Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
Vom Netzwerk:
eine Marionette mit durchgeschnittenen Fäden auf den Boden.
    »Idiot«, murmelte der Mann kopfschüttelnd. »Alles muss man selbst machen …«
    Als der Japaner wenige Minuten später wieder zu sich kam, war das erste Geräusch, das er hörte, ein seltsames Brodeln, verbunden mit einer unerträglichen Hitze im Gesicht. Er öffnete die Augen und schrie …
    Ungerührt tauchte der Unbekannte, der den Japaner wie ein Zirkusartist kopfüber an den Knöcheln hielt, Higurashis Kopf in die randvoll mit kochendem Öl gefüllte Friteuse.
    Als die Leiche Higurashis vier Wochen später von potenziellen Mietern bei einer Besichtigung des leerstehenden Lokals gefunden wurde, war es der Gerichtsmedizin nicht mehr möglich, das Opfer zu identifizieren. Selbst die Hände waren bis zur Unkenntlichkeit verschmort, Fingerabdrücke nicht mehr erkennbar, alle Zähne herausgebrochen.
    Kaito Higurashi wurde nach den ergebnislosen Untersuchungen verbrannt und seine Asche in eine billige Urne gefüllt. Da sein Glaubensbekenntnis nicht bekannt war, wurde er am 12. Dezember in einer Ecke des Nieuwe-Ooster-Friedhofs verscharrt.
    Ein Besucher, der zufällig vorüberkam und Mitleid hatte, weil niemand der kurzen Zeremonie beiwohnte, stellte eine rote Kerze auf den frisch umgegrabenen Rasen.
    Dann ging der Fremde nach einem kurzen Gebet rasch davon. Genaue Beobachter hätten festgestellt, dass ihm das letzte Glied des linken kleinen Fingers fehlte.
III.
    Es roch nach Plätzchen und Weihnachtskerzen, Tannenreisig und Punsch, als Margret Compton die Tür öffnete und Llewellyn anstrahlte wie das Christkind persönlich.
    »Ihre Besuche werden langsam zur lieben Gewohnheit«, stellte die rundliche Frau fest und wischte sich ihre Hände an der Küchenschürze ab. »Diesmal ist es bereits der zweite in diesem Jahr.« Sie zwinkerte Llewellyn zu. »Aber jedes Mal, wenn Sie bei uns vorbeischauen, bin ich in der Küche am Backen oder Kochen.«
    »Es riecht auf jeden Fall köstlich«, antwortete der Major. »Weihnachtsbäckerei?«
    »Was sonst um diese Zeit?«, erwiderte Margret trocken. »Peter müsste längst aussehen wie Santa Claus, bei der Menge an Lebkuchen, die er verdrückt. Sie könnten ruhig einmal mit ihm spazieren gehen, das täte dem alten Lehnstuhl-Machiavelli nicht schlecht.«
    Sie drehte sich um und verschwand mit den Worten »Sie wissen ja, wo Sie ihn finden!« wieder in der Küche.
    Das Wohnzimmer mit den Ledersesseln und den dunkelgrün tapezierten Wänden war mit einigen Tannenzweigen geschmückt, die einen vorweihnachtlichen Duft verbreiteten.
    »Nein, wir geben nichts!«, rief Peter Compton vom Kamin her, ohne sich umzudrehen.
    »Hallo Scrooge«, erwiderte Llewellyn, »du weißt ja, was dem Geizigen passiert?«
    »Ja, er bleibt länger reich«, brummte Compton. »Bist du auf dem Weg herein bereits mit dem Nötigsten versorgt worden? Care-Pakete mit Plätzchen, Bonbons, Weihnachtsstollen und gefüllten Lebkuchenherzen lauern an allen Ecken und Enden. Diese Frau backt mich noch in den Tod …«
    Llewellyn beugte sich zu der Flaschenbatterie auf dem runden, fahrbaren Tisch und wählte einen zwanzig Jahre alten Sherry. »Ich dachte, dein liebstes Hobby sei das Vernichten von zuckrigen Kalorien vor Neujahr?«
    »Papperlapapp«, protestierte Compton. »Alle Bekannten und Verwandten gehen seit Tagen nicht mehr ans Telefon und verweigern die Kommunikation, wenn sie hören, dass wir es sind. Wer sollte die Massen an Gebäck und Süßwaren also sonst essen? Ich opfere mich sozusagen …«
    »Willst du auch ein Glas Sherry, damit der frische Lebkuchen leichter rutscht?«, fragte Llewellyn scheinheilig.
    »Hast du in der Küche welchen bestellt? Das war unvorsichtig.« Peter Compton streckte die Hand aus. »Sherry ist allerdings eine gute Idee. Was gibt es Neues?«
    »Das fragst du mich?«, staunte der Major und schenkte noch ein Glas ein. » Du bist hier der Gralshüter der Neuigkeiten.«
    Compton runzelte die Stirn, als er Llewellyn beim Einschenken zusah. »Sei nicht geizig mit meiner Flasche. Eine Portion für Erwachsene, bitte!« Seine Augen blitzten vor Vergnügen hinter der dicken Brille.
    »Zwingli …«, setzte Llewellyn zu erzählen an und reichte dem alten Geheimdienstchef das Glas.
    »… ist Geschichte, dank dir«, vollendete Compton den Satz und ließ sich in seinen Lehnstuhl fallen. »Gut gemacht, Major. Ich hätte es nicht besser einfädeln können.«
    »Ich nehme an, das ist das höchste Kompliment, das ich aus deinem Munde

Weitere Kostenlose Bücher