Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
beiden Frauen gebeten, ihn an das Feuer zu holen. Nun saß er in eine wärmende Decke gehüllt neben ihnen. Die Sonne strahlte noch warm vom Himmel und tat ihm gut. Bislang hatte er von der Sache mit dem Amulett nichts mitbekommen. » Lass uns eine Pfeife rauchen«, meinte er und bat seine Frau, ihm den Lederbeutel mit den Kräutern zu holen. Jella riet ihm davon ab, doch der Buschmann lächelte nur. » Es bedeutet, dass es mir besser geht«, beruhigte er sie. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als ihn gewähren zu lassen. Bô war noch zu schwach, um sich die Pfeife selbst zu stopfen. Nakeshi musste ihm helfen. Sorgfältig öffnete sie die Schnüre und stopfte getrocknete, bräunliche Kräuter in den Wurzelkopf der Pfeife. Als Bô die Pfeife mit einem Holzspan entzündete, stieg würziger, wohlriechender Rauch empor. Bei Jella jedoch schrillten im gleichen Augenblick sämtliche Alarmglocken. Der Duft erinnerte sie an eine der Pflanzen, die Nokoma ihr kürzlich gezeigt hatte. Es waren unangenehme Erinnerungen, die sie so wachsam werden ließen. » Darf ich den Tabak einmal sehen?«, bat sie Nakeshi. Sie nahm den Lederbeutel und zupfte die getrockneten Blätter auseinander, um sie zu untersuchen. Auf den ersten Blick handelte es sich hauptsächlich um Dakka, eine Art Hanf, die die Buschmänner üblicherweise zu rauchen pflegten, doch dann entdeckte sie untypische, lanzettförmige Blätter und Stücke von länglichen, fein behaarten Steinfrüchten. Jella war sofort alarmiert. » Hast du den Tabak selbst hergestellt?«, fragte sie Bô, der genüsslich an seiner Pfeife zog. Der Buschmann verneinte. » Ich habe ihn von Kao, einem Hai//Om, als Wiedergutmachung bekommen. Es ist ein sehr guter Tabak. Möchtest du ihn probieren?« Jella nahm die Pfeife und klopfte sie sofort aus.
» Was machst du?« Verärgert versuchte Bô ihr die Pfeife zu entreißen. Statt einer Antwort zog sie eines der lanzettförmigen Blattstückchen und eine zerdrückte Steinfrucht aus dem Beutel und reichte sie Nakeshi. » Kennst du das?« Ihre Freundin betrachtete die Pflanze mit gerunzelter Stirn.
» Mae?«, fragte sie unsicher. Jella kannte nicht die Joansi-Bezeichnung, sondern nur den deutschen Begriff, nahm aber an, dass Nakeshi sie erkannt hatte.
» Bei uns nennt man es Giftblatt«, bestätigte sie. Die Pflanze war bei den Farmern sehr gefürchtet, denn sie spross als eine der Ersten nach der Trockenzeit. Das frische Grün lockte die Tiere an, die es gerne fraßen, weil ihr Geschmack unauffällig neutral war. » Bô, du rauchst giftiges Kraut!«
» Aiih! Kao hat dich vergiftet!«, rief Nakeshi empört. » Er hat sich dafür gerächt, dass du ihn lächerlich gemacht hast.«
Jella war überrascht. Sie war immer davon ausgegangen, dass die Buschmänner ein friedliches Leben untereinander führten. Natürlich gab es immer mal wieder wilde Geschichten von Giftanschlägen, die die Buschmänner weißen Farmern gegenüber begangen haben sollten. Doch sie hatte diese Berichte meist für rassistisch aufgebauscht gehalten. In der Regel steckte hinter solchen Geschichten die Absicht, unliebsame Buschmänner durch Schauermärchen loszuwerden. Doch sich untereinander vergiften? Sie sah die beiden Buschmänner fragend an.
» Ich habe Kao erwischt, wie er unsere Fallen geplündert hat«, erzählte Bô. » Fast wäre es zu einem ernsthaften Streit zwischen seiner und unserer Gruppe gekommen, weil Kao es abgestritten hat, aber ich habe ihn durchschaut und meine Fallen Tag und Nacht bewacht, bis ich ihn erwischt habe.«
» Und dann haben wir alle beisammengesessen und darüber beratschlagt, was Kaos Strafe sein soll«, ergänzte Nakeshi. » Weil Bô ihn erwischt hatte, sollte er seinen Tabak bekommen. Kao ist bei seinem Volk bekannt dafür, dass er guten Tabak mischt.« Sie entriss Jella den Lederbeutel und warf ihn voller Abscheu in die Glut. » Die Welt ändert sich. Gwi bringt das große Gleichgewicht in Unordnung.«
Jella biss sich auf die Unterlippe. Konnte die Verschlimmerung von Bôs Krankheit mit dem Giftkraut in Verbindung stehen? Sie fragte Bô nach den Symptomen seiner Krankheit und fand tatsächlich heraus, dass sich sein Zustand erst so drastisch verschlechtert hatte, seitdem er den Tabak besaß. Verblendet, wie sie gewesen war, hatte sie sein Asthma ausschließlich in Verbindung mit dem kalten Winterwetter gesehen. Das Giftblatt war in allen Pflanzenteilen entsetzlich giftig. Jella rief sich die Symptome in Erinnerung. Die Tiere wurden nach
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