Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
Folge von etwas viel Größerem war. »Ist etwas passiert, Euer Gnaden? Ist der Fürstin etwas zugestoßen?«
Stellan Descan zögerte und nickte schließlich, als habe er beschlossen, dass es nicht schaden konnte, wenn er die Wahrheit sagte. »Während sie diesen Möchtegern-Unsterblichen zum Palast eskortierte, konnte er fliehen und nahm meine Gemahlin als Geisel.«
Irgendwie kam diese Neuigkeit nicht überraschend. »Ich glaube kaum, dass er ihr ein Leid zufügt, Herr«, hörte Warlock sich sagen, nicht sicher, warum er das Bedürfnis empfand, den Mann zu trösten, der für seine Festnahme verantwortlich war. Er war dem Fürsten von Lebec nichts schuldig – wie es schien, nicht mal seine Freilassung.
»Wie kannst du so sicher sein?«
Weil ich es an beiden riechen konnte, wollte Warlock antworten, aber er wusste, dass er das nicht laut aussprechen konnte. Man erzählte dem Mann, der über Leben und Tod entschied, nicht, dass man zwischen seiner Frau und einem anderen Mann wachsende Lust gerochen hatte. Für Stellan Descan war Cayal nichts weiter als ein entflohener Mörder. Ihm zu sagen, dass Cayal seiner Frau nichts antun würde, weil offensichtlich war, dass er sie begehrte, würde den Fürsten wohl kaum beruhigen.
»Der unsterbliche Prinz ist für viele Dinge bekannt, Herr, aber mutwillige Gewalt gehört nicht dazu.«
»Du beharrst darauf, dass er unsterblich ist. Arkady glaubte, er könnte ein Spion aus Caclum sein. Oder ein Verrückter.«
»Es spielt keine große Rolle, was davon zutrifft, Herr«, stellte Warlock klar. »Ob Cayal wirklich ein Unsterblicher ist oder ob er einfach nur die Identität des unsterblichen Prinzen angenommen hat – er ist an die Legende gebunden, die er für sich beansprucht, und wenn er den Anschein aufrechterhalten will, muss er so handeln, wie der echte Cayal handeln würde. In der Legende der Crasii kennt man Cayal als Abenteurer, als leichfertigen Halunken, hin und wieder sogar als tragischen Helden, aber er war noch nie bekannt für Bosheit oder Heimtücke. Er ist auch kein Dummkopf. Wenn er Eure Gemahlin hat, ist sie wohlauf, weil er vorhat, ihre Sicherheit für seine Flucht einzutauschen.«
Der Fürst musterte ihn eine Weile. »Wie ich sehe, hast du das gut durchdacht.«
»Es erforderte nicht viel Überlegung, Herr. Ich finde, dass die Anzeichen für sich sprechen.«
Der Fürst lächelte schmal. »Arkady sagte mir schon, dass du klug bist.«
Warlock erwiderte das Lächeln nicht. »Sie sagte auch, dass Ihr mir eine Begnadigung gewährt habt, Herr.«
Der Fürst blickte auf das Dokument herab, das er noch in der Hand hielt. »Ein Umstand, der mir jetzt ein kleines Dilemma bereitet, fürchte ich.«
Warlock verstand das Problem des Fürsten. Es war jetzt klar, dass seine Gemahlin die Begnadigung gefälscht hatte, was bedeutete, dass sie Cayals Überstellungspapiere wahrscheinlich ebenfalls gefälscht hatte. Welches Spiel Arkady auch spielte – ob es darauf abzielte, ihren Gemahl in Verlegenheit zu bringen oder etwas noch Unheilvolleres –, Warlock steckte mittendrin. Sein Leben hing jetzt von der Bereitschaft dieses Mannes ab, über die aktive Beteiligung seiner Gemahlin an der Freilassung von zwei verurteilten Mördern hinwegzusehen.
Der Fürst schien darüber ebenfalls nicht sehr glücklich zu sein. »Wenn ich diese Begnadigung anerkenne, mache ich mich an ihrem Verbrechen mitschuldig.«
»Und wenn Ihr es nicht anerkennt, wird ihr Verbrechen bekannt, Herr«, erinnerte Warlock ihn. Er überlegte, dass dies der Grund war, warum der Fürst die Wachen noch nicht hereingerufen hatte oder Warlock in Ketten in das Gefängnis von Lebec zurückbringen ließ. Er will die Unbotmäßigkeit seiner Gemahlin nicht an die große Glocke hängen, mutmaßte Warlock, nicht solange der König und die Königin in Lebec weilen.
»Wohin wolltest du, als man dich aufgriff?«, fragte der Fürst unvermittelt.
»Nach Westen«, antwortete Warlock wahrheitsgemäß. »Richtung Caelum. Ich hatte gehofft, das Verborgene Tal zu finden.«
Der Fürst schien über sein Eingeständnis amüsiert. »Die legendäre Zuflucht der Arks? Glaubst du, dass sie tatsächlich existiert?«
»Ich glaube, dass der unsterbliche Prinz existiert, Herr. Warum sollte ich nicht glauben, dass es irgendwo da draußen für meine Art eine Heimat gibt?«
»Die Kollegen meiner Gemahlin an der Universität – die sich für schlauer als alle anderen halten – sind überzeugt, der Umstand, dass die Crasii an Magie
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