Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
Vom Netzwerk:
während er die Müsliflocken in eine kleine Schüssel schaufelte und die kalte Milch drübergoss. Schließlich griff er nach einer Banane, und während er sie schälte, sah er mit einem Auge auf den Fernsehmonitor.
    Stumme Nachrichten.
    Eurokrise, Griechenland, Flucht in die Rohstoffe. Frauenfußball- WM . Llewellyn verzog das Gesicht und entschied sich noch für einen Apfel.
    Trümmer, Großaufnahme eines völlig zerstörten Wracks, das einmal ein Auto gewesen sein musste. Darunter eine Laufschrift: »Gewaltige Explosion am Rio Negro«. Dann das übliche Interview mit dem örtlichen Polizeichef. Llewellyn musste lächeln, als er die frisch gekämmten und geölten Haare des Mittvierzigers sah. Er suchte nach einem Messer und begann die Banane in Scheiben zu schneiden, schaute zu, wie die gelbweißen Kreise in der Milch versanken.
    Als er wieder auf den Flatscreen blickte, wurde eine europäisch aussehende Frau Mitte dreißig interviewt. Hübsch, schwarze Haare, verweinte Augen. Llewellyn stutzte.
    Er hatte die Frau schon einmal gesehen!
    Aber wo?
    Doch da war das Interview auch schon zu Ende, und der Kameramann machte einen Schwenk über die Stadt.
    »São Gabriel da Cachoeira, Brasilien«, wurde eingeblendet, gefolgt von einem Foto eines altertümlich aussehenden Wasserflugzeugs. Der Major erkannte die charakteristischen Linien sofort. Eine Grumman Albatross.
    Aber was hatte sie damit zu tun?
    Er suchte nach der Fernsteuerung, um die Lautstärke hinaufzuregeln, fand sie endlich auf einem der Nebentische und musste feststellen, dass der Bericht vorüber war und die spanisch synchronisierte Version der »Schrecklich netten Familie« wieder begonnen hatte.
    Also schnetzelte er den Apfel klein und ließ den Bericht noch einmal vor seinem geistigen Auge Revue passieren, während er auf seinen Platz zurückging.
    Ein Wasserflugzeug. Das perfekte Transportmittel im Amazonas-Gebiet.
    Die Explosion. War die Albatross auf die Stadt gestürzt und danach explodiert?
    Das Interview. Es bereitete ihm das meiste Kopfzerbrechen. Eine Augenzeugin?
    Die junge Frau mit den verweinten Augen … Er hatte sie gesehen, vor gar nicht langer Zeit. Sie war ihm aufgefallen, weil sie ihn direkt angeblickt hatte.
    Llewellyn ließ sich auf den Stuhl sinken. Sie war in Gesellschaft gewesen, daran erinnerte er sich noch …
    Ja! Mit einem Mal fiel es ihm wieder ein. Der Speisesaal, hier im Hotel! Die Frau war in Medellín gewesen, vor zwei Tagen noch … Nun stand sie am Ufer des Rio Negro, Zeugin oder Betroffene eines Unfalls?
    Die Gedanken Llewellyns überschlugen sich. Wasserflugzeug … heute in Brasilien … dann hätte sie gestern abreisen müssen … am Tag des Verschwindens von Böttcher.
    Alles nur Zufall? Ein Zusammentreffen von Ereignissen?
    Der Major schnappte seine Schlüsselkarte und eilte zu den Aufzügen.
    Das Mädchen an der Rezeption hatte noch immer oder schon wieder Dienst. Sie lächelte ihm etwas müde entgegen.
    Llewellyn zog einen Fünfzig-Pesos-Schein aus der Tasche und schob ihn ihr diskret zu. »Ich brauche zwei Dinge von Ihnen: die Telefonnummer von Caracol- TV und eine Auskunft. Gestern ist ein Gast dieses Hauses, eine junge Frau aus Brasilien, abgereist. Wahrscheinlich lebt sie in São Gabriel da Cachoeira. Könnten Sie mir ihren Namen verraten? Ich glaube nämlich, ich habe sie gerade im Fernsehen gesehen, sie wurde interviewt anlässlich eines Unglücks, und ich wollte nur sichergehen.«
    Die Rezeptionistin sah sich erst verstohlen um und warf Llewellyn dann einen verschwörerischen Blick zu. »Sie wissen, Señor, dass dies eigentlich streng verboten ist …«
    Der Major winkte ab. »Es wird niemand erfahren, und es ist ja nur ein Name.«
    »Wie alt ist die Dame etwa?« Die Hotelangestellte blätterte bereits in ihren Listen. »Wir hatten gestern mehrere Abreisen von brasilianischen Gästen … nein, warten Sie, hier, das muss sie sein. São Gabriel da Cachoeira, kein Zweifel.« Sie griff nach einem kleinen Stück Papier und notierte etwas. Dann suchte sie kurz im Internet und fand die passende Nummer. Schließlich schob sie Llewellyn das Papier zu: »Caracol- TV : +57 (0)16 43 04 30« und »Fiona Klausner« stand auf dem kleinen Blatt.
    »Wollen Sie gleich anrufen?«, erkundigte sich die Rezeptionistin hilfsbereit und wies auf ein Telefon am Ende der Halle. »Von dem Apparat da drüben können Sie Inlandsgespräche kostenlos führen.«
    »Gracias, Señorita«, nickte der Major, steckte das Blatt Papier ein

Weitere Kostenlose Bücher