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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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kostenlose Ausbildung der weniger bemittelten. Mit einem nur geringen Zuschuss konnte sich so die Schule die besten und talentiertesten Lehrer leisten, eine eigene medizinische Abteilung, Psychologen und Betreuer, selbst einen Spitzenkoch, der aus der Gastronomie kam und für eine gesunde und ausgewogene Ernährung sorgte.
    Dementsprechend lang waren die Wartelisten für jene Kinder, die aus Platzmangel nicht aufgenommen werden konnten. Was einerseits traurig für betroffene Eltern war, andererseits den makellosen Ruf der Schule in St. Chrischona noch weiter festigte.
    Bernadette Bornheim saß auf einer etwas abseits gelegenen Bank im Halbschatten und blätterte in einem Buch über die Region Basel und Umgebung. Die grenznahe Lage der Stadt machte Ausflüge in das Elsass oder in den Freiburger Raum zu einem Tagestrip. Bernadette bedauerte wieder einmal, ihren Wagen in München gelassen zu haben, und beruhigte sich damit, dass ja bald Chris zu einem Kurzurlaub auftauchen würde – mit Porsche. Das war auch einer der Gründe, warum sie das Buch las. Sie schwankte zwischen den Schweizer Alpen und dem Elsass als Reiseziel für den gemeinsamen Kurzurlaub.
    Und überhaupt – Christopher …
    Sie legte das Buch zur Seite. Die Sonne wärmte sie, und Bernadette schloss lächelnd die Augen. Christopher war – anders. Er war nicht hinter ihrem Geld her, weit davon entfernt. Wahrscheinlich dachte er nicht einmal daran, dass die Bornheims eine der reichsten Familien Deutschlands waren, gestand sich Bernadette ein. Weil er es nicht wusste …? Gut so, sagte sie sich, und so sollte es auch so lange wie nur möglich bleiben. Ihre letzten Beziehungen waren an der Habgier gescheitert, an den Zahlen in den Augen ihrer Verehrer. Eine allerdings auch an der kategorischen Opposition ihrer Eltern. Wenn sie so zurückschaute, dann war ihr Beziehungskarussell der letzten Jahre eher eine Ansammlung von Pleiten, Pech und Pannen. Männer, die sich Aufstieg und Macht versprachen, andere wieder, die Einfluss zu vermehren suchten oder mit einer reichen Erbin an ihrem Arm für die Klatschmagazine posieren wollten.
    So war Bernadette vorsichtig geworden, noch zurückhaltender und selektiver, als sie es sowieso schon seit ihrer Kindheit gewesen war. Lieber allein glücklich als zu zweit frustriert, das wurde ihr Wahlspruch nach einige Affären und One-Night-Stands, gescheiterten Liebschaften und wütenden Auseinandersetzungen, bei denen mehr Geschirr zerschlagen worden war, als die Beziehungen ihr anfangs an Befriedigung gebracht hatten.
    Aber Christopher … Bernadette musste lächeln, als sie an den manchmal so naiv wirkenden Studenten dachte. Sie konnte ja noch verstehen, dass man für wenig Geld Schicht arbeitete, um sich das Studium zu finanzieren. Tausende Studenten hatten nicht das Glück, zahlungskräftige Eltern zu haben, und mussten oft zwei Jobs annehmen, um überleben zu können. Aber wie um alles in der Welt konnte man nur in einem alten VW -Bus in der untersten Etage einer Tiefgarage leben?
    Als sie das Buch wieder aufschlug, irgendwo, auf gut Glück, stach ihr das Bild einer prachtvollen romanischen Kathedrale ins Auge, die von einem Meer aus Blumen umgeben war. Der Text unter dem Foto klang vielversprechend: »Rosheim ist ›la Cité Romane‹, die romanische Stadt. Die romantische, wunderschöne alte Winzerstadt an der Route du Vin, der elsässischen Weinstraße, bietet mit ihren mittelalterlichen Mauern und Tortürmen, den restaurierten Fachwerkhäusern alles, was man für ein entspannendes Wochenende oder einen Kurzurlaub braucht. Wenige Kilometer von Straßburg entfernt, laden Winzer, Cafés und Restaurants zum Verweilen und zu Spaziergängen durch die alte Stadt ein.«
    »Bingo!«, murmelte Bernadette. »Da fahren wir hin. Und dann, dann sehen wir weiter …« Insgeheim hoffte sie, dass aus dem romantischen Wochenende mehr werden würde.
    Bist du vielleicht verliebt?, fragte sie sich.
    Ein Schatten fiel auf die Buchseiten mit den Hochglanzfotos, und Bernadette blickte auf. Vor ihr stand Direktor Professor Dr. Dr. Pierre Grasset, der seit zwei Jahren das Institut leitete und selbst als Schattenriss gegen die Sonne leicht zu erkennen war. Er hätte als etwas schlankerer Bruder des King of Queens durchgehen können.
    Der joviale, stets gutgelaunte Grasset stammte aus Frankreich, hatte vor einer Woche seinen fünfzigsten Geburtstag gefeiert und war einer der brillantesten Köpfe, denen Bernadette jemals begegnet war. Mit

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