Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
vorzubereiten, statt in den Bergen hinter einem Sklaven herzudackeln. Aber bis es so weit war, hatten die beiden Verschwörer qualvolle Augenblicke zu durchleiden, und Stellan war ziemlich blass um die Nase, als die Angelegenheit endlich geregelt war und die Tischrunde sich anderen Themen zuwandte.
Ihre Vorsicht war berechtigt. Jaxyn wusste, wenn der König Wind davon bekam, was mit Arkady passiert war, würden sich nicht nur ein Edelmann und ein Dutzend Crasii aufmachen, um den unsterblichen Prinzen zu verfolgen. Enteny hätte die gesamte Armee von Glaeba nach Lebec kommen lassen, um die Beleidigung an der Krone zu rächen. Arkady Desean war für den König nicht nur eine Frau, die er betörend fand. Sie war eine angeheiratete Cousine. Ein Mitglied der umfangreichen königlichen Familie. Sie war mit dem Mann verheiratet, der an dritter Stelle in der Thronfolge stand. Eine so wichtige Persönlichkeit in Gefahr zu bringen hatte unweigerlich Konsequenzen zur Folge.
Was Cayal offenbar nicht klar ist, dachte Jaxyn, als sie ein paar Tage später ein Lager errichteten und der bitterkalte Bergwind an seinem Mantel zerrte. Glücklicherweise hatte der Regen nachgelassen. Er sah sich um. Eine spektakuläre Aussicht erstreckte sich vor ihm, aber er nahm sie kaum wahr. Die hohen, dunkel bewaldeten Berge Glaebas beeindruckten ihn schon lange nicht mehr. Eigentlich beeindruckte ihn kaum noch etwas.
Es war sehr lange her, dass Jaxyn Aranville auf dem Gipfel eines Berges stehen und Ehrfurcht vor der Erhabenheit der Natur empfinden konnte.
Sie folgten Cayals Spur am ersten Tag ohne Mühe. Sie führte stetig bergan, in immer höhere Regionen hinauf, und unweigerlich nach Nordosten. Der Flüchtige und seine abtrünnigen Crasii machten aus ihrer Route kein Geheimnis. Es schien fast, als wollte Cayal seine Verfolger verhöhnen, indem er eine so deutliche Spur hinterließ. Das war etwas, was Jaxyn ihm ohne Weiteres zutraute. Heute jedoch war die Spur fast gänzlich verschwunden. Um das letzte Tageslicht auszunutzen, durchstreifte Chelby eben jetzt das Gelände, das vor ihnen lag, auf der Suche nach einem Hinweis, welche Richtung die Flüchtlinge eingeschlagen hatten.
Jaxyn war sicher, dass der Crasii die Spur früher oder später fand. Und wenn nicht, nun ja … wenn sie Cayal nicht verfolgen konnten, konnten sie vielleicht erraten, wo er hinwollte. Die Gemahlin des Fürsten von Lebec zu entführen war sicher ein spontaner Entschluss gewesen, kein lange gehegter Vorsatz. Cayal dürfte in Clydens Gasthof weder Zeit gehabt haben, einen Plan auszuarbeiten, noch sich Gedanken über die Folgen seines Tuns zu machen. Sein einziges Anliegen dürfte Flucht gewesen sein. Der Mangel an Voraussicht des unsterblichen Prinzen würde seinen Feinden jetzt zugute kommen.
Cayal hat das alles gar nicht gut durchdacht.
»Wie typisch.«
»Herr?«, fragte die ihm am nächsten stehende Felide. Sie war dabei, sein kleines Zelt aus eingeölter Seide aufzustellen, hielt jedoch inne, weil sie glaubte, Jaxyn habe sie angesprochen. »Habt Ihr etwas gesagt, Herr?«
»Ich habe nur laut gedacht«, entgegnete er und zog zum Schutz vor dem Wind seinen Mantel enger um sich. »Würdest du dich etwas beeilen? Ich will mich ausruhen.«
Die Felide nickte und eilte zurück an die Arbeit. Jaxyn lächelte über ihre Unterwürfigkeit. Einige Dinge bei den Crasii schienen sich nie zu ändern.
»Herr.«
Er wandte sich um und sah Chelby herankommen. Der Canide war nicht so groß wie andere Exemplare, die Jaxyn schon gesehen hatte, aber er war ein ausgezeichneter Spürhund. Sein Pelz war dreifarbig, weißes Fell bedeckte seine Hände und Füße und hob sich leuchtend gegen die schwarzen und braunen Flecken ab, mit denen sein übriger Körper bedeckt war. Sein fast menschliches Gesicht mit den auffallend weiten Nasenlöchern war zu einem Stirnrunzeln verzogen.
»Hast du irgendeine Spur von ihnen entdeckt?«
»Etwa eine halbe Meile südlich von hier, Herr«, berichtete Chelby und deutete in die Richtung, von der er sprach. »Ich habe die Stelle markiert. Wir können ihre Fährte am Morgen wieder aufnehmen.«
»Das hast du gut gemacht.« Jaxyn war nicht aus Gefühlsduselei so freundlich zu dem Crasii. Er wusste aus langer Erfahrung, dass es nie verkehrt war, einen Caniden zu loben. Sie blühten regelrecht auf und legten sich dann umso härter ins Zeug.
Chelby verbeugte sich tief und wedelte mit der Rute. »Danke, Herr, danke. Danke, danke …«
»Wohin wollen sie, was
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