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Familienalbum

Familienalbum

Titel: Familienalbum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Lively
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rief Alison, »wirf hier keinen Müll herum. Das gehört sich nicht. Geh nachher runter und heb’s wieder auf. Also, dieser Salat muss aufgegessen werden, und es gibt immer noch jede Menge Quiche. Das Gute an einer Tradition sind die vielen Erinnerungen später. Einmal haben wir die Schatzsuche nach Kew Gardens verlegt – das war an Katies Geburtstag. Die Kew Gardens sind berühmt … Gartenanlagen eben, Stefan.«
    »Ich erinnere mich«, sagte Katie. »Ich bin hingefallen und hab mir das Knie aufgeschlagen.«
    »Aber meist hatten wir sie natürlich zu Hause. Die Schatzsuche. Wenn es geregnet hat, im ganzen Haus.«
    »Im Garten war es am besten«, sagte Ingrid. »Außer das eine Mal, als Gina … gestürzt ist.«
    Alison stockte. »Nun ja. Ein Jammer, aber es kann immer mal was passieren.«
    »Und man sieht die Narbe eigentlich kaum«, fuhr Ingrid fort.
    Gina schloss kurz die Augen, schlug sie wieder auf und sagte: »Danke, Ingrid. Vielen Dank auch.«
    Sandra war in die Untersuchung ihrer Fingernägel vertieft.
    »Was für glückliche Zeiten«, sagte Paul.
    Alison strahlte ihn an. »Natürlich waren das glückliche Zeiten! Und du hattest den besten Geburtstag von allen. Deinen ersten. Ganz für dich allein.«
    »Genau. Von nun an ging’s bergab .«
    »Ich habe dir einen kleinen Kuchen gebacken und mit blauem Zuckerguss deinen Namen draufgeschrieben. Apropos …«
    Alison stand auf, beugte sich über eine noch ungeöffnete Kiste und holte aus ihren Tiefen mit einer schwungvollen Geste den Geburtstagskuchen heraus. »Schoko-Walnuss – dabei habe ich an dich gedacht, Clare, ich weiß, dass du den magst. Wo ist denn nun das Messer hin verschwunden?«
    »Happy Birthday!«, sang Paul. »Happy Birthday, liebe Mutter …«
    Sie stimmten alle ein. Auch Stefan sang mit, nervöse Blicke um sich werfend. Roger sang und sah dabei die anderen wie aus der Ferne, diese singende Gruppe am Hang: seine Eltern und seine Geschwister, diese unendlich vertrauten Menschen, die nicht anders sein konnten, als sie waren – doch, sie konnten durchaus, fiel ihm ein, sie waren früher anders gewesen und würden sich auch in Zukunft verändern. Sie waren jünger gewesen (plötzlich schwebte ihm eine kleinere Clare durch den Kopf) und würden älter werden. Auch er. Irgendwann wären sie erwachsen.
    Aber das war unmöglich. Unvorstellbar. Ausgeschlossen.
    Der Kuchen wurde verzehrt.
    »Speiserituale«, sagte Charles. »Davon fanden hier in keltischer Zeit unzählige statt.« Er goss sich noch ein Glas Wein ein.
    »Was haben die Menschen in dieser Zeit gegessen?«, fragte Stefan heldenhaft.
    Es wurde ihm eingehend erläutert. »… Zweikorn oder Emmer, eine Weizenart«, hörte Roger mit halbem Ohr. »… fermentierte Gerste …« Er betrachtete den Hang und überlegte, ob er sich hinunterrollen lassen sollte. »Sehr interessant«, sagte Stefan, und Roger überkam ein Anflug von Mitgefühl. Ihm fiel mit Entsetzen ein, dass er zu gegebener Zeit mit Stefans Vater würde Konversation machen müssen, allerdings auf Deutsch, und er würde kein Wort verstehen.
    »Wer hat gekocht?«, fragte Sandra, die plötzlich aufblickte. Es hatte nicht so ausgesehen, als würde sie zuhören.
    »Die Frauen natürlich.« Charles lächelte wohlwollend. »Wir hatten damals eine patriarchale Gesellschaft.«
    »Ich weiß nicht, was das heißt.«
    »Das heißt – die Männer herrschen, ja?«, sagte Paul.
    Ingrid, die gerade Abfall in eine der Kisten packte, drehte den Kopf zu ihnen. »Ich glaube, heute ist es nicht viel anders.«
    »He, Ingrid!«, sagte Sandra beifällig. »Red weiter.«
    Ingrid zuckte mit den Achseln. »Es ist einfach … jetzt nicht viel anders.« Sie sprach mit geradezu peinlicher Vehemenz. Alle sahen sie an.
    Gina schaltete sich ein. »Es wird bald anders sein. In der nächsten Generation wird Geschlechterdiskriminierung der Vergangenheit angehören. Wir werden im postfeministischen Zeitalter leben. Die Geschlechter werden gleichberechtigt sein.«
    »Ein bisschen Frauenherrschaft davor wäre mir lieber«, sagte Sandra.
    Charles trank, besah sich die Weinflasche und goss die restlichen zwei Fingerbreit in sein Glas. »Herrschen sie nicht schon jetzt?« Ein sarkastischer Blick in die Runde.
    Ingrid stand auf und sagte, scheinbar zum Himmel gerichtet: »Ich glaube, nicht.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon ihr alle redet«, sagte Alison. »Ingridschatz, bitte schau doch, dass alle Quichereste eingewickelt werden.«
    »Dad weiß es aber, stimmt’s, Dad?«,

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