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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Metall. Der Wagen riss einen Zaun um und landete schließlich am Fuß eines Strommastes, der von der Druckwelle der Explosion gekappt wurde. Die Krone mit den Isolatoren und den Drähten knickte weg, stürzte auf das Wrack des Geländewagens, und in einem Funkenregen sprang der Strom über, bevor es in der halben Stadt einen riesigen Kurzschluss gab.
    »Was war das?« Finch fuhr hoch und horchte.
    »Ich habe keine Ahnung«, murmelte Fiona verschlafen. »Du hast vielleicht geträumt.«
    »Nein, ganz sicher nicht«, antwortete er und sprang aus dem Bett. »Das klang nach einer Explosion …« Finch riss die Tür auf und stürzte auf die Terrasse. Eine riesige Rauchfahne stand über der Bucht, in der die Albatross vertäut lag. Von irgendwoher ertönten die ersten Sirenen.
    »Scheiße«, entfuhr es dem Piloten, und er schlug mit der Faust auf das Metallgeländer, »verdammte Scheiße!«
    Fiona stand plötzlich neben ihm, ein Bettlaken umgeschlungen. »Was …?«
    »Sie haben die Albatross gesprengt«, flüsterte Finch geschockt. Die ersten Blaulichter der Einsatzwagen von Feuerwehr und Rettung leuchteten in den Straßen auf. »Diese Schweine haben herausgefunden, wohin wir geflogen sind. Los, zieh dich an. Wir müssen hin!«
    Die Reste der Albatross lagen über mehr als hundert Meter verstreut. Als die Rettungs- und Feuerwehrmannschaften des kleinen Ortes wenige Minuten später am Explosionsort eintrafen, wurde rasch klar, dass in dem Wrack des schwarzen Geländewagens niemand überlebt hatte. Die Polizei sperrte die Straße ab, und so wurde der Hummer von Fiona bereits an der Abzweigung von der Hauptstraße aufgehalten.
    »Hier können Sie leider nicht durch«, meinte ein junger Polizist energisch und salutierte. Dann stutzte er, erkannte Finch auf dem Beifahrersitz und beugte sich vor. » Hola John, was machst du hier?«
    »Ich befürchte, es war meine Albatross, die da in die Luft flog«, gab Finch düster zurück. »Lässt du uns durch?«
    »Ach, du heilige …«, setzte der Polizist an, dann löste er rasch das Absperrungsband und winkte den Hummer vorbei.
    Je weiter sie fuhren, umso klarer wurde es Finch, dass die Albatross das Ziel des Anschlags gewesen war. Trümmer lagen überall, Fetzen der Außenhaut und Teile des Leitwerks hingen in den Bäumen. Auf dem nahen Wasser trieben Öllachen und Landkarten, eine halbe gelbe Schwimmweste und zerfetzte Sitzkissen.
    Plötzlich grub sich die Hand von Fiona in seinen Unterarm. Die junge Frau war leichenblass und starrte auf einen Haufen Blech, um den sich die Uniformierten bemühten. Die schwarze Hecktür des Landrovers war das einzige noch deutlich erkennbare Teil. Sie lag etwas weiter entfernt, verbeult, zerkratzt und ohne Scheibe, aber das Kennzeichen hing noch an seiner Stelle.
    »Oh, nein«, stöhnte sie. »Großvater …«

Institut Peterhof,
St. Chrischona, Basel/Schweiz
    Der Schulhof hinter dem neugebauten Komplex mit seinen großen Fenstern und freundlichen Farben hallte wider vom Rufen und Schreien der Kinder. Das schöne Wetter, die sommerlichen Temperaturen und der tiefblaue Himmel hatten selbst die Pausenmuffel hinaus ins Freie gelockt. Jetzt flogen Bälle und Frisbeescheiben durch die Luft, wurde Fangen gespielt, Basketball und in Gruppen diskutiert. Ein paar Betreuer saßen abseits, genossen die Sonne oder lasen. Alles sah völlig normal aus. Eine Schule wie viele andere auch.
    Aber das täuschte.
    Das Institut Peterhof, von Samuel Kronstein gegründet und von seiner Stiftung verwaltet, hatte sich in fast hundert Jahren einen hervorragenden Namen in der Ausbildung behinderter Kinder und Jugendlicher gemacht. Während man bei den Lehrplänen so flexibel wie möglich blieb und versuchte, auf jedes Kind einzugehen und ihm zu einem Lernerfolg zu verhelfen, lag es den Lehrern und Betreuern am Herzen, den übrigen Tagesablauf so zu gestalten, als handle es ich bei den Schülern und Schülerinnen um ganz normale Kinder. Dieses Konzept und der Erfolg hatten das Institut, das sowohl als Ganztagsschule wie auch als Internat geführt wurde, weit über die Grenzen der Schweiz bekannt gemacht. So waren nach und nach in St. Chrischona behinderte Kinder aus ganz Europa eingetroffen. Manche aus wohlhabenden Familien, manche aus ärmlichen Schichten. Getreu dem Konzept und der Maxime des Schulgründers wurden alle gleich behandelt.
    Doch nicht nur das.
    Während die bessergestellten Eltern für die Ausbildung ihrer Kinder bezahlten, unterstützten sie damit die

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