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Falltür - bitte klopfen

Falltür - bitte klopfen

Titel: Falltür - bitte klopfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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war kein Stern, der leuchtete! Eine
leichte Brise raschelte im Gebüsch, und es kam mir vor, als wisperten da
tausend Hexen in tückischer Vorfreude auf Bakers nahes Ende.
    Zwei warme gelbe Lichtbündel
fielen aus dem zweiten Stockwerk, und eins davon endete teilweise im Geäst
eines Baumes. Ein Baum? Meine Knie klapperten noch ein bißchen Flamenco, und
zwecks Ablenkung konzentrierte ich meine Gedanken auf Boris, der betrunken in
seinem Bett lag, und auf Wanda, die in Sicherheit oben am Fenster lehnte und
auf den Klang meiner beruhigenden Stimme wartete. Ich brauchte nichts weiter zu
tun, als noch etwa sieben Meter weiterzugehen, bis ich direkt unter ihrem Fenster
stand — das war das ohne Baum —, und schon konnte ich den Helden spielen. Im
Handumdrehen war ich anschließend wieder im Haus, ebenso schnell die Treppen
hinauf, um meine Belohnung einzuheimsen... Nichts weiter war dazu nötig, als
acht oder neun Schritte weiterzuschleichen. Nur acht, redete ich meinen
plötzlich wie gelähmten Beinen ein. Na, wie wär’s mit noch einem Schrittchen?
Seht ihr? Das war doch gar nicht so schwer. Wie wär’s mit dem nächsten? Zwei...
na, und? Nichts geschehen! Drei... vier... Aua!
    Von meinem Schrei war freilich
nichts zu hören, weil er mir nämlich im Hals steckenblieb, dort von dem Arm
festgehalten, der sich wie eine Eisenklammer vor meine Kehle legte. Meine Füße
scharrten vergebens am Boden herum, während ich seitwärts ins Gebüsch geschleift
wurde. Dann lockerte sich der Griff ein ganz klein wenig.
    »Keinen Ton!« drohte eine
Flüsterstimme an meinem Ohr. »Paß ja auf!«
    Aufpassen? dachte ich
verzweifelt. Zum Teufel! Er konnte meine Brieftasche kriegen, das Wechselgeld
dazu und meinetwegen auch das ganze Jackett — wenn er bloß aufhörte, mir die
Luft derart zu rationieren.
    Und dann vernahm ich ein fernes
leises Geräusch, das mir sämtliche Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Im
Parterre wurde Licht eingeschaltet, und eine riesige Gestalt zeichnete sich
silhouettenhaft vor dem hellen Fenster ab, als sie an uns vorüberschritt — und
dabei einen leblosen Körper hinter sich herzog. Ich erhaschte einen flüchtigen
Blick auf ein melancholisches Gesicht und eine kahlrasierte Glatze, dann
entschwand der Riese wieder in der Dunkelheit. Ich hatte aber auch einen
schnellen Blick auf den Bewußtlosen werfen können, den er hinter sich
herschleifte; das graue Haar und der militärische Schnurrbart genügten, um ihn
zu identifizieren, jedenfalls zweifellos für mich: es handelte sich um meinen
augenblicklichen Gastgeber, den Aluminiumkonzernherrn Eugene Westcott.
    Der Arm um meinen Hals
verstärkte seinen Druck mit ungemeiner Kraft, und die Stimme flüsterte: »Halten
Sie sich da raus, wenn Sie am Leben bleiben wollen, Baker.« Das helle
Parterrefenster drehte sich plötzlich in wildem Wirbel und explodierte dann
seltsamerweise zu einer gewaltigen Wolke aus undurchdringlicher Finsternis.
     
     
     

4
     
    Jemand hatte das Licht im Erdgeschoß
wieder ausgeschaltet. Das entdeckte ich, als ich mich langsam aufsetzte und
mich fragte, ob mein Hals wohl jemals wieder der alte würde. Der Würger war
offensichtlich verschwunden, während ich bewußtlos gewesen war, und im
Augenblick leisteten mir nur die raschelnden Hexen im Gebüsch Gesellschaft. Ich
stolperte auf meine Füße und zurück zur Haustür, klaubte mein
Zigarettenpäckchen auf und schloß die Tür. Nur unbeugsamer Willenskraft und der
lebhaften Erinnerung an bebende Oberweiten war es zu danken, daß ich die Treppe
hochkam. Ich pochte sanft an Wandas Zimmertür und wartete, wobei ich meine
Muskeln schon probeweise spielen ließ. Die Tür öffnete sich ruckartig; ich
gewann den flüchtigen Eindruck eines Tornados aus Wut und roten Haaren, der
über mich hinwegfegte — und dann riß mir eine gewaltige Ohrfeige fast den Kopf
von den Schultern.
    »Wag ja nicht, noch einmal mit
mir zu reden, du betrunkenes Windei!« zischte sie, und dann schlug sie mir
wieder die Tür vor der Nase zu.
    Nicht nachdenken, nur sich
irgendwohin verkriechen und in Ruhe sterben, ging es mir durch den Kopf,
derweil er zusammen mit meinem mißhandelten Körper den Rückweg in mein Zimmer
suchte. Da draußen ging der Geist aus Tausendundeiner Nacht um und zerrte die
Leiche seines früheren Arbeitgebers hinter sich her, da drinnen überfiel mich
die rothaarige Furie aus der 44sten Straße — es blieb mir offenbar nur noch
eins: meine Tür fest verrammeln und beten, ich möge den Rest

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