Falling in love
Augenbinde erst im Hotelzimmer abnehmen? Aber bestimmt werden dann die Hotelangestellten auf uns aufmerksam. Die müssen nicht unbedingt mitkriegen, dass wir noch auf der Highschool sind. Es war schon merkwürdig genug, das Zimmer zu reservieren. Am besten, ich lüfte das Geheimnis, wenn wir vor dem Eingang stehen.
Hand in Hand laufen wir auf das Hotel zu.
»Bevor ich von einer Klippe falle, sagst du mir aber Bescheid, oder?«
»Deshalb halte ich deine Hand«, sage ich.
Vor den riesigen Glastüren bleiben wir stehen. Ich löse den Knoten an Saras Hinterkopf.
»Oh Mann«, sagt sie.
Aber sie wirkt nicht erschrocken, sondern eher neugierig.
»Wir übernachten in einem Hotel?«
»Nur wenn das für dich in Ordnung ist.«
Sara lächelt. »Klar ist es in Ordnung.«
*
Ich öffne die Tür zu unserem Zimmer und sage: »Nach Ihnen, Mademoiselle«, als würde mir das ganze Hotel gehören. »Wie Sie sehen, sind die Renovierungsarbeiten in der Küche noch nicht ganz abgeschlossen. Bitte entschuldigen Sie die Umstände.« Sanft ziehe ich Sara in unser Zimmer. Hinter ihr fällt die Tür ins Schloss. »Aber das Wohnzimmer ist schon fertig. Ich habe mich dazu entschlossen, seine ursprüngliche Größe zu verdoppeln.«
»Ich bin beeindruckt.« Sara geht zum Fenster und zieht die Vorhänge auf. »Sie haben aus diesem Ort wirklich etwas Besonderes gemacht.«
Ich stelle mich neben Sara. Die Lichter der Stadt sind kilometerweit zu sehen. Ich merke immer, wie Sara auflebt, sobald wir unser Kaff verlassen haben. In der Großstadt fühlt sie sich einfach wohler, sagt sie. Sie spürt sich dann mehr. Ich weiß, dass sie unbedingt an der New York University angenommen werden will. Hoffentlich kann ich sie nach New York begleiten. Es dauert noch mindestens einen Monat, bis die Jury ihre Entscheidung gefällt hat. Sara sagt immer, dass ich meine Zukunft visualisieren soll. Ich soll mir vorstellen, wie ich die Zusage öffne. Wie ich lese, dass ich angenommen bin. Manchmal, wenn ich mir das vorstellen will, schießt mir allerdings das genaue Gegenteil durch den Kopf: In dem Brief steht, dass ich total versagt habe und dass sie einen wie mich, der erst im letzten Moment die Kurve gekriegt hat, niemals annehmen, selbst wenn er der einzige Bewerber wäre.
Wir bestellen etwas beim Zimmerservice und schauen bis Mitternacht fern. Beide sind wir gut gelaunt und überlegen uns für die Hauptfiguren neue Handlungsstränge, über die wir uns halb totlachen. Sara hat ihr Geschenk schon aufgemacht. Ich habe ihr noch eine CD zusammengestellt, diesmal mit den Liedern, die wir in letzter Zeit gehört haben. Außerdem habe ich ihr den Plastikring geschenkt, den ich beim Skee Ball gewonnen habe. Den Ring habe ich in ein richtiges Etui getan, als wäre es ein wertvolles Teil, und Sara hat sich total gefreut.
Mir hat sie ein Notizbuch geschenkt, für unsere Beziehung, hat sie gesagt. Auf einer Seite stehen Songtexte, auf die nächste Seite hat Sara Zettel aus Musik geklebt, zum Beispiel unsere Dots-Partien. Auch ein Schwarz-Weiß-Foto von uns klebt darin, das aus dem Jahrbuch stammt. Die nächsten Seiten soll ich füllen und Sara danach das Buch zurückgeben. Wenn Mike und Josh das herausfinden, ziehen sie mich bis an mein Lebensende damit auf. Aber eigentlich ist es eine gute Idee.
Als der Film zu Ende ist, ist plötzlich alles offen. Die Nacht ist da. Die Sicherheit ist weg.
Ich möchte Sara zu nichts drängen. Dave hat sich im Bett wie der letzte Idiot verhalten, und das mache ich auf keinen Fall.
Wir liegen beide auf unseren Kopfkissen. Ich muss Sara die Wahrheit sagen. Jetzt oder nie.
Gerade als ich ansetze, zieht Sara mich auf sich. Kurz da-rauf trägt sie nur noch ihre Unterwäsche. Ich wünschte, alles könnte so weitergehen.
39. Kapitel
Zimmer 523: Der falsche Moment
15. Februar, 00.41 Uhr
Gleich drehe ich durch.
Eigentlich habe ich gedacht, dass wir bei Tobey übernachten, weil seine Eltern übers Wochenende wegfahren. Mit einem Hotelzimmer habe ich überhaupt nicht gerechnet. Und jetzt drehe ich durch, weil der Abend bisher so unglaublich schön war. Wir haben gekuschelt und Filme angeschaut und ich habe mich so wohlgefühlt, dass ich Tobey einfach küssen musste. Und jetzt ziehe ich mir jeden Moment die Unterhose aus. So weit bin ich mit einem Jungen noch nie gegangen. Aber wenn es für das erste Mal einen richtigen Moment gibt, dann muss der jetzt sein. Immerhin wollte ich mich neulich schon ausziehen, als Tobeys Vater uns erwischt
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