Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
glauben, gehöre zu den Dingen, die euch geringer machen als Menschen.«
»Und doch ist es nach Überzeugung der Crasii das, was uns über den Menschen erhebt.«
Der Fürst hatte dazu nichts zu sagen. Er drehte sich um und klopfte an die Tür. Er wirkte entschuldigend. »Ich wünschte, wir hätten Zeit, uns besser kennenzulernen, Warlock, Zucht von Bella, gedeckt von Segura. Du scheinst ein interessanter Mann zu sein.«
Es kam nicht oft vor, dass ein Mensch einen Crasii als ›Mann‹ bezeichnete. Warlock wusste die Geste zu schätzen, obwohl er sicher war, dass der Fürst damit nur sein Bedauern für das ausdrücken wollte, was er gleich tun würde.
Einen Tag lang war Warlock frei gewesen.
Das war nicht lange genug.
Es würde reichen müssen.
»Ihr könntet mich im Kerker besuchen. Dann können wir uns noch länger unterhalten«, schlug Warlock vor. »Ich habe sonst nichts weiter vor.«
Ehe der Fürst antworten konnte, wurde die Tür geöffnet. Der Kommandant der Stadtwache trat durch die Tür, salutierte zackig und warf einen Bück auf Warlock.
»Was soll nun mit dem Ark geschehen, Euer Gnaden?«
Stellan Desean zögerte den Bruchteil einer Sekunde, bevor er antwortete und dem Kommandanten die Begnadigung hinhielt. »Lasst ihn frei«, ordnete er an, und seine Stimme wirkte dabei sicherer als sein Blick. »Dies ist nicht der Ark, den wir suchen.«
»Aber … Euer Gnaden …«, brachte der Kommandant hervor. »Er entspricht genau der Beschreibung. Er hat die Begnadigung …«
Der Tonfall des Fürsten änderte sich, ebenso sein unsicherer Ausdruck. »Wollt Ihr meine Befehle in Frage stellen, Mann?« Jede Spur seines vorherigen Zweifels war wie weggewischt. Dies war die Stimme eines Mannes, der gewohnt war, über Leben und Tod der Bürger von Lebec zu entscheiden, und er würde von einem Untergebenen keine Einmischung dulden.
Der Kommandant machte bereitwillig einen Rückzieher und verbeugte sich vor seinem Herrn und Meister. »Selbstverständlich nicht, Euer Gnaden.«
»Dieser spezielle Canide hat meine Frau bei einem ihrer akademischen Projekte unterstützt und wurde für seine Mitarbeit begnadigt. Er wird nicht belästigt, solange er sich in meiner Stadt aufhält, ist das klar?«
»Jawohl, Euer Gnaden.«
»Es steht dir frei zu gehen«, teilte der Fürst von Lebec Warlock mit. »Ich wünsche dir Glück bei deiner Suche, wie sinnlos sie auch sein mag.«
»Einen Ort zu finden, den man Heimat nennen kann, ist niemals sinnlos, Euer Gnaden«, erwiderte Warlock.
»Nein«, stimmte Descan zu. »Das ist es wohl nicht.«
Damit machte der Fürst von Lebec auf dem Absatz kehrt und schritt aus der Zelle. Warlock stand da und starrte den Kommandanten an, der seine kostbare Begnadigung in der Hand hielt und keinen Hehl daraus machte, wie sehr es ihn wurmte, diesen Crasii-Mörder gehen lassen zu müssen.
44
Jaxyn suchte die Crasii eigenhändig aus, die ihn in die Berge begleiten sollten. Er stellte ein Dutzend zusammen – allesamt Feliden mit einer Ausnahme, einem Caniden namens Chelby, Stellans bester Fährtensucher und das einzige männliche Wesen in der Gruppe. Jaxyn wählte die Crasii nach ihrer Ausdauer, ihren Fähigkeiten im Kampf und, am wichtigsten, ihrem bedingungslosen Gehorsam aus. Wenn er Arkady und den entflohenen Mörder fand, um dann festzustellen, dass sich unter seiner Eskorte Arks befanden, würde es zu spät sein.
Sie verließen den Palast von Lebec einen Tag, nachdem Clyden Bell Arkadys Entführung gemeldet hatte. Stellan hätte es begrüßt, wenn Jaxyn früher aufgebrochen wäre, aber mit dem König zu Gast war das nicht so leicht zu bewerkstelligen. Jaxyn war zwar bereit, sich heldenhaft ins Abenteuer zu stürzen, um die Frau seines Freundes zu retten, aber sie wollten keinesfalls, dass jemand das mitbekam oder – schlimmer – sich der Mission womöglich gar anschloss. Jaxyn und Stellan hatten am Abend zuvor bei Tisch das Ablenkungsmanöver inszeniert, dass ein entflohener Crasii eingefangen werden musste. Es war nicht leicht, Mathu davon abzubringen, an der Jagd teilzunehmen. Unverhofft stand ihnen die Königin bei, die lautstark gegen die Absicht ihres Sohnes protestierte, in die Berge zu reiten, um einen dreckigen Crasii zu verfolgen.
Stellan entschuldigte Arkadys Abwesenheit, indem er Unpässlichkeit vorschützte, und mit Hilfe der Königin konnten sie Mathu überzeugen, dass er besser daran tat, die formelle Ankündigung seiner Verlobung mit Kylia in wenigen Tagen
Weitere Kostenlose Bücher