Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
ganz klar das Kommando, aber er sprach wie keiner, dem Warlock vorher begegnet war. Vielleicht abgesehen von Shalimar. »Ich verstehe nicht.«
»Dann komm mit mir«, beharrte der Mann. »Es wird nicht lange dauern, dann verstehst du nur zu gut, was ich von dir will.«
»Du hast mit Cayal gesprochen«, sagte der Mann, als die Einführung beendet war.
Zu Warlocks nicht enden wollender Überraschung waren sie nicht in eine Verhörzelle gebracht worden, sondern ins Amtszimmer des Kommandanten der Wache. Sie waren allein, der Kommandant war angewiesen worden, den Raum zu verlassen. Der war vollgestopft, muffig und eng, aber doch ein Palast im Vergleich zu der Folterkammer, die Warlock erwartet hatte. Der Mann hatte sich als Declan Hawkes vorgestellt. Er arbeitete für den König, aber er hatte es wohlweislich unterlassen, genauer zu erklären, was er im Dienste des Königs tat.
Was auch immer es war, es verlieh ihm die Autorität, den Kommandanten kurzerhand aus seiner Amtsstube zu schicken.
»Entschuldigt, wie bitte?«, fragte Warlock, nicht sicher, ob er den Mann richtig verstanden hatte.
»Cayal«, wiederholte Declan Hawkes. »Der unsterbliche Prinz. Du hast bis vor Kurzem einen Zellenblock mit ihm geteilt.«
Warlock war erstaunt. »Weiß denn jetzt jeder von den Gezeitenfürsten?«
»Jeder weiß von ihnen«, stimmte Hawkes zu und lehnte sich im Stuhl des Kommandanten zurück. »Es gibt aber nur wenige von uns, die verstehen, dass sie eine wirklich existierende Bedrohung sind. Ich nehme an, mein Freund, du würdest ihn wiedererkennen, wenn du ihm erneut begegnest?«
Warlock nickte bedächtig und warf einen Blick auf Boots. Wie mochte sie auf diese überraschende Entwicklung reagieren? Sie saß nur mit verschränkten Armen da und blickte Hawkes finster an, wahrscheinlich mit der Frage beschäftigt, ob man sie in den Palast zurückschicken würde.
»Jeder Crasii kann Euch sagen, wer er ist, wenn er ihm begegnet«, erklärte Warlock. »Wir nehmen den Suzerain ebenso wahr, wie Ihr den Unterschied zwischen frischer und saurer Milch riecht.«
»Ja, das weiß ich. Aber wie viele von ihnen können einfach weggehen, wenn er ihnen befiehlt zu bleiben?«
Warlock runzelte die Stirn. »Ihr habt mit Shalimar gesprochen.«
»Toll, Hofhund!«, stieß Boots hervor und boxte ihn auf den Arm. »Erzähl ihm alles von Shalimar. Warum nennst du ihm nicht auch noch jeden Streuner im Zwinger, wenn du schon dabei bist. Gib der Wache doch mal etwas Sinnvolles zu tun!«
Hawkes beobachtete die beiden kopfschüttelnd. Er schien sich zu amüsieren. »Glaubt ihr wirklich, ein Mann wie Shalimar könnte in einer Stadt von der Größe Lebecs schalten und walten, ohne dass wir von ihm wissen? Gezeiten, ich hielt die Caniden bisher für intelligenter.«
»Er ist Euer Agent«, schlussfolgerte Warlock und begegnete unerschrocken Hawkes’ Blick. »Darum lebt er auch so gut.«
Hawkes machte sich nicht die Mühe, diese Anschuldigung zu bestreiten. Das überraschte Warlock nicht, aber Boots erregte es sichtlich.
»Das glaube ich nicht! Shalimar ist unser Freund. Er würde die Crasii niemals verraten.«
»Das hat er auch nicht«, versicherte ihr Hawkes. »Das ist nicht seine Aufgabe.«
»Was ist dann seine Aufgabe?«, hakte Warlock nach. »Das Vertrauen entlaufener Sklaven zu erschleichen und sie dann ahnungslos zurück in die Arme ihrer Herren zu schicken, während sie annehmen, in die Freiheit zu entkommen?«
Declan Hawkes lächelte. »Wohl kaum.«
»Das Verborgene Tal ist nur ein Mythos, nicht wahr?«, hielt ihm Warlock vor. »Es ist ein Märchen, um die Argwöhnischen in falscher Sicherheit zu wiegen.«
»Im Gegenteil, das Verborgene Tal gibt es wirklich«, stellte Hawkes richtig. »Und genau wie die Legenden berichten, ist es voller Arks. Echten Arks, wohlgemerkt, nicht nach der menschlichen Definition, die auf das Gleiche wie entlaufene Sklaven hinausläuft. Nein, dort gibt es ausschließlich Crasii, die sich den Herrschern der Gezeiten widersetzen können. Lady Desean hat mir versichert, dass du einer von ihnen bist, Warlock Der einzige Grund dafür, dass deine kleine Freundin noch nicht in Ketten unterwegs zurück in den Palast ist, liegt darin, dass sie Jaxyn trotzte, ehe sie die Felide tötete und vom Palastgelände floh. Das rechtfertigt eine hohe Wette darauf, dass auch sie eine waschechte Ark ist. Das macht euch beide wertvoller, als euch klar ist.«
»Inwiefern wertvoll?« Warlock war immer noch nicht sicher, ob er hier
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