Falling in love
erstaunlicher ist, dass Saras Anwesenheit mich immer noch zum Lernen motiviert. Das Vorspielen ist über einen Monat her und ich vermute, die Leute an der Manhattan Music Academy haben sich inzwischen ihr Urteil gebildet. Wie meine Noten sich jetzt entwickeln, wird ihre Entscheidung nicht mehr beeinflussen. Aber Sara wiederholt ständig, dass ich meinen Notendurchschnitt halten muss. Und solange wir genügend Pausen machen, ist das für mich okay.
Die Sache mit dem ersten Mal hat Sara mittlerweile verdaut. Nicht dass wir uns noch einmal darüber unterhalten hätten oder so… Sara ist einfach langsam wieder aufgetaut. Jeden Tag hat sich die Distanz zwischen uns etwas verringert. Jetzt sind wir uns wieder so nah wie vor der Nacht im Hotel. Aber miteinander geschlafen haben wir noch nicht.
Ich habe immer noch ein schlechtes Gewissen, dass ich Sara angelogen haben. Aber sie muss wirklich nicht wissen, dass ich mit Cynthia geschlafen habe. Vor allem, weil es ein offenes Geheimnis ist, dass Cynthia mit jedem ins Bett geht. Sara würde das nicht verstehen. Letzte Woche hat Cynthia mich sogar gefragt, ob wir mal wieder miteinander ausgehen wollen. Die lässt einfach nicht locker. Auch das muss Sara nicht unbedingt erfahren. Seitdem wir zusammen sind, gebe ich ihr zu verstehen, dass es okay für mich ist, wenn wir uns mit dem Sex alle Zeit der Welt lassen. Und es ist wirklich okay. Auch wenn dieses ewige Warten einen Großteil meiner Hirnfunktionen lahmlegt.
Verstohlen schaue ich auf die Uhr. Wir lernen schon seit über einer Stunde. Zeit für eine Pause.
»Hey«, sage ich.
»Hey«, sagt Sara, ohne sich umzudrehen.
»Wir haben heute noch keine Kekse gegessen.«
»Wie alt bist du? Fünf?«
»Du weißt, dass ich nach der Schule immer Kekse essen muss.«
»Ich habe keinen Hunger«, sagt Sara. »Aber wenn du Appetit hast, kannst du ja welche besorgen.«
»Du musst doch Hunger haben.«
»Habe ich aber nicht.«
»Lass uns wenigstens eine Pause einlegen.
»Das geht nicht.«
»Warum nicht?«
»Tobey.« Sara lässt ihren Stift sinken. »Weißt du eigentlich, wie viel Zeit man aufbringen muss, um in den Zwischenprüfungen gut abzuschneiden?«
»Und deshalb machen wir ab sofort keine Pausen mehr?«
»Zumindest nicht schon nach einer Stunde!«
»Ich wusste gar nicht, dass wir seit Neuestem einem Zeitplan folgen.«
»Es gibt keinen…« Sara wendet sich wieder ihren Heften und Büchern und Papierstapeln zu und dem ganzen anderen langweiligen Kram auf ihrem Schreibtisch.
Wenn wir in den nächsten fünf Minuten nicht irgendwas Verrücktes machen, schreie ich.
»Wir gehen schnell zum Spielplatz und spielen eine Partie mit diesem Balldings.«
»Womit?« Sara ordnet ihre Hefte.
»Du weißt schon, dieses Dings, in das du einen Ball werfen musst und das vier verschiedenfarbige Röhren hat, aus denen der Ball dann rauskommt.«
»Ich glaube nicht…«
»Das Ding ist echt super. Man weiß nie, aus welcher Röhre der Ball kommt. Man steht da und wartet und ist total aufgeregt. Das ist das Beste daran. Also, ich gehe jetzt los. Du kannst mitkommen. Nein, du musst einfach mitkommen.« Ich knie mich neben Saras Schreibtisch. »Kommst du mit?«
Sara seufzt. »Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.«
»Und warum nicht?«
»Weil ich es unvernünftig finde.«
»Unvernünftig?« Kann Sara nicht einmal spontan sein? Manchmal habe ich das Gefühl, wir können nichts unternehmen, was nicht seit einer Woche in ihrem Terminkalender steht. Immer muss Sara lernen. Dabei hat sie das ganze Zeug doch in einem Jahr wieder vergessen. An die Sachen mit mir wird sie sich auch in fünfzig Jahren noch erinnern. »Scheiß auf die Vernunft! Worauf hast du Lust?«
»Ich will in den Zwischenprüfungen As kriegen, darauf habe ich Lust! Die New York University wird sich nach diesen Noten erkundigen.«
»Du machst dir immer noch Gedanken um deine Bewerbung?« Sara wird auf jeden Fall genommen. Es ist einfach unvorstellbar, dass sie abgelehnt wird. Aber seit sie ihre Bewerbung verschickt hat, macht sie sich diesen Stress. Eigentlich wollte sie im ersten Bewerbungsverfahren genommen werden, aber irgendwer hat ihre Unterlagen verschlampt. Sara war am Boden zerstört, denn sie hat alles richtig gemacht. Und jetzt redet sie sich ein, dass noch mehr schiefgehen wird. Dabei liegt die Sache nicht mehr in ihrer Hand und es nützt gar nichts, sich so reinzustressen.
»Ich mache mir Gedanken um meine Zukunft, verstehst du das nicht? Tobey, die New
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