Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
Vom Netzwerk:
alte Mann, »ja, das könnte passen. Es war ein ziemlich großer Raum, dessen Decke von Pfeilern getragen wurde, aber fragen Sie mich nicht, wie vielen. Und dann war da noch etwas … Alle Brauereien, die etwas auf sich hielten und ihre Kunden behalten wollten, unterstützen die Gastwirte oder Hotels mit Zuschüssen. Manchmal mit Warenleistungen, oft mit Geld oder kostenlosen Schankanlagen. Im Falle des Bierkellers hier zahlte die Brauerei wohl einen Teil der Kosten.« Leblanc machte eine kunstvolle Pause und schmunzelte. »Es war die Rosen-Brauerei, und deshalb wurde eine stilisierte Rose auf dem Türsturz des Tors angebracht.«
    Finch hätte den alten Mann am liebsten umarmt. Doch dann … Leblanc musste es ihm angesehen haben, denn er schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Freuen Sie sich nicht zu früh«, meinte er. »Der Gang zum Keller wurde in den sechziger Jahren zugemauert. Man brauchte ihn nicht mehr, er war zu feucht geworden, und durch einen modernen Kühlraum, dessen Temperatur man problemlos kontrollieren konnte, war der Keller leicht zu ersetzen. So optierte man für die Elektrizität. Ja, ja, der Fortschritt …«
    Untergrund, Rose, Pfeiler – alles passte, dachte sich Finch und verwünschte diesen Paul Hoffmann, dass er nicht einen anderen Platz gewählt hatte. Sie würden kaum mit Spitzhacken und Presslufthämmern in den Kellern des Beau Rivage einen zugemauerten Gang freilegen können …
    Das war das Ende der Reise.
    »Konnte man als Gast damals überhaupt in diesen Bierkeller gelangen?«, wollte Georg wissen, der verzweifelt nach einem Ausweg suchte.
    Leblanc wiegte den Kopf. »Nicht leicht, aber auch nicht unmöglich, nein, nicht unmöglich«, meinte er. »Wenn man zum Beispiel eine Bierlieferung abwartete und sich mit den Kutschern anfreundete oder ihnen ein Trinkgeld in die Hand drückte, dann wäre das sicherlich kein Problem gewesen. Die Zeiten in den letzten Kriegsjahren waren schlecht, und auch danach dauerte es noch bis in die Mitte der fünfziger Jahre, bis es für alle wieder aufwärtsging.« Ein lauernder Ausdruck trat in seine Augen. »Möchten Sie mir nicht sagen, was Sie eigentlich suchen, meine Herren? Sie sehen nicht wie Einbrecher oder diese Terroristen aus, von denen man heute so viel liest.«
    Finch überlegte kurz. Da kam ihm Georg zu Hilfe. »Ein Freund meines Vaters hat offenbar etwas in diesem Bierkeller versteckt, bevor er auswanderte. Wahrscheinlich ist es nicht einmal etwas Kostbares, nichts Wertvolles, vielleicht ein Stück Papier oder ein Foto, eine Erinnerung eben. Er hat uns jedoch nur die Begriffe ›Rose‹, ›Pfeiler‹ und ›Untergrund‹ hinterlassen. Und das Beau Rivage genannt.«
    »Wann genau soll das gewesen sein?«, erkundigte sich Leblanc neugierig.
    »Das wissen wir nicht so genau«, gab Georg zu. »Entweder vor oder kurz nach dem Kriegsende.«
    »Das wäre durchaus möglich«, nickte der alte Mann. »Da war der Bierkeller noch in Betrieb. Er könnte sich also Zutritt verschafft haben, ja, das könnte er.«
    Die drei Männer schwiegen. Ein Duft von Kaffee und Kuchen zog durch den Garten, und die Hausfrau stellte unaufgefordert eine große Kanne und drei Tassen auf den Tisch, bevor sie sich wieder zurückzog.
    »Ich würde ihn nicht trinken, nein, besser nicht«, flüsterte Leblanc verschwörerisch, »sie mischen Brom hinein …«
    Die Stimmung Finchs war auf dem Nullpunkt angelangt. Sosehr er sich auch den Kopf zerbrach, hier war die Spur zu Ende, die Hoffmann gelegt hatte. Damit hatte er nicht rechnen können, als er den Hinweis versteckte. Aber die Zeit und der Fortschritt hatten am Ende doch gesiegt.
    »Danke für Ihre Geduld und Ihre Erinnerungen, Monsieur Leblanc«, sagte Finch und erhob sich. »Wir haben Sie lange genug gestört.«
    Der alte Mann winkte entschieden ab. »Ach was, nicht im Geringsten, nein, keineswegs. Sind Sie auf der Suche nach diesem … verstecktem Gegenstand?«
    »Ja, und wir haben einen langen Weg hinter uns, von Südamerika hierher«, antwortete Georg und stand ebenfalls auf. »Aber manchmal ist man am Ende seiner Weisheit. Danke trotzdem!«
    Der alte Mann blieb sitzen und schien zu überlegen. »Ein Freund Ihres Vaters? Soso … Ist es sehr wichtig für Sie?«
    »Einige Freunde sind bereits dafür gestorben«, stellte Georg düster fest.
    Leblanc sah bestürzt auf. »Gestorben, sagen Sie? Mein Gott, wie furchtbar.« Er legte die Hände flach auf die Tischplatte. »Sie müssen wissen …«, begann er, dann verstummte er

Weitere Kostenlose Bücher