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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Córdova,
Medellín/Kolumbien
    Die Grumman Albatross legte sich wie ein träger Vogel im Landeanflug in die letzte Kurve und nahm dann Kurs auf den Runway 36 des Internationalen Flughafens von Medellín. Der Himmel war bedeckt, und eine graue Wolkenschicht versperrte die Sicht auf die Bergkette der Anden am Horizont. John Finch fuhr das Fahrwerk aus und betrachtete über die Nase des alten Mehrzweckflugzeuges die breite Landepiste vor ihm, die langsam näher kam.
    »Viel zu lang für uns«, grinste er und ließ den Hochdecker wie einen majestätisch dahingleitenden Schwan einschweben. »Hier ist vor kurzem der Airbus A 380 gelandet. Gegen den sind wir eine Mücke.«
    »Eine pensionsreife Mücke«, gab Fiona trocken zurück, die sich im Kopilotensitz angeschnallte hatte, nachdem sie Finch hatte versprechen müssen, nichts anzufassen. »Ich wusste nicht, dass Sie ein Faible für fliegende Antiquitäten haben. Hätte es nicht ein Lear-Jet oder wenigstens ein schicker Business-Helikopter sein können?«
    »Beides nützt im Amazonas-Gebiet nicht wirklich viel«, versicherte ihr Finch. »Außerdem bin ich mit meiner Vorliebe für alte Grumman-Wasserflugzeuge nicht allein. Die teile ich mit so bekannten Leuten wie dem Sänger Jimmy Buffett oder Institutionen wie der US -Coast Guard oder der Navy.«
    »Das Ding mag ja 1947 schnell gewesen sein, aber für heutige Verhältnisse ist es ein fliegendes Verkehrshindernis. Wie, sagten Sie, lauten die Kosenamen für diesen Wal? Ziege, Dumbo oder Entenarsch? Die Entscheidung fällt wahrlich schwer.« Fiona schaute aus dem Fenster. »Apropos Ente. Ich glaube, es hat uns gerade eine überholt«, lästerte sie.
    »Das ist sogar die stärkere Version mit mehr als dreitausend PS «, verteidigte der alte Pilot sein Schmuckstück, »und in den letzten Jahren hatte ich es nicht wirklich eilig. Da ging es eher darum, sicher im Dschungel auf Flüssen oder Seen zu landen oder auf Pisten, die nicht einmal verzeichnet waren.«
    Die Albatross setzte ganz weich auf und federte leicht nach, als Finch vorsichtig in die Bremsen stieg. »Willkommen in Medellín«, verkündete er und nahm die erste Ausfahrt vom Runway. Der Tower wies der blauweißen Maschine einen Platz auf dem halbrunden Vorfeld zu, etwas abseits der großen Linienflugzeuge aus Fort Lauderdale oder Panama City.
    Als die Propellermotoren verstummten, schnallte sich Fiona los und streckte sich. »Ich würde vorschlagen, wir bringen die Formalitäten rasch hinter uns und nehmen uns einen Mietwagen. Allerdings suche ich den aus, sonst treiben die womöglich noch einen VW -Käfer der ersten Baureihe auf, nachdem sie das Flugzeug gesehen haben.«
    Keine Stunde später waren beide unterwegs westwärts, in Richtung Medellín-Stadt. Fiona hatte einen BMW -X5-Geländewagen gebucht und sich ohne viele Diskussionen durchgesetzt: Mit den Worten »Sie sind geflogen, ich fahre!« rutschte sie hinters Steuer und drückte Finch die Straßenkarte in die Hand.
    »Es sollten etwas mehr als fünfundzwanzig Kilometer bis ins Zentrum von Medellín sein«, überschlug der Pilot kurz die Strecke. »Aber ein großer Teil davon sind extrem kurvige Bergstraßen. Autobahn gibt es keine.«
    »Heute können wir sowieso nichts mehr ausrichten«, gab Fiona zurück. »Wir suchen uns ein Hotel mit einem guten Restaurant und beginnen morgen mit der Suche.«
    »Ich dachte, wir sollten keine Zeit verlieren?«, erwiderte Finch spöttisch, griff in seine Tasche und holte sein Handy heraus. »Gute Journalisten arbeiten rund um die Uhr. Vor allem, wenn der Auftraggeber mit einer vollen Geldbörse winkt.«
    »Senhor Finch, sehe ich das richtig, dass Sie Kontakte in Medellín haben? Die Welt ist voller Überraschungen!« Fiona schaltete herunter, gab Gas und überholte zwei schwer beladene LKW .
    »Eduardo Gomez ist ein junger Reporter und Fotograf, den ich vor wenigen Monaten den Rio Negro hinauf- und wieder hinuntergeflogen habe«, meinte er und suchte im Telefonbuch des Handys nach der richtigen Nummer. »Er war Teilnehmer einer Expedition zum Stamm der Waika-Yanumami-Indianer im Grenzgebiet zwischen Kolumbien und Brasilien. Und er machte einen sehr fähigen Eindruck auf mich.«
    »Dann schauen wir, wie gut seine Beziehungen zu den Meldebehörden sind. Laden Sie ihn doch zum Abendessen ein«, schlug Fiona vor. Während Finch telefonierte, lenkte sie den BMW geschickt über die kurvige Straße, die sich durch die Santa-Elena-Berge schlängelte. Die Dunkelheit war langsam von

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