die Umgebung war nicht die richtige für ihn, er wirkte fehl am Platz. Zumindest fehl am Platz, was mich betraf. Ich fragte mich, und das nicht zum ersten Mal, was, zum Teufel, ich eigentlich mit ihm machte.
»Alsdann, Schatz«, sagte ich zuckersüß, »vielleicht könntest du mir erklären, warum es so lange gedauert hat, bis du kommst und mir dein Beileid ausdrückst.«
»Mein was?«
»Kein Beileid? Schade. Was dann?« Urplötzlich kochte ich vor Wut.
»Nell, was soll das? Hör auf herumzualbern. Freust du dich nicht, daß ich da bin?«
»Normalerweise ist das mein Spruch«, konterte ich ironisch. Sexy Biest. »Tatsache ist, ich freue mich nicht, nein, ich freue mich nicht im geringsten, daß du da bist, Davis. Vor allem weil ich morgen früh den ersten Flug nach London erwischen muß.«
»London? Das kannst du nicht machen. Ich bin doch eben erst angekommen.«
»Tut mir leid, aber ich muß hin, Herzblatt. Es bleibt mir keine andere Wahl. Mir steht eine Auseinandersetzung mit Roger Mason bevor. Er will mich aus meiner Stellung drängen. Ich muß ihn ausmustern. Den auch.« Die Anspielung kapierte er überhaupt nicht. Ich war schon immer ein bißchen zu spitzfindig für ihn gewesen.
»Aber – ich habe vor, das Wochenende mit dir zu verbringen. Deswegen bin ich hergekommen. Ich habe für morgen eigens freigenommen, nur deswegen.«
Na wenn schon. Aber ich brachte es nicht fertig, einen Kommentar dazu abzugeben. Ich stand einfach da und starrte ihn an, dachte endlich einmal an das, was ich vorhatte. Kaum daß ich hörte, was er sagte.
»Du nimmst mich wohl auf den Arm? Du kannst nicht zurückfliegen. Ich habe mich wirklich darauf gefreut. Komm schon, Nell, du hast mir gefehlt, Liebling. Komm her.« Herrisch nahm er mich in den Arm. Himmlisch fühlte er sich an. Na ja, erregt jedenfalls. Womit wir schon zwei waren, dieser Mistkerl konnte mich ganz nach Belieben antörnen. Ich machte mich los, lehnte mich an den Tisch. Und überlegte. Mit einem leichten Lächeln auf seinem hübschen Gesicht beobachtete er mich. Er war sich seiner sehr sicher, der liebe Davis.
»Warum hast du mir nicht gesagt, daß du heimkommst, Schatz? Dann hätte ich nicht zu kommen brauchen. Ich hätte ein hübsches Wochenende für uns buchen können, irgendwo. Ein bißchen ausspannen.«
»Weißt du was – tu das doch. Du kannst mich zurückbegleiten, mit dem ersten Flug. Bis mittags ist meine Besprechung gelaufen.«
»Okay.« Sein Gesicht hellte sich auf. »Okay. Wo würdest du gerne hin?« Das habe ich doch erwähnt, oder – er ist Börsenmakler. Geld spielt keine Rolle. Und natürlich wohnt er bei mir, so daß seine Lebenshaltungskosten ziemlich niedrig sind. Aber er ist ungeheuer spendabel. Geld ist dazu da, ausgegeben zu werden, das ist seine Devise. Für Sonntage ist das herrlich, für den alltäglichen Trott jedoch nicht so überwältigend.
»Tut mir
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