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Familienalbum

Familienalbum

Titel: Familienalbum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Lively
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unterscheiden, eine Schwäche, mit der er selbst für die Armee untauglich wäre.«
    »Ich glaube, Stefan hat das nicht ganz mitgekriegt, Dad«, sagte Paul. »Und keine Bange – wenn die Armee mich nicht will, wird sich schon was anderes auftun.«
    Stefan blickte starr aus dem Fenster.
    Sie hielten an einer Tankstelle. Während Charles auftankte, stieg Paul aus und kehrte mit einem Sechserpack Dosenbier aus dem Shop zurück.
    »Willst du das vielleicht trinken ?«, fragte Sandra.
    Paul stieg wieder ein und verstaute das Bier neben seinem Sitz. »Nein, ich werd’s als Trankopfer die Burgwälle von Maiden Castle runterschütten.«
    Charles kam zurück. Sie fuhren wieder los. Stefan, der mit Roger einen Schokoriegel gekauft hatte, schien sich etwas beruhigt zu haben und fragte: »Der Ort, wo wir hinfahren … ist der sehr alt?«
    »Maiden Castle«, antwortete Paul, »ist Schauplatz der jährlichen Opferung von einem Dutzend heiratsfähiger Jungfrauen, ein Ritual, das die Fruchtbarkeit der Nation sichern soll. Faszinierenderweise ist diese Tradition bis heute …«
    Sandra beugte sich vor. »Halt’s Maul! Du nervst ! Außerdem ist das diskriminierend.«
    Roger blickte nervös zu Stefan hinüber, der mit ausdruckslosem Gesicht dasaß.
    Charles schwieg eine Weile, dann sagte er: »Unserem Gast zuliebe sollte ich euch alle daran erinnern, dass Dorchester, wo wir mit der restlichen Ausflugsgesellschaft zusammentreffen werden, Thomas Hardys Casterbridge ist. Wie in Der Bürgermeister von Casterbridge . Wir befinden uns jetzt in Wessex, dem Schauplatz der meisten seiner Romane.«
    »Ich habe einen Film gesehen«, sagte Sandra. »Mit Alan Bates. Der war vielleicht sexy. Fantastisch.«
    Paul knackte eine der Bierdosen auf. Sein Vater warf ihm einen Seitenblick zu. »Wärst du so freundlich und würdest dich auf die Karte konzentrieren. Ich glaube, wir müssen bald abbiegen.«
    Auf dem Parkplatz von Dorchester trafen sie die anderen wieder. Alison war bester Laune: »Wir haben vor dem Picknick noch viel Zeit. Wo sollen wir hin?«
    »Zum Topshop?«, schlug Sandra vor. Sie nannte noch ein paar andere Boutiqueketten.
    »Gibt’s hier ein Schwimmbad?«, fragte Clare.
    Roger wusste, wo sie hingehen würden. Wo sie immer hingingen, in jeder neuen Stadt. Dad würde das Ziel verkünden, und Mum würde zustimmen, um einen Streit zu vermeiden und zu zeigen, dass sie hinter ihm stand.
    »Das Museum ist anscheinend einen Besuch wert«, sagte Charles. »Ich glaube, sie haben dort Thomas Hardys Arbeitszimmer nachgebaut.«
    »Gute Idee!«, rief Alison.
    Sie machten sich auf in die Stadt. Von Zeit zu Zeit ließ sich Charles über Thomas Hardy oder über die Eisenzeit aus, aber niemand beachtete ihn außer Stefan, der pflichtschuldig neben ihm hertrottete. Museen waren ihm sicher nicht fremd, in seiner Familie, vermutete Roger, wurden Museumsbesuche wahrscheinlich noch vor dem Frühstück eingeschoben. Clare maulte immer noch herum, dass sie ins Schwimmbad wollte. Paul bildete das Schlusslicht und nahm ab und zu einen kräftigen Schluck.
    Thomas Hardys nachgebautes Arbeitszimmer brachte Charles zum Verstummen; der Anblick des Schreibtischs, des Federhalters, der Papiere ließ offensichtlich eine Saite in ihm erklingen. Wahrscheinlich hätte er sich am liebsten reingesetzt, dachte Roger. Sein natürliches Biotop.
    »Ich glaube nicht, dass ich mal was von ihm gelesen habe«, sagte Alison munter.
    Charles seufzte. Er informierte Stefan, Thomas Hardy habe in seinen Romanen einem Chronisten gleich das ländliche Leben im längst untergegangenen England des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts festgehalten.
    »Wir haben ihn für die Abschlussprüfung durchgenommen«, sagte Gina. »Ein Mädchen, das ein Baby kriegt und zum Schluss aufgehängt wird; schwere Kost, aber mit ein paar ganz guten Stellen drin.«
    Charles seufzte wieder. »Vermutlich eine prägnante Zusammenfassung, wenngleich die literarische Würdigung fehlt.« Er wandte sich ab. »Ich schlage als Nächstes die archäologische Abteilung vor, als Einführung zu Maiden Castle.«
    Im Wessex der Eisenzeit ließ sich Sandra auf eine Bank nieder und begann, in aller Ausführlichkeit ihr Make-up aufzufrischen. Paul stärkte sich wieder an seinem Dosenbier. Clares Zopf hatte sich aufgelöst und forderte von Ingrid einige Instandsetzungsarbeiten. Der Rest der Gesellschaft schlenderte von Schaukasten zu Schaukasten. Roger starrte auf eine Ansammlung gangränöser Metallwaffen und fand, Archäologie

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