Falsche Opfer: Kriminalroman
glasklaren Morgenlicht einherschlenderten und sich an den ungewohnten Anblick gewöhnten.
Dies hier sollte den hartnäckigsten Flecken fortwaschen können.
Es war gerade erst fünf Uhr, aber sie hatten bereits an die fünf, sechs Wagenladungen mit Freunden von der Boulevardpresse abgewimmelt. Nicht ohne Schadenfreude.
Sie traten zu den rot-weißen Plastikbändern, die ein Quadrat im Gewerbegebiet Sickla einfassten, denn ein weiterer Wagen näherte sich, ein roter, an dessen Seite das farbenfrohe Logo von TV 4 prangte. Und dahinter knatterte ein alter roter BMW-Sportwagen.
Die Pornopolizisten traten zu dem TV-4-Wagen und zeigten mit der ganzen Hand. Die Fernsehleute gaben sich aber nicht so leicht geschlagen. Es kam zu einem längeren Wortwechsel, der damit endete, dass einer aus dem Wagen ihnen eine triste, doch wohlbekannte Bezeichnung an den Kopf warf, woraufhin die Pornopolizisten das Auto mit den Füßen zu bearbeiten begannen. Schließlich rollte es davon und parkte ein wenig ramponiert neben den Kollegen an einem angewiesenen Platz zehn Meter entfernt. Immer noch äußerst empört, wandten sich die Pornopolizisten dem dahinterstehenden BMW zu. Und als jetzt noch eine kleine, dunkle Figur ohne Umschweife aus dem Wagen stieg und das rot-weiße Absperrband anhob, brannte bei den Pornopolizisten eine Sicherung durch.
Sie traten hinzu und nahmen den dunklen Jüngling in einen eisenharten Griff. »Was zum Teufel bildest du dir ein, du kleine miese Mittelmeerkrabbe!«
»Wenn man einen schicken Wagen sieht, kann man seinen Arsch darauf verwetten, dass ein Kanake drinsitzt. Verschwinde, aber schnell!«
Sie sahen schon im voraus, dass der Mund des dunklen Jünglings im Begriff war, das unheilverheißende Wort zu formen.
»Die Pornopolizisten, wenn ich mich nicht irre«, sagte er.
»Schweinepimmel!« fauchten die beiden und drückten noch fester zu.
»Seid ihr noch ganz bei Trost!« schrie ein Mann in einem Jeansanzug, der aus dem Innern des abgesperrten Geländes herbeilief. »Das ist Kommissar Chavez vom Reichskriminalamt. Lasst ihn auf der Stelle los.«
Die Pornopolizisten ließen los und zogen bedröppelt ab. Ohne ein Wort.
»Es ist kein besonders feines Auto«, sagte Jorge Chavez und rieb sich die Oberarme. »Es ist Baujahr achtundsiebzig. Und Kommissar bin ich auch nicht.«
Noch nicht, fügte er in Gedanken hinzu. Aber dann wird es bestimmt keine Pornopolizisten mehr geben.
Der Jeansbekleidete streckte ihm die Hand hin und sagte: »Tut mir leid, die Sache. Sie haben eine anstrengende Nacht hinter sich. Ich bin Bengt Äkesson, Länskrim, Nachtschicht.«
Es gelang Chavez, seinen schmerzenden rechten Arm vorzuschieben und die Begrüßung durchzuführen. »Sind wir uns nicht schon einmal begegnet?« fragte er.
»Wir sind uns ganz kurz im Zusammenhang mit den Machtmorden begegnet. Ich hatte damals einen Russen namens Alexander Brjusov gefunden, als wir einen illegalen Spielclub aushoben.«
»Richtig«, nickte Chavez. »Akesson.«
Er pflegte Menschen nicht zu vergessen.
Anderseits hatte er in letzter Zeit nicht soviel mit Menschen zu tun gehabt. Hauptsächlich mit Lehrbüchern. Nach der eigentümlichen Auflösung der A-Gruppe wegen des Kentuckymörders hatte er sich fortgebildet und weiter fortgebildet und war vermutlich der zur Zeit in Theoriefragen höchstqualifizierte Polizeibeamte Schwedens. Doch auch in der Praxis fand sich wohl das eine oder andere auf dem Pluskonto, trotz allem. Das einzige, was ihm für eine Beförderung zum Kommissar fehlte, waren Dienstjahre. Dienstjahre en masse.
Er war noch nicht viel älter als dreißig.
»Jaha, Akesson«, sagte er. »Das einzige, was ich weiß, ist, dass ich mitten in der Nacht einen verwirrenden Anruf von einem mir wohlbekannten Abteilungsleiter bei der Reichspolizeibehörde mit Namen Waldemar Mörner bekam, der mir sagte, ich sollte die Ermittlung eines, Zitat, ›unglaublich grausamen Massenmords‹ leiten. Kann ich ein paar mehr Details erfahren?«
»Wir können ja einen Rundgang zu den Sehenswürdigkeiten machen«, sagte Akesson und fuhr fort, während sie ihre Wanderung antraten: »Vor ein paar Stunden, genauer gesagt um drei Uhr acht, erhielten wir den Anruf einer älteren Dame, die mitten in der Nacht mit Hund und Handy einen Spaziergang machte. Sie sagte, sie stände mitten auf einem Schlachtplatz. Es lägen überall Leichen. Als wir herkamen, war es schon hell. Und wir fanden das hier vor. Fünf Tote. Alle erschossen, bis auf einen, der durch
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