Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
zusammenzucken ließ.
» Wenn ich das hier erledigt habe, werden wir in unser neues Zuhause ziehen«, verkündete er gut gelaunt. Sein Enkel reagierte nicht. Er starrte trotzig auf den Hals seines Ponys. Nachtmahr lachte nur. » Wir zwei werden noch richtig gute Freunde.« Dann wandte er sich an Hendrik und befahl ihm, mit dem Jungen in den Bergen zu bleiben, bis er zurückkam. » Ich möchte nicht, dass sich jemand in der Stadt an ihn erinnert. Sobald ich meine Geschäfte mit Baltkorn erledigt habe, werde ich mit dem Jungen verschwinden. Du wirst hierbleiben. Ich bin sicher, dass Baltkorn bei der Aufsicht seiner Minen Verwendung für dich hat.« Mit einem kurzen Nicken verabschiedete er sich und gab seinem Pferd die Sporen.
*
Nach dem für ihn entsetzlich schmachvollen Vorfall in Windhuk hatte Jon Baltkorn einige Zeit gebraucht, um seine Wunden zu lecken. Sonthofen hatte es tatsächlich geschafft, seine politische Zukunft zu zerstören. Sie war zu Ende, bevor sie überhaupt erst richtig angefangen hatte. Auch als Geschäftsmann konnte er sich eine Zeit lang in Windhuk nicht mehr sehen lassen. Gesellschaftlich war er sowieso erledigt. Sein alter Herr war mächtig sauer auf ihn gewesen, weil er sich so ungeschickt angestellt hatte. Der Vater hatte sogar gedroht, ihn endgültig zu enterben, falls er sich noch einen einzigen Patzer leisten würde. Im Vergleich zu Windhuk war Tsumeb lediglich eine Provinzstadt. Doch mittlerweile hatte Baltkorn auch ihre Vorzüge entdeckt. Etwas außerhalb der Stadt hatte er ein großzügiges Haus erworben, das einst von einem hochrangigen Offizier der deutschen Schutztruppen gebaut worden war. Mit einer kleinen Gehaltserhöhung hatte er Mathilde Weiß überzeugen können, mit ihrem süßen Töchterchen Elisabeth zu ihm nach Tsumeb zu ziehen. Die Frau war ihm überaus dankbar dafür gewesen, dass sie trotz seines Wegzugs ihre Stellung als Haushälterin hatte behalten können. Wenn diese einfältige Kuh nur wüsste, was für herrliche Stunden er bereits mit ihrer kleinen Tochter verbracht hatte. Das Kind war mittlerweile Wachs in seinen Händen. Das Mädchen erregte ihn, sobald er sie nur ansah. Sie war kein Vergleich zu den schwarzen Schlampen, die er sonst gevögelt hatte. Durch sein geschicktes Vorgehen war sie ihm regelrecht hörig geworden. Es kostete ihn nur noch wenig Überredungskunst, und schon war sie ihm willig. Wie er es liebte, wenn die Kleine aus lauter Furcht und Scham zitternd vor ihm stand. Er hatte es tatsächlich geschafft, ihr einzureden, dass sie der Grund für diese » bösen« Dinge sei, die er mit ihr zu machen gezwungen sei. Ha! Wie er ihre Naivität liebte. Auch sonst konnte er sich nicht beklagen. Die Arbeiten an der Mine gingen gut voran. Deren Ausbeutung begann bereits beträchtliche Gewinne abzuwerfen. Nur mit den Eingeborenen hatte er nach wie vor immer wieder Schwierigkeiten. Doch das ließ sich durch gutes Wachpersonal und den bestechlichen Sangoma, der den Menschen Angst einflößte und sie durch Flüche einschüchterte, ebenfalls leicht lösen.
Baltkorn saß in seinem Arbeitszimmer hinter dem Schreibtisch und blätterte die neuesten Aufstellungen der Minenerträge durch. In seiner linken Hand hielt er einen Cognacschwenker, aus dem er hin und wieder etwas nippte. Zufrieden legte er die Papiere beiseite, als es an seiner Tür klopfte und Frau Weiß ihm einen Besucher ankündigte. Baltkorn sah auf seine Taschenuhr. Es war bereits halb zehn Uhr abends. Wer zum Teufel mochte jetzt noch etwas von ihm wollen? Er musste nicht lange raten, denn der Besucher stand bereits hinter Frau Weiß und drängte ungeduldig an ihr vorbei ins Zimmer.
» Schenkst du mir auch einen Cognac ein?«, fragte Nachtmahr mit einem hämischen Grinsen im Gesicht. Er genoss offensichtlich Baltkorns Überraschung. Nachtmahr begab sich zur Anrichte und bediente sich eigenmächtig. Dann nahm er ihm gegenüber Platz.
» Du hast wohl geglaubt, dass du mich endgültig los bist, was?«, stellte er genüsslich fest. » Es tut mir leid, dass ich dich in dieser Hinsicht enttäuschen muss. Du wirst dir sicher denken können, was ich von dir will.«
Baltkorn versuchte seine Überraschung in den Griff zu bekommen. Einen Augenblick lang hatte er tatsächlich überlegt, ob er Frau Weiß bitten sollte, die Polizei zu rufen. Schließlich war Nachtmahr ein landesweit gesuchter Verbrecher. Doch dann fiel ihm ein, dass dessen Wissen über seine Geschäfte auch für ihn eine große Gefahr darstellte,
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