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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Lübeck wie kein Zweiter und wird uns sicher ans Ziel bringen. Wir haben noch rund zweihundertfünfzig Seemeilen vor uns. Wenn sich der Sturm beruhigt hat, dann sollten wir in spätestens zwei Tagen im Hafen von Lübeck eintreffen. Das Barometer steigt wieder und damit die Wahrscheinlichkeit, dass wir das schlechte Wetter bald hinter uns lassen.« Er blickte in die zweifelnden Gesichter seiner Begleiter. »Wenn Sie schon mir nicht glauben, meine Herren, dann vertrauen Sie wenigstens auf die Technik und auf Gott.«
    Zwölf Stunden später war es offensichtlich, dass Samuel Kronstein recht behalten hatte. Es klarte auf, und nur mehr der hohe Seegang erinnerte an den Sturm, der südostwärts weitergezogen war. Die Sterne blitzten zwischen den Wolken hervor, es wurde bitter kalt, und die Mannschaft servierte eine stärkende Suppe. Nach zwei Flaschen Krim-Sekt und einigen Gläsern Wodka schliefen alle bis in den späten Vormittag des kommenden Tages. Dann, nach einer kurzen Besprechung mit dem Kapitän, versammelte Samuel Kronstein die Männer um sich und öffnete eine lederne Reisetasche, die er bisher in seiner Kabine verwahrt hatte.
    »Wir werden heute Abend in Lübeck eintreffen. Ich brauche Sie nicht zu erinnern, dass sich Russland im Krieg mit dem Deutschen Reich befindet und wir als russische Staatsbürger nicht so gern gesehen wären. Deshalb habe ich einige Vorbereitungen getroffen.« Kronstein zog einen dicken Umschlag hervor, den er umständlich öffnete. »Ich habe hier fünf Diplomatenpässe, ausgestellt in Helsinki. Alle Stempel sind authentisch, die Pässe sind keine Fälschungen. Sie sind echt. Allerdings sind, wie Sie sehen können, noch keine Namen eingetragen. Das werden wir nun nachholen, während ich Ihnen die Hintergrundgeschichte liefere.«
    Kronstein verteilte die Papiere an die Männer. »Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 befand sich das Großfürstentum Finnland als Teil des Russischen Reiches im Krieg mit dem Deutschen Reich. Finnische Aktivisten sahen in der Annäherung an das deutsche Kaiserreich ihre Chance. Sie meldeten sich als Freiwillige zur preußisch-deutschen Armee und ließen sich militärisch ausbilden. Ihre Ziele dabei waren damals klar und sind es noch immer: Sie rechnen sich Chancen für ein von Russland unabhängiges Finnland aus.« Er tippte mit dem Finger auf die Papiere. »Diese Pässe weisen uns als Angehörige dieser Aktivistengruppe aus, allerdings auf höchstem diplomatischen Niveau. Wir wurden in das Deutsche Reich gesandt, um den Kontakt mit den Teilnehmern dieses streng geheimen Ausbildungskursus nicht abreißen zu lassen. Denn aus den ursprünglich zweihundert Mann ist das fast ausschließlich aus Finnen bestehende verstärkte königlich-preußische Jägerbataillon Nr. 27 geworden.«
    Solowjov nickte beeindruckt. »Wasserdicht, Exzellenz. Wenn der Kapitän jetzt auch noch als Ursprungshafen Helsinki angibt, dann sind wir so gut wie schon durch die deutschen Kontrollen. In Finnland sprechen viele Russisch, wir werden also nicht auffallen.« Er betrachtete befriedigt die Reisepapiere. »Sehr gut, wirklich sehr gut.«
    »Helsinki ist bereits in den Schiffspapieren eingetragen und abgestempelt. Wenn ich etwas plane, dann mache ich es gründlich«, stellte Kronstein abschließend fest. »Tragen Sie bitte nun Ihre Namen und Geburtsdaten ein. In wenigen Stunden werden wir in Lübeck festmachen.«
    Der Kai am Holstenhafen war mit Handelsschiffen, Seglern und Fischkuttern dicht belegt. An manchen Plätzen lagen die Schiffe in Paketen zu zweit oder gar zu dritt. Nach den Regenschauern der letzten Nacht glänzten die alten Ziegelhäuser der Hansestadt nass. Überall zwischen den Anlegestegen liefen Menschen geschäftig hin und her, während schwer beladene Lastkarren vom Kai zu den Lagerhäusern pendelten.
    Geschickt navigierte der Kapitän die »Marquise« zwischen den Pfählen hindurch und legte sie entlang des Kais unterhalb der Marienkirche an, zwischen einem weiß gestrichenen Handelssegler und einem Ausflugsdampfer, der von Zeit zu Zeit kleine Rauchwolken aus seinem Schornstein blies.
    Kaum waren die Leinen festgemacht, kamen drei Uniformierte an Bord und verschwanden im Steuerhaus. Keine zehn Minuten später erschienen sie wieder, salutierten kurz vor den fünf Passagieren, die sich die Beine an Deck vertraten, und verschwanden in der Menge am Kai.
    »Alles zur vollsten Zufriedenheit der Behörden«, teilte der Kapitän lächelnd mit, als er zu Kronstein trat

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