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Falltür - bitte klopfen

Falltür - bitte klopfen

Titel: Falltür - bitte klopfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Sie
denn?« fragte ich — aber dann sagte ich mir, allzu hart dürfe ich mit ihr wohl
nicht umspringen. »Ich will sagen, natürlich war es Emile.«
    »Haben Sie getrunken?« fragte
sie mißtrauisch. »Oder wollen Sie vielleicht meiner Herausforderung ausweichen,
indem Sie Halluzinationen heucheln?«
    »Ich habe nichts getrunken«,
grollte ich. »Und ich spiele auch nicht verrückt. Ich erzähle Ihnen nur die
lautere Wahrheit. Ich war draußen, und jemand hat mich von hinten am Hals
gekriegt und ins Gebüsch gezerrt. Dann sah ich Emile vorbeigehen — und er hat
die Leiche Ihres Mannes hinter sich hergezogen.«
    Martha kicherte plötzlich. »Es
klingt lustig, was Sie da erzählen, wirklich. Ich nehme an, durch diese
wahrhaft fruchtbare Phantasie sind Sie erst zur Schriftstellerei gekommen, hm?«
    »Ich scherze nicht!«
    »Nun hören Sie mal zu«,
schimpfte sie. »In diesem Augenblick liegt Eugene brav in seinem Bett und
träumt von einem glücklichen neuen Tag, angefüllt mit lauter
gesundheitsdienlichen Leckerbissen wie Avocadokuchen.«
    »Woher wollen Sie denn das
wissen?« knurrte ich. »Haben Sie sich heimlich aus dem Bett geschlichen und ihn
dort schlafend zurückgelassen?«
    »Ich weiß, daß er vor einer
halben Stunde zu Bett gegangen ist«, erklärte sie barsch. »Es geht Sie zwar
nichts an, aber zufälligerweise haben wir getrennte Schlafzimmer. Und Sie
können Ihre Uhr nach Eugenes Gewohnheiten stellen. Jeden Abend geht er um elf
schlafen, und nach zehn Minuten schnarcht er wie ein Bär. Nur in gesunden
Körpern gibt es gesunde Seelen — erinnern Sie sich? Ein gesunder Körper jedoch
benötigt täglich mindestens acht Stunden Schlaf...«
    Ein gewaltiges Donnern an der
Tür unterbrach sie mitten im Satz.
    »Wer, zum Henker, ist denn
das?« fragten wir beide unisono.
    Wer es auch war, er besaß
keinerlei Geduld. Nur zwei Sekunden war es still, dann donnerte es erneut.
Martha erhob sich rasch vom Bett, und das Nachthemd fiel ihr wieder bis zu den
Knöcheln hinab. Es wäre eine Streitfrage gewesen, ob sie nun mehr oder weniger
ausgezogen wirkte als zuvor.
    »Na, so unternehmen Sie doch
was!« sagte sie erregt. »Gleich wird man die Tür einschlagen.«
    »Warum machen Sie denn nicht
auf?« fragte ich hoffnungsvoll. »Auf diese Weise bleibt mir Zeit genug, aus dem
Fenster zu springen.«
    »Feigling!« Sie schnaubte
verächtlich, dann ging sie hin und öffnete die Tür weit.
    Das blutrünstigste Ungeheuer,
das ich je gesehen hatte — inklusive aller Figuren aus Frankenstein — stürmte
ins Zimmer, als sei der »Tag der Blutbäder« angebrochen und er wolle seine
Wanne als erster gefüllt haben.
    »Ha!« dröhnte er. »Wie ich es
vermutet habe! Ich dachte es mir gleich, daß ich euch beide zusammen erwischen
würde, sobald ihr glaubtet, ich schlafe!«
    »Sei nicht albern, Eugene«,
sagte Martha nervös. »Ich bin nur zufällig...«
    »Erspare mir deine kindischen
Lügen!« brüllte er. »Da finde ich dich praktisch unbekleidet im Zimmer eines
anderen Mannes, mitten in der Nacht — daraus könnte selbst der dümmste und
vertrauensseligste Ehemann doch wohl nur einen Schluß ziehen!« Sein irrer Blick
schwenkte von seiner Frau zu mir herum.
    »Sie!« schnarrte er. »Was, zum
Teufel, haben wohl Sie zu Ihrer Verteidigung vorzubringen, Baker?«
    »Es wird Sie wahrscheinlich
einigermaßen überraschen, Westcott«, sagte ich besänftigend, »aber Sie sind
tot.«
    »Was?«
    »Und ich finde es gar nicht
nett von Emile, daß er Sie in so ein blutdürstiges Ungeheuer von einem Geist
verwandelt hat«, erklärte ich bestimmt. »Ich habe keine Ahnung, welchen Zauber
Ihr Hexenmeister angewandt hat, um Ihren Körper wieder zum Funktionieren zu
bringen, aber Sie können ihm von mir bestellen, daß es nicht lange gutgehen
wird!«
    Der Mund des Geistes öffnete
und schloß sich ein paarmal, ohne daß dabei ein Wort herausgekommen wäre, und
ich folgerte daraus, daß Emile zeitweilig etwas durcheinandergeraten war, weil
ich ihm so geschwind auf seine Hexenmeisterei gekommen war. Dann blickte der
wandelnde Leichnam wieder seine Witwe an, und die Augen fielen ihm dabei fast
aus dem Kopf.
    »Soll das ein surrealistischer
Irrenwitz sein?« keuchte er. »Oder ist Baker wirklich verrückt?«
    »Ich weiß nicht mehr als du
auch«, sagte Martha betrübt. »Seit ich hier bin, redet er solches Zeug. Er
behauptet, Emile gesehen zu haben, wie er deine Leiche hinter sich
hergeschleift habe. Ich habe ihm schon klarzumachen versucht, daß

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