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Fallende Schatten

Titel: Fallende Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gemma O'Connor
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durchzusehen. Ich saß da und starrte ins Leere und fragte mich, warum das keinen Sinn ergab. Normalerweise hatte ich Lily mindestens zweimal die Woche angerufen. Was ihre Telefonrechnung betraf, war sie sehr sparsam gewesen. Immer wenn ich bei ihr war, benutzte ich für Anrufe ins Ausland mein Mobiltelefon. Die Firma übernahm meine Telefonrechnung, warum also hätte Lily dafür zahlen sollen? Aber in acht Monaten hatte sie mit Sicherheit mehr als die etwa ein Dutzend mit meiner Nummer aufgelisteten Gespräche geführt. Ich mußte annehmen, daß sie häufiger als sonst öffentliche Fernsprecher benutzt hatte. Sparsamkeit oder Vorsicht? Oder Angst? Oder zog ich wieder einmal vorschnell irgendwelche Schlußfolgerungen?
    Angesichts des mir vorliegenden Materials tat ich das mit Sicherheit.
    Ende der folgenden Woche verfrachtete Morgen Morgen die wenigen Möbelstücke, die ich ausgesucht hatte, nach London. Das Auto brachte ich zur Inspektion in die Werkstatt. Als der Mechaniker mich fragte, ob ich es verkaufen wolle, erklärte ich, das würde ich mir noch überlegen. Mein letzter Besuch galt dem Immobilienmakler, bei dem ich die Schlüssel zum Haus hinterlegte. Dienstagabend flog ich nach Hause. Jetzt hielt ich es für an der Zeit, die Tagebücher zu lesen. Das war am einundzwanzigsten August.

18
    »Ich weiß nicht, wonach ich suchen soll«, grummelte meine Freundin Maria. Sie drehte die Photographie um und blinzelte sie an, schüttelte den Kopf und drehte sie wieder so, wie sie gehörte. »Ist aber ein klasse Photo von deiner Mutter. Wer ist der Kerl?«
    »Keine Ahnung.«
    »O. Weißt du, wo es aufgenommen worden ist?« Sie schnitt eine reuige Grimasse, als sie endlich kapierte.
    »Genau das versuch ich ja rauszufinden«, antwortete ich ungeduldig. Ich nahm ihr das Bild aus der Hand und musterte es von neuem. »Hier in der Gegend ist es nicht, oder? Wenn es irgendwo in Richmond wäre, würden wir es wiedererkennen, meinst du nicht?« fragte ich. Unisono nickten wir.
    »Warum? Ist es wichtig?«
    »Ja, möglicherweise schon.« Ich zuckte die Schultern. »Warum genau, weiß ich selber nicht.« Ich wich ihrem skeptischen Blick aus.
    »Also gut«, gab ich nach. »Ich habe einen bestimmten Grund dafür. Wart einen Augenblick.« Ich ging in meine Wohnung hinauf und holte die Tagebücher. Inzwischen hatte Maria das Geschirr weg geräumt. Sie stürzte sich auf die wunderschönen Einbände und drehte und wendete sie liebevoll in ihren Händen.
    »Nell, die sind ja hinreißend!« Sie wollte sie aufschlagen, aber ich legte meine Hände auf ihre und hielt sie davon ab.
    »Es sind ihre Tagebücher. Ich zeig sie dir ein andermal. Sei mir nicht böse.«
    Möglicherweise hatte ich sie verärgert, aber sie war eine zu gute Freundin, um sich etwas anmerken zu lassen. Und außerdem ertrug sie mich geduldig, seit ich am Abend zuvor zurückgekommen war. Ich muß zugeben, das war vermutlich alles andere als leicht. Wahrscheinlich war ich eine ziemliche Belastung für sie: launisch, gereizt, weinerlich und, das war das schlimmste von allem, planlos. Ich konnte mich einfach nicht aufraffen, wieder zur Arbeit zu gehen, und das war ein scheußliches Gefühl. Schließlich ließ ich mich von ihr überreden und faßte den Entschluß, mir den Rest der Woche und das Wochenende Zeit zu geben, um mich zusammenzureißen, und am Montag in aller Frühe fröhlich strahlend ins Büro zu kommen, solange ich noch eine Stellung hatte.
    Beim Abendessen war es mir endlich gelungen, ihr einige meiner Sorgen anzuvertrauen. Mit ihrem gewohnten Sinn fürs Praktische beglückwünschte sie mich zu Davis’ Abreise und drängte mich, darüber zu reden. Aber meine Gefühle für Davis waren noch zu wirr, und ohnehin lag es mir nicht besonders, »mein Herz auszuschütten«. Statt dessen wandten wir uns wieder meiner Mutter zu.
    »Ist es irgendwo in der Nähe von eurem Haus in Dublin?« fragte Maria, während sie erneut das Photo in die Hand nahm.
    »Nein.« Das hatte wohl heftiger geklungen, als ich beabsichtigt hatte.
    »Schon gut. Deswegen brauchst du mir nicht gleich den Kopf abzureißen. Warum nicht? Ist es nicht wahrscheinlicher, falls sie denn einen Freund hatte, daß es dort irgendwo war? Jedenfalls«, fügte sie neugierig hinzu, »was ist denn so schlimm daran, daß sie möglicherweise einen Freund gehabt hat?«
    »Gar nichts. Ich würde nur gerne ein bißchen mehr über ihn wissen, das ist alles. Und in Dublin ist das nicht.«
    »Wieso bist du dir da so

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