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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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und ihm die Papiere zurückgab. »Sie haben einen Einreisestempel und damit eine Aufenthaltserlaubnis im Deutschen Reich für die nächsten vier Wochen. Damit ist unser Auftrag zu Ihrer Zufriedenheit erledigt, nehme ich an.«
    Samuel Kronstein nickte. »Was werden Sie nun machen? Kehren Sie zurück nach St. Petersburg?«
    Der Kapitän, ein kleiner, stämmiger Mann mit einem wilden Bart und einer abgegriffenen Mütze auf dem kugelrunden Kopf, blickte zum wolkenverhangenen Himmel und zog dann eine Pfeife aus der Tasche. »Ich glaube kaum«, meinte er ruhig. »Aber vielleicht ist es besser, Exzellenz, wenn wir nicht zu viel von unseren jeweiligen Zukunftsplänen wissen. Dann kann man nicht die falschen Antworten geben …«
    »Eine weise Einstellung, die ich zu schätzen weiß«, erwiderte Kronstein und zog einen kleinen Lederbeutel aus der Tasche, dem er zwei Steine entnahm und sie dem Kapitän in die Hand drückte. »Unsere gemeinsame Reise endet hier. Möge Gott Sie beschützen und Ihnen stets eine Handbreit Wasser unter dem Kiel bescheren.«
    Als Kronstein und seine Begleiter über den hölzernen Landungssteg die »Marquise« verließen und an Land gingen, läuteten die Glocken von St. Marien fünf Uhr nachmittags. Ein kleiner Junge, der schon seit einiger Zeit ungeduldig am Kai auf und ab gehüpft war, rannte auf sie zu und baute sich vor den Neuankömmlingen auf. »Darf ich mich um Ihr Gepäck kümmern, meine Herren?«, krähte er und drehte seine Kappe zwischen den Händen.
    »Das wird nicht nötig sein, mein Junge«, lächelte Kronstein, »wir haben leider keines. Aber du könntest uns ein gutes Hotel zeigen. Was hältst du davon?« Er zog eine Zehn-Kopeken-Münze aus der Tasche und reichte sie dem Knirps. Der ließ sie blitzschnell in der Tasche seiner ausgebeulten Hose verschwinden, zog die Mütze vom Kopf und verneigte sich theatralisch.
    »Sie stehen fast davor, Herr Baron«, meinte er und wies auf ein hohes, weißes Gebäude. »Das Hotel Kaiserhof ist ein Haus mit allem Komfort. Es hat elektrisches Licht, Zentralheizung, Telefon in jedem Zimmer und Bäder. Folgen Sie mir!«
    Mit einer Handbewegung schickte Kronstein den Kleinen voraus. »Ein heißes Bad wird uns guttun, ein üppiges Abendessen auch«, wandte er sich an Solowjov, der neben ihm herging und interessiert das bunte Treiben in der Hafenstadt beobachtete. »Außerdem brauchen wir Kleidung, Gepäck und Bargeld für die Zugbillets südwärts.«
    »Wir sind also noch nicht am Ziel«, stellte Solowjov fest, »aber das habe ich auch nicht angenommen. Wie weit wird unsere Reise noch gehen?«
    »Haben Sie bereits Heimweh nach Russland?«, entgegnete Kronstein und wich einem der zahlreichen Träger aus, der mit seiner schweren Last zur Lagerhalle für Kaffee unterwegs war.
    »Ich habe auf dem Schiff darüber nachgedacht.« Solowjovs Stimme klang endgültig. »Ich halte mein Versprechen und begleite Sie bis an Ihr Ziel, Exzellenz. Dann aber kehre ich nach St. Petersburg zurück. Mein Platz ist da, wo ich aufgewachsen bin und wo nun die Revolution alles Alte wegfegen wird. Mein Glaube an diesen neuen Staat für freie Menschen ist ungebrochen. Ich weiß Ihr Angebot zu schätzen, aber ich fürchte, Ich bin kein Kosmopolit, sondern ein ganz traditioneller, bodenständiger Russe.«
    Sie waren vor einem dreistöckigen, prachtvollen Gebäude angelangt, vor dem zahlreiche Droschken auf Kundschaft warteten. Am Dach, auf dem drei Fahnen träge im Wind wehten, verkündeten goldene Lettern »Hotel Kaiserhof« und »Restaurant«. Ein livrierter Portier eilte geschäftig herbei, als er die Reisenden erblickte. Ihr kleiner Führer hielt ihn auf, flüsterte ihm kurz etwas ins Ohr und lief dann davon.
    »Wir haben noch keine Ahnung, was wir machen werden, Exzellenz«, meinte einer der anderen jungen Männer zu Kronstein. »Wir wissen nicht, wo Ihr Ziel liegt, aber wir werden wie Pjotr die Reise bis zum Ende mitmachen und Sie begleiten. Alles andere entscheiden wir an Ort und Stelle nach unserer Ankunft. Wir sind einfache Bauernsöhne und verstehen es nicht, so schön zu reden wie unser Philosoph hier. Aber Sie können sich auf uns verlassen.«
    »Dann lassen Sie uns ein paar bequeme Zimmer beziehen und den Abend genießen«, lächelte Kronstein und winkte den Portier näher. »Nächste Woche um diese Zeit wird die Entscheidung gefallen sein. Sie werden entweder die Heimreise angetreten haben oder meine neuen Mitarbeiter sein.«

Aeropuerto Internacional José María

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