Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
Entrüstung fast echt.
Declan hielt in einer Geste der Versöhnung die Hände hoch. »Ich deute nichts dergleichen an. Ich bin lediglich in Sorge, das ist alles. Ihr seid ein wichtiger Mann, Fürst Stellan; ein enger Freund – und Verwandter – des Königs. Ich finde die Vorstellung beunruhigend, dass Ihr irgendwie damit befasst seid, den König zu täuschen – aus welchen Gründen auch immer. Ein Mann kann viele Schwächen haben. Und es gibt durchaus andere Beweggründe, seinen Lehnsherrn anzulügen, als den Hochverrat.«
Stellan spürte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich, und wusste, dass Declan Hawkes ein so deutlicher Hinweis nicht entgehen konnte. Wusste er alles? Über Jaxyn? Über die anderen vor ihm? Über die Scheinheirat mit Arkady? Hatte sie es ihm erzählt?
»Was genau wollt Ihr mir da zu verstehen geben, Master Hawkes?«
Der Erste Spion setzte zum Sprechen an, doch ehe er ein Wort sagen konnte, flog die Tür auf, und Arkady betrat den Raum. Stellan sprang erschrocken auf, gefolgt von Declan, der sich etwas gemächlicher erhob. Sie sah von der Reise schmuddelig und erschöpft aus. Ihr normalerweise perfekt frisiertes Haar war zu einem wirren Zopf geflochten, ihre Kleidung bespritzt mit etwas, das beunruhigend nach getrocknetem Blut aussah. Sie sah Declan nicht einmal an. Stattdessen stürzte sie zu ihrem Gemahl, warf sich ihm in die Arme und küsste ihn mitten auf den Mund.
»Oh, Stellan«, rief sie, nachdem sie ihm einen Kuss verpasst hatte, auf den jedes Märchenbuch-Liebespaar stolz gewesen wäre. »Ich hatte Angst, ich würde dich nie wiedersehen!«
Er drückte sie an sich, bückte auf und sah Jaxyn im Türrahmen stehen. Stellan lächelte beide an, hin und her gerissen zwischen Erleichterung und Verblüffung.
Jaxyn trat näher. Der junge Mann strahlte, offensichtlich hocherfreut, dass er bei dieser Wiedervereinigung behilflich sein konnte. Er blickte nachsichtig auf Stellan und Arkady und wandte sich dann an Declan Hawkes. »Ich liebe einen glücklichen Ausgang. Ihr nicht auch, Master Hawkes?«
»Mit Sicherheit, Lord Aranville«, pflichtete der Erste Spion ihm bei, aber er sah ein wenig verdutzt aus. »Ich bin froh, Euch gesund und wohlbehalten wiederzusehen, Arkady.«
»Das ist einzig und allein Jaxyns Verdienst«, flötete sie. Ihr Ton war so schwärmerisch und überschwänglich, dass jeder, der sie kannte, sofort merkte, dass sie eine Schau abzog – ein Umstand, der Stellan Sorgen bereitete, weil Declan sie gut kannte. »Er spürte uns bei einer verlassenen Mine in den Bergen auf und schaffte es, die Crasii zu befreien und den Flüchtigen durch einen Einsturz in eine Falle zu locken. Du musst Jaxyn für seine heldenhafte Tat belohnen, Liebster. Ich weiß nicht, was dieser Schuft mir noch angetan hätte, wenn ich länger seine Gefangene gewesen wäre.«
Stellan studierte ihr Gesicht und suchte nach Antworten, die er in Gegenwart von Declan Hawkes nicht bekommen würde, weil Arkady dafür viel zu klug war. »Dann hat er dir nichts getan?«
Sie lächelte; ein wahrhaftiges Lächeln, kein vorgetäuschtes. »So ist es, Stellan. Es geht mir gut.«
»Da ist Blut auf deinen Sachen …«
»Nicht meins, zum Glück. Es gab … Chelby wurde getötet.«
»Ich würde jeden Crasii opfern, den ich besitze, wenn es bedeutet, dich in Sicherheit zu wissen.« Er nahm sie wieder in den Arm und sah über ihre Schulter zu Jaxyn. »Ich danke Euch.«
»Keine Ursache«, sagte Jaxyn. »Glaubt mir, nichts hat mir mehr Freude gemacht, als diesen Wahnsinnigen aus dem Verkehr zu ziehen, der sich selbst unsterblicher Prinz nannte.«
»Und was war mit den Crasii?«, fragte Declan.
»Was?«, fragten Stellan und Jaxyn gleichzeitig.
»Lady Desean sagte, Ihr habt die Crasii befreit. Zunächst einmal, wie konnte dieser flüchtende Wagenschmied es schaffen, einen ganzen Trupp ausgebildeter Feliden außer Gefecht zu setzen?«
»Er hat ihnen erzählt, er sei ein Gezeitenfürst«, zwitscherte Arkady. »Wie ich schon vorhersagte, als ich diesen Mann das erste Mal verhört habe, Declan – die Nachricht, dass er den Galgen überlebt hat und zudem behauptet, ein Gezeitenfürst zu sein, hat nicht lange gebraucht, um bis zu den Crasii zu dringen. Hinzu kamen sein überzeugender Befehlston und ein listiger Gauklertrick mit einer Axt beim Gasthof, und in bemerkenswert kurzer Zeit hatte er sie alle schnurrend zu seinen Füßen liegen.« Sie drehte sich zu Stellan um und fügte hinzu: »Ich habe dich ja gewarnt, dass er
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