Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
Warum machen Sie das?«
Er schien an einer aufrichtigen Antwort interessiert.
» Vielleicht weil ich ebenfalls schwarzes Blut in mir habe«, entgegnete Raffael selbstbewusst. Er mochte Kappler und entschied sich deshalb dafür, ihm mit Ehrlichkeit zu begegnen. » Ich finde außerdem, dass es den Weißen nicht zusteht, den Menschen, die dort schon seit vielen Generationen leben, ihr Land einfach wegzunehmen. Die Ovambos sollten selbst bestimmen können, was sie damit tun wollen. Warum sollen sie nicht in eigener Verantwortung eine Mine betreiben und mit dem Ertrag ihrem Stamm helfen?«
Kappler musste plötzlich lachen. Raffaels entwaffnende Offenheit hatte ihn überzeugt. Außerdem war er ein guter Verlierer. » Mit Ihnen als Gegner kann ich meine Hoffnungen auf das Land also begraben«, stellte er bedauernd fest. » Schade! Dann stehen wir also in dieser Angelegenheit auf zwei verschiedenen Seiten.« Er stand auf und reichte Raffael seine Hand. » Ich hoffe dennoch, dass Sie mich in anderen Fällen weiterhin so engagiert beraten.«
*
» Komm jetzt endlich! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.« Nachtmahr drängte ungeduldig zum Aufbruch. Bis Tsumeb war es noch ein gutes Stück, und er wollte den Ort noch an diesem Tag erreichen. Benjamin blieb trotzig auf dem Boden sitzen. » Ich will nicht weiter. Ich möchte zurück nach Owitambe.«
» Fängst du schon wieder mit dieser Leier an?«, brauste Nachtmahr auf. Er saß bereits auf seinem Pferd. » Wenn du nicht sofort auf dein dämliches Pony steigst, dann setzt es eine Tracht Prügel.«
» Mir tut immer noch mein Hintern weh. Ich will nicht mehr reiten«, klagte der Junge.
» Du wirst tun, was ich dir sage. Und wenn nicht, dann binde ich dich wieder wie einen Sack auf dein Pferd.«
Benjamin kniff die Augen zusammen, um seine Tränen zu unterdrücken. Dann stand er auf und begab sich zu Lucky, den Hendrik für ihn hielt. » Besser du tust, was dein Großvater sagt«, raunzte er den Jungen an und hob ihn mit Schwung auf den Rücken des Ponys. Benjamin ballte die Hände zu Fäusten, fügte sich aber in sein Schicksal. Man zwang ihn, zwischen den beiden Männern zu reiten. Sie ließen ihn keinen Augenblick aus den Augen. Der Junge hatte immer noch nicht verstanden, was dieser alte grimmige Mann, der behauptete, sein Großvater zu sein, von ihm wollte.
Sie hatten ihm kurz hinter der Farm aufgelauert. Plötzlich waren sie da gewesen und hatten ihm angeboten, ihn ein Stück zu begleiten. Da sie freundlich waren, hatte er keinerlei Misstrauen gehegt. Im Gegenteil, er war sogar froh über die Begleitung gewesen, weil Lucky sich noch manchmal recht ungestüm verhielt. Als sie in der Nähe von Epongo gewesen waren, wollte er wieder nach Hause. Doch der dunkelhäutige Mann, den sein Großvater Hendrik nannte, hatte Lucky an den Zügeln genommen und ihn weiter mit sich gezerrt. Benjamin hatte erst protestiert und schließlich laut geschrien, bis ihm der alte Mann eine schallende Ohrfeige versetzt hatte, die ihn fast vom Rücken seines Pferdes gefegt hatte. Danach hatte er es vorgezogen zu schweigen. Erst da fiel ihm auf, dass die Hufe der Pferde seiner Entführer mit Stofflappen umwickelt waren, um keine Spuren zu hinterlassen. Bei Epongo musste er kurz absteigen. Nun wurden auch Luckys Hufe mit Lappen umwickelt, bevor sie in halsbrecherischem Tempo ihren Weg fortsetzten. Die Ohrfeige hatte Benjamin gleichermaßen eingeschüchtert wie empört. Er war noch nie in seinem Leben geschlagen worden und empfand den Schlag als eine Demütigung. Als der alte Mann mit den vielen Haaren – sie wuchsen ihm sogar aus Ohren und Nase – ihm bei einer Rast erzählt hatte, dass er sein Großvater sei und Benjamin fortan bei ihm leben würde, konnte er nicht mehr an sich halten. » Du bist niemals mein Großvater«, hatte er den alten Mann empört angeschrien. » Mein Großvater würde mich niemals schlagen!« Der alte Mann hatte ihn nur ausgelacht, was die Wut des Jungen noch mehr angestachelt hatte. » Ich werde niemals bei dir bleiben«, verkündete er. » Ich hasse dich. Du bist böse!« Dann war er aufgestanden und hatte versucht wegzulaufen. Nach nur wenigen Metern hatte ihn Hendrik wieder eingefangen und am Genick gepackt. Er hatte wild um sich geschlagen, doch der Orlam hielt ihn mühelos auf Abstand. Als sie wieder neben dem Großvater standen, lernte Benjamin zum ersten Mal dessen unberechenbare Wut kennen. Der alte Mann war außer sich gewesen. Kaum hatte Hendrik ihn vor ihm
Weitere Kostenlose Bücher