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Falscher Ort, falsche Zeit

Falscher Ort, falsche Zeit

Titel: Falscher Ort, falsche Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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mich nicht einfach auffordern zu gehen«, sagte ich.
    »Warum sollte ich das tun?«
    »Nun, ich bin ein Fremder, der unter einem Vorwand in Ihre Wohnung eingedrungen ist.«
    »Wenn Sie mir wehtun oder mich bestehlen wollen, könnte ich Sie sowieso nicht aufhalten«, sagte Nyla vernünftigerweise. »Und wenn ich laut schreie, würden Sie mich vielleicht schlagen. Außerdem sind Sie hier, um nach Angelique zu fragen, und ich mache mir Sorgen um sie. Sie ist jetzt seit über einer Woche verschwunden. Haben Sie irgendwelche Neuigkeiten?«
    »Nein, Ma’am. Aber ich suche sie … im Auftrag eines Freundes.«
    »John Prince?«
    »Nein.«
    »John ist ein netter Junge. Er war vor ein paar Tagenhier und hat sie gesucht. Aber ich konnte ihm nicht helfen.«
    »Haben Sie seine Telefonnummer?«, fragte ich.
    »Nein. Ich habe vergessen, ihn danach zu fragen«, sagte sie. »Tut mir leid.«
    »Haben Sie eine Idee, was mit Angelique passiert sein könnte?«
    Nyla wandte ihr Gesicht in Richtung meiner Stimme. Wir saßen uns vor einem Fenster gegenüber, das komplett von dunkelbraunen Vorhängen verdeckt war, die von der Decke bis zum Boden reichten. Ich begriff, dass ihre fast blinden Augen versuchten, sich meiner Absichten zu vergewissern. Sie streckte die Hände aus, und ich nahm sie sanft in meine Pranken.
    »Sie haben kräftige Hände«, sagte sie.
    »Mein Vater war Gewerkschafter«, sagte ich. »Davor war er der Sohn eines armen Pächters.«
    Nyla lächelte. »Sie haben die Hände Ihres Vaters.«
    Aus irgendeinem Grund hatte ich kurz einen Frosch im Hals. Nyla schien das zu spüren und drückte meine Hand.
    »Angelique ist zu mir runtergekommen, kurz bevor sie gegangen ist«, sagte die ältere Frau. »Sie hat mir erzählt, dass sie Probleme hätte und eine Zeit lang verschwinden müsse.«
    »Hat sie gesagt, was für Probleme?«
    »Irgendwelche Männer wollten, dass sie etwas für sie machte, entweder sie wusste nicht was oder sie hat es mir nicht erzählt. Aber es sind ernste Probleme. Angelique ist ein sehr verantwortungsbewusstes Mädchen, das mit beiden Füßen fest auf dem Boden steht. Ich mache mir Sorgen um ihr Wohlbefinden.«
    »Haben Sie die Polizei benachrichtigt?«
    »Was soll ich den Bullen denn erzählen? Sie ist nicht meine Tochter. Sie ist erwachsen.«
    Das Wort »Bullen« aus dem Mund der alten Frau überraschte mich und erinnerte mich daran, dass man keine vorschnellen Schlüsse ziehen sollte.
    »Hat sie Ihnen noch irgendwelche Einzelheiten erzählt?«, fragte ich.
    »Nein. Nichts. Haben Sie etwas von ihr gehört?«
    »Sie ist nicht zur Arbeit erschienen, und ihr aktueller Freund Shad Tandy weiß nicht, wo sie ist. Eventuell hat sie eine Zeit bei ihrer Freundin Wanda Soa gewohnt.«
    »Wanda Soa«, sagte Nyla lächelnd. »Vor ein paar Monaten sind Wanda und Angelique eines Abends runtergekommen und haben mit mir gekocht. Wanda stammt aus Südamerika. Die beiden waren mal zusammen zum Karneval dort. Haben Sie Wanda nach Angelique gefragt?«
    »Sie geht nicht ans Telefon«, sagte ich.
    »Oh.«
    »Glauben Sie, dass der Hausmeister irgendwas weiß?«, fragte ich, um jeden Verdacht zu zerstreuen, den ich möglicherweise geweckt hatte.
    »Mr. Klott? Das ist eine Marke, der. Er hat versucht, mich im Namen des Vermieters aus der Wohnung zu drängen, als ich meine Tochter in Florida besucht habe – er hat der Stadt erzählt, ich hätte einen Wohnsitz außerhalb des Staates. Angelique hat mir geholfen, mich an die richtigen Leute zu wenden.«
    »Kann ich irgendwas für Sie tun, Miss Winetraub?«
    »Finden Sie Angelique«, sagte sie. »Sorgen Sie dafür, dass ihr nichts zustößt.«

26
    Wichtiger Bestandteil meines roten Werkzeugkastens sind die drei riesigen Schlüsselringe mit den Generalschlüsseln für neunzig Prozent aller Schlösser in New York. Und die Spezialdietriche, die mein Privat-Ingenieur und -Hacker Bug Bateman entworfen hat.
    Einen dieser Dietriche benutzte ich für Angelique Lears Tür. Es war ein einfacher Anpassungsmechanismus, in weniger als einer Minute war ich in ihrer Wohnung im obersten Stock. Ich musste das Gerät nur in das Schloss schieben und einen Bolzen an der Unterseite rotieren lassen, bis die Stifte einrasteten.
    Als Erstes ging ich in die Küche, blies die Zündflammen aus und drehte mehrere Brenner etwa eine halbe Minute voll auf. Dann ging ich auf der Suche nach auffälligen Indizien eilig durch den Rest der Wohnung.
    Ich verstaute sämtliche herumliegende Post in dem doppelten Boden

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