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Falsche Opfer: Kriminalroman

Falsche Opfer: Kriminalroman

Titel: Falsche Opfer: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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den Höhlen treten.
    Dann steht der Kleine neben dem Goldgekrönten. Er hat seine schwarze Maske abgezogen. Sein Gesicht ist bleich. Er schüttelt den Kopf. »Er ist weg«, sagt er.
    »Was sagst du, verdammt?«
    »Esse ist tot, und der Koffer ist weg. Jemand hat ihn geklaut.«
    »Was denn, jemand? Scheiße, verdammte! Verteilt euch. Sucht!«
    Sie sind nur noch drei Mann. Drei verteilen sich nicht so gut. In der Entfernung hören sie einen Wagen starten. Sie begreifen, dass es zu spät ist.
    Der Goldgekrönte bleibt stehen. Erstarrte. Es konnte nicht schief gehen.
    Es ist an mehreren Punkten schiefgegangen. Wie zum Teufel war das möglich?
    Der Kleine geht an ihm vorbei. Er bewegt sich zielbewusst auf das noch rauchende Auto zu. Als er an dem Goldgekrönten vorbeigeht, sagt er: »Vielleicht gibt es noch eine Chance.«
    Der Kleine beugt sich zu dem Mann auf der Beifahrerseite hinunter. Der Mann hustet Blut. Unbekannte Worte in einer unbekannten Sprache werden ausgestoßen.
    »Frequenz?« sagt der Kleine und drückt ihm den Lauf der Maschinenpistole an die Stirn.
    Der Mann lacht. Er lacht Blut. Das letzte, was er sagt, ist: »Fuck you, asshole!«
    Dann bekommt er eine Kugelgarbe ins Gesicht.
    Der Kleine blickt zu der rauchenden Maschinenpistole des Goldgekrönten auf. Er ist bleich geworden, starrt ihn an, geschockt. Dann erhebt er sich. Fasst sich. Steht still. Denkt. »Das Papier«Schluss Schluss Schluss.
    Und der Goldgekrönte nickt. Er hatte das Papier vergessen, das in dem Aktenkoffer war. Noch ein Minus im Protokoll.
    Der Goldgekrönte faltet das Papier auseinander. Da steht eine Reihe von Ziffern.
    Der Kleine nickt eifrig. »Ja«, sagt er. »Ganz verratzt sind wir nicht.«
    Der Goldgekrönte sieht sich um. Nickt kurz. Er und der Kleine laden den Verwundeten in den Van.
    Der Goldgekrönte denkt an ein Gespräch, das er kürzlich geführt hat – im Gefängnis, mit einem Mörder, der Kunst studierte. Über den fabelhaften Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Er hat das Gefühl, gescheitert zu sein. Bleibt ein paar Sekunden unnötig stehen. Dann zieht er seinen goldenen Vorhang hoch und springt in den Wagen.
    Sie waren sechs, als sie kamen. Jetzt sind sie drei und ein halber.
    Allerdings – die anderen sind keine mehr, denkt der Goldgekrönte und fasst sich.
    Das ist, was zählt.
    Ein alter rostiger Datsun rollt bereits auf Värmdöleden. Der Junge ist von einem atemlosen, mit Grauen gemischten, überbordenden Glück durchströmt. Er fährt wie der Teufel. Nur gut, dass keine anderen Wagen auf der Straße sind. Es ist die Nacht vor dem Mittsommerfest, vielleicht die ruhigste Nacht des Jahres. Normalerweise.
    Dieses Jahr war sie nicht so ruhig.
    Er ist hell, sie ist dunkel, und er dreht sich zu ihr hin. Er sieht, wie ihre wunderbaren Beine zittern. Er legt ihr die Hand aufs Knie. Jetzt zittert auch die Hand.
    »Geil«, sagt sie. »Geil, geil, geil! Hast du gesehen? Verflucht, hast du gesehen?«
    Er nickt und sieht an ihren Beinen hinab zum Boden. Da liegt eine Schultertasche. Zwei Gesichtsmasken und zwei Pistolen kann man erkennen.
    Unbenutzt.
    »Wir haben nichts getan«, sagt er. »Sie haben es selbst getan.«
    »Geil«, sagt sie.
    Dann ist es eine Weile still. Atemschöpfen. Der Blick wandert von der Tasche zurück zu ihren Knien und weiter. Zu ihrem Schoß.
    Zu einem bluttriefenden Aktenkoffer.
    Da kann er sich nicht mehr halten. Er lässt das Lenkrad los. Der Wagen schlingert Värmdöleden entlang. »Wir haben es geschafft, verdammt!« brüllt er, legt den Arm um sie und gibt ihr einen langen Kuss.
    »Geil!« brüllt sie und hebt die Arme zum Wagendach.

12

    D ie Pornopolizisten schlenderten in dem glasklaren Morgenlicht einher. Duftender Tau bedeckte den Asphalt. Es ist nicht gerade häufig, dass Tau wirklich duftet, doch am Morgen dieses Mittsommerabends duftete er wirklich. Sogar die Pornopolizisten spürten das. Obwohl sie auf anderes aus waren.
    Der Nachtdienst bewirkte, dass die Uniformen sich wie wochenalte Unterhosen anfühlten. All diese Mühe, statt im Personalraum zu sitzen und Qualitätsvideos anzuschauen.
    Die Pornopolizisten schauten sich gern Qualitätsvideos im Personalraum an. So gern, dass Außenstehende davon Wind bekommen hatten. Und diese Außenstehenden hatten es der Boulevardpresse mitgeteilt. Und so kamen die Pornopolizisten zu ihrer wenig schmeichelhaften Bezeichnung.
    Vielleicht konnten die Ereignisse der Nacht sie reinwaschen. Auf jeden Fall hofften sie das, während sie in dem

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