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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Schicksal der riesigen Echsen besiegelte.« Compton nahm einen Schluck Whisky und sah Llewellyn nachdenklich an. »Eine Taktik der Natur? Ein Zufall? Bestimmung? Wird einer dieser Kometen eines Tages auch unser Ende bedeuten? Wie auch immer. Es war effektiv. Ohne den Tod der Dinosaurier hätte es uns Menschen nicht gegeben. Die Geheimdienste wenden manchmal ähnliche Strategien an. Man nimmt nicht nur ein gewisses Risiko in Kauf, man hofft sogar, dass es eintritt.«
    »Geht das konkreter?«, fragte Llewellyn nach.
    »Ich schicke jemanden auf einen Einsatz, von dem ich von vornherein weiß, dass die Wahrscheinlichkeit, die Aufgabe zu lösen, gegen null tendiert.« Compton betrachtete den Inhalt seines Whisky-Glases wie die Kristallkugel einer Wahrsagerin. »Haben sie dir gesagt, dass diese alte Geschichte nur von jemandem gelöst werden kann, der Erfahrungen aus jener Zeit mitbringt, als Europa aus den Trümmern wiedererstand und wir uns mitten im Kalten Krieg befanden? Unsinn! Schau den Tatsachen ins Auge. Du warst zu lange bei diesem Verein, du hast zu viel gesehen und zu oft die Drecksarbeit erledigt. Die Zeiten, als der Ostblock unser Feind war, sind vorbei. Wir kaufen jetzt Gas und Erdöl von ihnen und applaudieren Putin, wie er mit nacktem Oberkörper in eiskalten russischen Seen badet oder gemeinsam mit Mr. Bunga-Bunga minderjährigen italienischen Callgirls zulächelt. Von den ehemaligen Sowjetrepubliken, die laut nach Unabhängigkeit geschrien haben und von uns nach Kräften unterstützt wurden, hört man überhaupt nichts mehr, die meisten haben nicht einmal eine funktionierende eigene Währung auf den Weg gebracht. Sie sind in der Bedeutungslosigkeit versunken, und wir haben auf das falsche Pferd gesetzt, wie so oft.«
    Der Geheimdienstchef leerte sein Glas und stellte es auf den Kaminsims. »Also haben sie gedacht, mal sehen, was dabei herauskommt, wenn wir den Alten auf die Reise schicken, und seine Truppe soll er gleich mitnehmen. Kommt er erfolgreich zurück, dann haben wir ein Problem weniger, kommt er nicht zurück, dann haben wir auch nichts verloren.«
    Llewellyn runzelte die Stirn und schwieg.
    »Du bist ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten, als es noch Schwarzweiß gab und nicht ein Einheitsgrau, das bei Bedarf durch die rosa Brille betrachtet wird. Wir reden uns die Welt schön, aber sie ist es nicht. Die Krisenherde sind in den letzten zwanzig Jahren nicht weniger, sondern mehr geworden. Oder kannst du dich an einen ausländischen Anschlag vor dem 9. 11. in den USA erinnern? Ich nicht. Das Gleichgewicht der Mächte ist durch ein gefährliches Ungleichgewicht der Mittel ersetzt worden.«
    Compton versenkte beide Hände in den Taschen seines Morgenmantels und fixierte Llewellyn. »Du möchtest Antworten? Kein Problem. Es gibt Überbleibsel aus der Zeit des Dritten Reiches, noch heute, und das weißt du genauso gut wie ich. Kulturgut, das noch immer nicht rückerstattet wurde, verschwundene Archive, mysteriöse und brisante Technik, Wissenschaftler, die in den Monaten nach dem Mai 1945 die Seiten wählten oder wählen mussten und von denen wir bis heute nie wieder etwas gehört haben. Verschollenes Gold der verschiedensten Staaten, gut gefüllte Kriegskassen einiger Armeen, die niemals wiederauftauchten, Transporte, die im Nirgendwo endeten, riesige Werte, wichtige Dokumente … Die Liste ließe sich lange weiterführen.«
    »Und England hatte das Problem der Pfundnoten«, warf Llewellyn ein.
    Compton nickte. »Richtig, aber eigentlich nicht das Problem der Banknoten allein. Wie du weißt, hat sich die Bank of England dazu verpflichtet, jede jemals herausgegebene Pfundnote gegen aktuelle Werte umzutauschen, egal, wie alt sie ist. Diese Verpflichtung gilt heute immer noch. Nimm ein Paket Noten aus dem Jahre 1780 oder 1939, steck sie in ein Kuvert, fülle den Antrag aus und schicke sie per Post in die Threadneedle Street. Du musst nicht einmal persönlich da erscheinen. Die neuen Scheine kommen postwendend. Lobenswert, wir sind schließlich Briten und stehen zu unserem Wort.« Der Geheimdienstchef zog amüsiert die Augenbrauen hoch. »Schlecht nur, wenn der Feind die Banknoten fälscht und dann gleich so gut, dass man die falschen nicht von den echten unterscheiden kann. In diesem Fall haben wir ein gewisses Problem. Doch das wird mit der Zeit auch kleiner, denn der Zerfall arbeitet für uns. Papier verrottet. In den letzten zwanzig Jahren sind keine Noten aus der Kriegszeit mehr bei der

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