Familienaufstellungen
das?« Solche Fragen regten mich 1999 an, ein Buch über die darstellenden Methoden der Familientherapie zu schreiben. Mein Ziel war es, Familienaufstellungen im Gesamtzusammenhang systemischer Arbeit verständlich zu machen und interessierten Menschen Wege aufzuzeigen, wie sie diese hochwirksame Methode für sich nutzen können.
In Fachkreisen spitzte sich in den folgenden Jahren die Kontroverse um Bert Hellinger zu – die einen verehrten ihn, andere bekämpften ihn. Im Jahr 2003 veröffentlichte der Dachverband der Familientherapeuten DGSF eine »Stellungnahme zum Thema Familienaufstellung« und forderte einen kritisch-reflektierten Umgang mit dieser Methode. In der 2004 veröffentlichten »Potsdamer Erklärung der Systemischen Gesellschaft zur Aufstellungsarbeit« distanzierte sich der zweite große systemische Dachverband von Hellingers mystifizierenden Beschreibungen und dogmatischen Deutungen.
Nicht nur methodisch gab Bert Hellinger der Familienaufstellung ein eigenes Gesicht, sondern es entstand in der Folge auch ein riesiges Seminarangebot. Verwendeten bislang nur Familientherapeuten im Rahmen der Therapie oder Beratung diese Methode, bieten inzwischen Ärzte, Psychologen, Erziehungsberater und Heilpraktiker Familienaufstellungen an, aber auch esoterische Heiler und selbsternannte Gurus ohne qualifizierte Ausbildung reiten auf der Hellinger-Welle. Wer eine Familienaufstellung machen möchte, steht vor einem Wald von Angeboten und fragt sich, wie er oder sie einen seriösenBerater oder eine erfahrene Therapeutin für diese tief greifende Arbeit finden kann.
Mit diesem Buch möchte ich diejenigen, die sich für Familienaufstellungen interessieren, diese therapeutische Methode in der Bandbreite ihrer Möglichkeiten vorstellen und der Familienaufstellung wieder einen Platz innerhalb der systemtherapeutischen Arbeit neben Familienskulptur, Familienrekonstruktion und vielen anderen systemischen Methoden geben.
Da diese drei Methoden auch außerhalb der systemischen Beratung oder Therapie in Selbsterfahrungsseminaren angeboten werden, bekommen Sie im letzten Abschnitt einige praktische Hinweise, wie Sie sich gut auf solche Seminare vorbereiten können. Für die Suche nach der für Sie passenden Beraterin oder dem für Sie richtigen Therapeuten erhalten Sie hilfreiche Anregungen. Auf Vorbehalte und mögliche Gefahren wird eigens eingegangen. Vielleicht haben Sie aber auch – unabhängig von irgendwelchen Seminaren – Lust bekommen, sich mit Ihrer Familie zu beschäftigen.
In allen Kapiteln nehme ich Sie mit auf eine spannende Reise – eine Reise zu Ihrer eigenen Familie. Die Familie, die Sie in Ihrer Kindheit und Jugend geprägt hat. Die Familie, die bereits vor Ihrer Geburt durch glückliche, vielleicht auch schwere Ereignisse eine ganz besondere Atmosphäre hatte. Es ist die Familie, die Sie auch heute noch beeinflusst – aus der Sie manch Kraftvolles mitnehmen können, in die Sie aber auch Lasten, alte Lösungen aus längst vergangenen Zeiten, zurückgeben können, weil Sie für sich entdeckt haben, dass sie nicht die Ihren sind. Nach dem Motto: Entdecke deine Wurzeln und du spürst deine Flügel!
1.2 Familienthemen mit allen Sinnen verstehen
Wenn Sie sich längere Zeit mit Familien beschäftigen, werden Sie feststellen, dass es in jeder normalen Familie mehr oder wenigerVer-rücktes gibt. Verstrickte Beziehungen über Generationsgrenzen hinweg kommen in unzähligen Familien vor. So bespricht z.B. eine Mutter all ihre Sorgen mit ihrer Tochter statt mit ihrem Mann. In anderen Familien werden Themen ausgeblendet, weil sie zu schmerzhaft sind, z.B. Suizid, Abtreibung, ein uneheliches Kind oder eine NS- oder Stasi-Vergangenheit. Auch wenn keiner offen darüber spricht, wirken solche Familiengeheimnisse oft über Generationen nach. Wahrscheinlich kennen Sie das Phänomen, dass Familienmitglieder, die als »schwarzes Schaf« ausgegrenzt und nicht direkt erwähnt werden, unterschwellig erst recht im Mittelpunkt von Familiengesprächen stehen. Oder viele Erwachsene spüren, dass sie sich von ihren Eltern innerlich noch nicht gelöst haben. Sie fühlen sich an sie gebunden, obwohl sie viele hundert Kilometer von ihnen entfernt wohnen. Sie bemerken, dass sie in zentralen Lebensfragen, sei es im Beruf oder in der Partnerschaft, »Geboten« folgen, die ihnen von ihrem Vater oder ihrer Mutter vorgegeben und vorgelebt wurden. Der schon in der Schulzeit verinnerlichte Satz: »Du bist zwar gut, aber du könntest noch
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