Falsch
jemals hören werde«, lächelte Llewellyn und setzte sich neben den alten Mann, dessen graue Haare wie immer akkurat gescheitelt waren. »Aber ohne die Hilfe von John Finch hätte es nie funktioniert. Möchtest du mir nicht etwas erzählen?«
Compton sah ihn misstrauisch aus den Augenwinkeln an. »Ich? Dir? Warum? Du bist es doch, der aus der Schweiz kommt …«
»In die du mich geschickt hast«, erinnerte ihn Llewellyn. »Und noch einen Agenten hinterher, damit ich auf dem Laufenden bin. Oder? Der kam doch von dir?«
Compton antwortete mit einem unverbindlichen Brummen.
»Wieso hast du eigentlich noch Zugriff auf Agenten, die in deinem Auftrag unterwegs sind?«, erkundigte sich Llewellyn wie nebenbei. »Graue Eminenzen im Hintergrund brauchen normalerweise war willige Hampelmänner an der Medienfront.«
Peter Compton schwieg und schaute interessiert den Flammen zu. Dann seufzte er. »Nächste Frage?«
Der Major schüttelte den Kopf. »Bleiben wir doch noch ein wenig bei der ersten, Peter. Bevor wir hier die Legende vom Club der alten Männer spinnen – seit wann fragt MI 5 bei einem seiner früheren Chefs an, wenn der Hut brennt? Und bitte erzähl mir nicht, es sei dein unwiderstehlicher Charme oder die zeitlose Eleganz Marke Savile Row.«
Compton gluckste in sich hinein. »Charme ist wohl das Letzte, was man mir nachsagen kann, da hast du recht.«
Er legte die Fingerspitzen aneinander, in seinen Brillengläsern spiegelten sich die Flammen, während um seine Lippen ein dünnes Lächeln spielte. Llewellyn ging durch den Kopf, dass Compton etwas Diabolisches an sich hatte.
»Wenn man so lange Mitglied dieses Clubs namens MI 5 war wie ich, dann hat man im Lauf der Zeit vieles erfahren, das man besser für sich behält«, begann der Geheimdienstchef nachdenklich. »Während es in den USA den Freedom of Information Act gab, blieb uns das glücklicherweise erspart. Wir sichten unsere heiklen Dokumente lieber selbst, als sie zu veröffentlichen und danach halbherzige Erklärungsversuche zu starten. So kamen und gingen sechs Premierminister, und ich war noch immer da, wenn auch nicht mehr an der Front, wie du es so schön nennst. Erinnere dich an meine Worte: Man steigt nicht aus, man wird hinausgetragen.«
Llewellyn hörte schweigend zu und nippte an seinem Sherry. Dann fiel ihm etwas ein, er griff in die Tasche und zog das Foto aus der Hütte im Dschungel hervor. Nachdem er es glattgestrichen hatte, reichte er es dem Geheimdienstchef.
»Ich habe dir auch gesagt, dass die Schatten des Dritten Reiches lang sind. Heinz Claessen war nicht irgendwer«, fuhr Compton fort und tippte auf das verblichene Bild. »Er war ein gerissener, mit allen Wassern gewaschener Gauner, Betrüger, Verkäufer, Hochstapler. Himmler hätte keinen Besseren finden können. Ohne ihn wären wir nicht so tief in die Bredouille geraten, ohne ihn hätte die Operation Bernhard nie funktioniert. Als also sein Ring auftauchte, schrillten bei mir die Alarmglocken, und zwar aus mehreren Gründen.«
»Moment!«, unterbrach ihn Lewellyn verwirrt. »Woher wusstest du von dem Ring?«
»Señora Valeria ist eine sehr zuverlässige Informantin, wenn es um sensible Kriegsrelikte geht«, erwiderte Compton. »Sie ist eine der drei Großen weltweit in diesem Spiel um vergangenen Zauber. Ihr erster Anruf galt zwar einem Sammler, ihr zweiter aber mir. Wir kennen uns schon lange, musst du wissen …«
»Warum erstaunt mich das nicht?«, murmelte Llewellyn.
»Es gibt einige Punkte auf dieser Welt, da muss man einfach vertreten sein, ob offiziell oder unter dem Tresen«, schmunzelte der Geheimdienstchef. »Wie auch immer. Claessens Ring war aufgetaucht, fünfundsechzig Jahre nach dem Verschwinden von Hitlers bestem Gauner aus Südtirol. War da noch etwas, vielleicht etwas Wichtigeres als der Ring? Ungewissheit ist Gift für den Club, wie du weißt. Die Franzosen waren damals nicht sehr kooperativ, als sie in Vorarlberg und Tirol einrückten, das Lager Haiming besetzten, die übrig gebliebenen Gefangenen befreiten und die Windturbinen abmontierten. Letztere verschickten sie nach Frankreich, wo sie in den französischen Zentralalpen noch heute im Einsatz sind. Die Airbus-Teile werden übrigens in dem dortigen Windkanal getestet.«
»Du meinst, die alten Turbinen funktionieren noch immer?«
»Wie am ersten Tag«, bestätigte Compton. »Made in Germany. Aber den Franzosen war Claessen egal, wo immer er auch verschwunden war, er hatte ja keine gefälschten
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