Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
weil die Gezeiten wechseln. Die Unsterblichen sind unter uns und werden bald ihre Kräfte zurückgewinnen. Dann ist die ganze Welt in Gefahr.«
»In Gefahr? In was für einer Gefahr?«
»Stellan, bitte, du musst mir glauben. Diese Unsterblichen … diese Gezeitenfürsten … sie sind Monster. Sie benutzen Vulkane als Waffen und spielen mit Menschenleben, wie du ein Brettspiel spielen würdest, und mit genauso wenig Mitgefühl für die Spielfiguren. Wir müssen etwas tun, bevor ihre Kräfte vollends zurückgekehrt sind.«
»Hörst du dir eigentlich selbst zu, Arkady?«, fragte er erstaunt. »Du sprichst von Unsterblichen und Gezeitenmagie und Dingen, die unmöglich wahr sein können, ganz gleich, wie sehr du daran glaubst.«
»Ich wünschte, es wäre nicht wahr«, sagte sie seufzend. »Aber das ist es, Stellan, und wir müssen langsam anfangen, uns Gedanken zu machen, wie wir dem begegnen.«
Er machte große Augen. »Dem begegnen? Ich sitze hier und überlege, ob ich dir ein Beruhigungsmittel verabreichen lasse, bis du wieder bei Verstand bist.«
Sie seufzte. »Ich habe befürchtet, dass deine Reaktion so ausfällt.«
»Warum kommst du mir dann mit einer derartig lächerlichen Geschichte?«, fragte er. »Arkady, wenn du diesen Mann liebst – das könnte ich noch verstehen. Ich mag davon nicht begeistert sein, deine Schwärmerei vielleicht auch nicht verstehen, aber ich könnte mich damit arrangieren. Mir ist klar, dass ich es nur mir selbst anlasten kann, dass du in seine Gewalt geraten bist, aber beleidige bitte nicht meine Intelligenz, indem du versuchst, mich mit Geschichten über Gezeitenmagie und Unsterbliche zu blenden.«
Sie lehnte sich im Stuhl nach vorn und hoffte inständig, dass sie vernünftig klang, befürchtete aber, dass genau das Gegenteil der Fall war. »Stellan, wenn ich es dir beweisen könnte, glaubst du nicht, dass ich das sofort getan hätte? Wenn es irgendeine andere Erklärung gäbe, ganz gleich wie unwahrscheinlich, glaubst du nicht, ich würde mit beiden Händen danach greifen und mich daran festklammern, als ginge es um mein Leben? Gezeiten noch mal! Wie hart habe ich dafür gearbeitet, als ernsthafte Historikerin anerkannt zu werden? Glaubst du, ich würde das auch nur einen Augenblick lang gefährden, wenn ich nicht wüsste, dass dies die bittere Wahrheit ist?«
Er ließ die Aufrichtigkeit ihrer Worte gelten, das konnte sie sehen, aber er glaubte ihr weiterhin nicht. Arkady konnte es ihm nicht verdenken. Cayal hatte sich erst drei Finger abschlagen müssen, ehe sie bereit gewesen war, die Wahrheit anzuerkennen, und selbst dann noch hatte sie beharrlich dagegen angekämpft.
»Wo sind sie denn?«
»Wo ist wer?«
»Die Unsterblichen, diese gefährlichen Gezeitenfürsten, über die ich mir Sorgen machen soll. Weißt du, wo sie sind?«
»Nein«, musste sie einräumen, obwohl sie wusste, dass es eine Schlange mitten unter ihnen gab. Nicht, dass es einen großen Unterschied machte. Selbst wenn sie kein Abkommen mit Jaxyn getroffen hätte, selbst wenn die Erinnerung, wie Chelby sich auf Jaxyns Weisung die Kehle durchschnitt, nicht so frisch in ihrer Erinnerung gewesen wäre – ihr Gemahl war durch seine Liebe zu Jaxyn zu blind, um die Wahrheit zu sehen. Wenn sie Jaxyn beschuldigte, ein Gezeitenfürst zu sein, würde Stellan prompt denken, dass sie das alles nur tat, um ihn loszuwerden.
»Also, Arkady, was für Maßnahmen schlägst du mir denn vor, um uns gegen diese bedrohlich heranrückende Gefahr zu verteidigen?«
Sie zuckte hilflos die Achseln. »Ich weiß es nicht.«
»Ach, so. Nun ja, aber du lässt es mich wissen, wenn du einen Plan ausgearbeitet hast, ja, meine Liebe?«
»Sei nicht so, Stellan.«
»Wie denn?«, fragte er barsch. So grimmig hatte sie ihn noch nie erlebt. »Ich musste Tilly Ponting bitten, dem König zu erzählen, dass du schwanger bist, Arkady. Sonst hätte er nie aufgehört, Fragen zu stellen. Dann musste ich zustimmen, dass meine siebzehn Jahre alte Nichte mit einem leichtsinnigen jungen Mann verlobt wird, von dem ich weiß, dass er ihr das Herz brechen wird, weil ich es mir nicht leisten konnte, einen Aufstand zu machen, solange meine Gemahlin in den Bergen herumzog, um sich mit einem Mörder zu vergnügen, den sie aus dem Kittchen geholt hat. Es tut mir also sehr leid, wenn meine Geduld und mein Verständnis langsam an ihre Grenzen stoßen, meine Liebe, aber man hat mir in letzter Zeit fürchterlich zugesetzt.«
Arkady hätte am liebsten geweint, als
Weitere Kostenlose Bücher