Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
hatte. Es gab nur eine Erklärung, weshalb die Buschmannfrau so aus der Fassung geraten sein konnte. Das durfte einfach nicht sein!
» Du irrst dich, ganz bestimmt.«
Jella war mindestens genauso entsetzt wie ihre Sternenschwester. Nakeshis Körper krümmte sich vor Gram.
» Ich habe das Amulett selbst für ihn angefertigt«, sagte sie mit tonloser Stimme. Tränen rannen über ihr von Kummer verzerrtes Gesicht. Ihr Schmerz war so greifbar, dass er auch Jella wie eine heftige Woge erfasste. Es hatte nur wenige Augenblicke gedauert, in denen sie mit ansehen musste, wie sich ihre sonst so jugendliche Freundin in eine alte Frau verwandelte, die, vom Leben gezeichnet, aller Zuversicht beraubt war. Es dauerte Minuten, bevor sie sich wieder so weit im Griff hatte, dass sie wenigstens flüstern konnte. » Warum hat mein Sohn seinem Volk das angetan?«, hauchte sie kraftlos. » Haben wir ihm nicht zeigen können, wie sehr unser Leben mit den Geistern verbunden ist?« Ihre braunen Augen glänzten vor Leid. » Er hat immer nur nach den Weißen geschaut. Ich habe ihn ausgeschimpft und ihm gesagt, dass es böse enden wird. Er hat nicht zugehört. Nun sind die Geister böse auf uns. Sie wollen Bô und mich, weil wir keine guten Eltern waren. Oh weh!« Ihre Schultern fielen in sich zusammen, und sie ließ sich wie ein Häuflein Elend auf den staubigen Boden sinken. Jella kniete sich neben sie und strich ihr besänftigend über den Rücken. Sie wusste, dass es nichts gab, das ihre Freundin jetzt hätte trösten können.
Bôs heftiger Asthmaanfall riss sie aus ihrer Erschütterung und machte ihr den eigentlichen Grund für ihren Besuch bei den Freunden wieder bewusst. Sie überließ Nakeshi ihrer Trauer und ging zu ihm, um ihn näher zu untersuchen. Sie erschrak über seinen Zustand. Auch der Buschmann war in letzter Zeit sehr gealtert. Seine zunehmend schwächer gewordene Konstitution verhinderte, dass er noch auf die Jagd ging. Seine Muskeln waren schwach geworden, und sein Oberkörper war eingefallen und hob und senkte sich in unregelmäßigen Abständen. Bô versuchte sich mühsam aufzurichten, während er schwer nach Luft rang, doch es fehlte ihm die Kraft. Jella sah seinen fiebrig glänzenden Augen an, dass er am Ende seiner Kräfte war. Sie stützte ihn, damit ihm das Atemholen leichter fiel. Besonders beim Einatmen hatte er Schwierigkeiten, weil seine Atemwege geschwollen waren und viel zu viel Schleim produzierten. Jella rief nach Nakeshi. Sie brauchte für die Diagnose ihre Hilfe. Äußerlich schien sie wieder gefasst zu sein. Jella kramte nach der Wurzel, den Stängeln und den Blättern der Waldrebe und trug ihrer Freundin auf, diese einige Minuten zu kochen und dann samt dem Topf zu ihr in die Hütte zu bringen. Nakeshi gehorchte wortlos. Als der Sud bereitet war, brachten die beiden Frauen Bô in eine kauernde Position, sodass sein Gesicht nur wenige Zentimeter über den dampfenden Sud kam. Dann legte Jella ihm ein Baumwolltuch über Kopf und Schultern, damit er inhalieren konnte. Sie wusste, dass die Dämpfe allein ihren Freund nicht retten konnten. Die Worte Nokomas kamen ihr wieder in den Sinn. » Du musst erst herausfinden, wer für die Krankheit verantwortlich ist.«
Verdammt! Wie soll das denn gehen?, fragte sie sich ungeduldig. Nokoma kannte » Zaubersprüche«, die ihn in eine Art Trance versetzen konnten. In diesem Zustand suchte er den Kontakt zu seinen Geistern. Doch Jella hatte keine Ahnung davon. Bislang hatte sie sich gegen diesen Teil der Übungen gesträubt. Jeder Zauber hatte ihrer Meinung nach seine Grenzen. Wie auch immer! Ihr blieb nichts anderes übrig, als neben dem Buschmann zu verharren und darauf zu hoffen, dass die Pflanze ihn auch so heilen würde. Tatsächlich fiel ihm nach etwa einer halben Stunde das Atmen wieder erheblich leichter. Die Dämpfe weiteten seine Atemwege und ließen den Schleim flüssiger werden, sodass er ablaufen konnte. Nach einigen Stunden sank sein Fieber, und er verspürte sogar etwas Appetit. Nakeshi reichte ihm etwas Wurzelsuppe, die ihm sichtlich gut tat. Sein Allgemeinzustand verbesserte sich nochmals, obwohl er immer noch sehr schwach blieb. Nakeshi zwang sich zu einem Lächeln, während sie zaghaft Jellas Arm streichelte. » Du bist eine große Medizinfrau«, meinte sie anerkennend. In ihrer Stimme schwangen dennoch Trauer und auch Verzagtheit mit. » So gut ging es Bô seit vielen Monden nicht.«
» Nakeshi hat recht«, pflichtete Bô ihr bei. Er hatte die
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